Aus "Berichte über Landwirtschaft"
Heft 2, Juni 2003

Farm-Audit- und Farm-Advisory-System - Ein Beitrag zur Ökonomie von Qualitätssicherungssystemen -

Matthias Schramm und Prof. Dr. Achim Spiller, Göttingen

Der vorliegende Beitrag diskutiert im Rahmen der Debatte um ein obligatorisches Farm-Audit die grundsätzliche Problematik der Qualitätssicherung in der landwirtschaftlichen Produktion. Es existiert eine tiefgreifende Kontrolllücke, deren Schließung durch traditionelle Überwachungsmaßnahmen angesichts der staatlichen Finanzlage weder möglich noch ordnungspolitisch sinnvoll scheint. Vor diesem Hintergrund ist die Privatisierung vormals hoheitlicher Kontrollaufgaben im Rahmen eines landwirtschaftlichen Auditierungssystems zu bewerten. Eine umfassende Analyse bestehender Qualitätsmanagement- und Audit-Systeme zeigt jedoch, dass im landwirtschaftlichen Sektor grundlegende (ökonomische) Zwänge existieren, die einer rein privatwirtschaftlichen Einführung von Qualitätssicherungssystemen entgegen stehen. Zur Etablierung einer breiten Qualitätsoffensive scheint daher eine staatlich initiierte Form eines Farm-Audits gerechtfertigt.

Der Nmin-Gehalt von Ackerböden als Agrar-Umweltindikator für Gewässerbelastungen durch Nitrat

Dr. Peter Schweigert, Hannover, Peter Zimmermann, Weilheim

Stickstoffüberschüsse in der Landwirtschaft haben zu einem Anstieg der Nitratkonzentration im Grundwasser geführt. Seit dem Ende der 80er Jahre werden Maßnahmen zur Absenkung der NO3-Einträge durchgeführt. Um deren Erfolg zu dokumentieren, werden in Trinkwassereinzugsgebieten häufig zu Beginn des Winterhalbjahres Messungen des auswaschungsgefährdeten mineralischen Bodenstickstoffs (Nmin, weitgehend NO3-N) vorgenommen. Ein Nmin-Rückgang im Laufe der Jahre soll auf verminderte NO3-Einträge in das Grundwasser schließen lassen. Da jedoch der Nmin-Wert stark von Witterungseinflüssen abhängig ist, überlagern diese einen möglicherweise vorhandenen rückläufigen Trend der Werte. Deshalb ist in vielen Trinkwassereinzugsgebieten mit verhältnismäßig kurzen Messreihen bislang kein rückläufiger Trend nachweisbar.

Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, durch multiple Regressionsrechnungen die Witterungseinflüsse, denen Nmin-Messreihen unterliegen, zu identifizieren und witterungsbereinigte Trends zu berechnen. Diese Zusammenhänge wurden an drei Messreihen analysiert. Die Ergebnisse können am Beispiel einer zehnjährigen Messreihe (1992 bis 2001) aus Niedersachsen erläutert werden:

Diese niedersächsische Messreihe ist höchst signifikant abhängig von den Niederschlägen ab Oktober bis zur Probenahme, der Oktobertemperatur und dem Septemberniederschlag. Witterungsbereinigt sanken die Nmin-Gehalte jährlich höchst signifikant um 4,3 Kilogramm je Hektar. Während der witterungsbereinigte Trend nach sechs Jahren signifikant feststellbar war, lassen die Rohdaten jedoch auch nach zehn Jahren noch keinen signifikant rückläufigen Trend erkennen. Ähnliche Witterungseinflüsse und ein witterungsbereinigt rückläufiger Trend wurden an einer siebenjährigen Messreihe aus Bayern sowie einer zwanzigjährigen Messreihe aus Niedersachsen nachgewiesen.

Die Ergebnisse zeigen, dass im Trinkwasserschutz die Aussagekraft von Nmin-Messreihen aus dem Herbst als Indikatoren zur Erfolgskontrolle deutlich erhöht werden kann, wenn die Witterungseinflüsse identifiziert und witterungsbereinigte zeitliche Trends berechnet werden. Im Bereich des flächendeckenden Grundwasserschutzes können darüber hinaus Nmin-Werte, die im Frühjahr für die Düngeplanung erhoben werden, in gleicher Weise analysiert werden und so ebenfalls als Agrar-Umweltindikatoren dienen.

Bedeutung, Modelle und Barrieren einer Regionalisierung der Agrarumweltpolitik und der Politik ländlicher Räume in der Europäischen Union

Katja Arzt, Elke Baranek, Christian Schleyer, Berlin und Klaus Müller, Potsdam

Durch die Dezentralisierung und Flexibilisierung von Agrarumweltpolitik soll unter anderem der Anonymität und mangelnden Transparenz von Entscheidungsmechanismen sowie bestehenden Zentralisierungstendenzen und Demokratiedefiziten entgegengewirkt werden. Auf regionaler und lokaler Ebene spielen dabei vor allem die Entwicklung innovativer Koordinationsmechanismen und Kooperationsstrukturen, die Suche nach geeigneten Methoden der Partizipation und Konfliktregulierung und letztlich soziale Such- und Lernprozesse eine herausragende Rolle. Im Beitrag werden drei institutionelle Lösungsansätze vorgestellt, die im Rahmen des Forschungsprojekts "GRANO" verfolgt wurden. Exemplarisch werden die praktischen Aktivitäten und realen Ergebnisse dieser Ansätze dargestellt sowie deren potenzielle Leistungsfähigkeit im Problemfeld "Bodenerosion" untersucht. Dabei können sowohl die "Agrar-Umwelt-Foren (AUF)" als auch die "Umweltkooperation" die Präferenzen und Wertvorstellungen der Akteure in die Diskussion integrieren und bei der Maßnahmengestaltung besser auf die regionalspezifischen Bedingungen reagieren; wobei die "AUF" eher vermögen, Umweltziele und -maßnahmen in Regionen festzulegen, indes "Umweltkooperationen" besser für die Umsetzung und die gemeinsame Durchführung geeignet scheinen. Bei der versuchten Anwendung von "Ausschreibungsverfahren für ökologische Leistungen" zeigte sich, dass das generelle Prinzip zwar anwendbar ist, aber die Voraussetzungen auf der Ebene der Individuen noch nicht beziehungsweise unzureichend vorhanden sind. Die hier erprobten Ansätze scheinen potenziell geeignet, einen notwendigen institutionellen Wandel nicht nur anzustoßen, sondern auch flexibel zu begleiten.

Betriebs- und volkswirtschaftliche Effekte einer großflächigen Bewirtschaftung nach den Prinzipien des Ökologischen Landbaus - dargestellt am Beispiel der Milchproduktion in der Region Mostviertel-Eisenwurzen (Niederösterreich) -

Ruth Kratochvil, Oliver Kaliski, Leopold Kirner, Prof. Dr. Bernhard Freyer, Wien

Im vorliegenden Beitrag werden die betriebs- und volkswirtschaftlichen Effekte einer großflächigen Bewirtschaftung nach den Prinzipien des Ökologischen Landbaus am Beispiel der Milchproduktion in der Region Mostviertel-Eisenwurzen (A) diskutiert. Der Vergleich zwischen biologischer und konventioneller Produktionsweise erfolgt anhand sechs verschiedener Betriebsmodelle (Betriebstypen Milchkuhhaltung beziehungsweise Milch- und Mutterkuhhaltung mit jeweils einem extensiven, mittelintensiven, intensiven Modellbetrieb). Mittels Linearer Planungsrechnung werden der Gesamt- sowie der Vergleichsdeckungsbeitrag, der systembedingte Mehrkosten im Biobetrieb (Verbands- und Kontrollkosten, Investitionen, Mehrarbeit) zusätzlich berücksichtigt, errechnet. Anschließend werden für die Betriebsmodelle Bilanzen der Treibhausgasemissionen erstellt, die monetär bewertet werden. Die Berechnungen dieser Arbeit zeigen, dass in biologisch wirtschaftenden Milchviehbetrieben bei entsprechend höheren Marktpreisen für Milch und Rindfleisch bessere Gesamtdeckungsbeiträge erzielt werden können, als in vergleichbaren konventionellen Betrieben. Selbst bei Annahme eines konventionellen Preisniveaus liegt der Gesamtdeckungsbeitrag (mit Ausnahme des intensivsten der sechs Betriebsmodelle) in allen Betrieben über dem konventionellen Ausgangswert.

Der Vergleichsdeckungsbeitrag ist bei Bezahlung von Biopreisen zwar in allen Bio-Modellbetrieben gleich hoch oder höher als im konventionellen Referenzbetrieb, ohne Premiumpreise sinkt er jedoch (mit Ausnahme des intensiven Milch-Mutterkuhbetriebes) unter den Vergleichsdeckungsbeitrag bei konventioneller Wirtschaftsweise ab. Bezogen auf Megajoule Output, sinkt der Vergleichsdeckungsbeitrag je Megajoule in beiden Betriebstypen bei zunehmender Bewirtschaftungsintensität ab (extensiv größer als mittelintensiv, mittelintesiv größer als intensiv). Die externen Kosten nehmen bei biologischer Bewirtschaftung vor allem durch den Verzicht auf leichtlösliche mineralische Stickstoffdünger und geringere zugekaufte Mengen an Kraftfutter um 28 Prozent in den Milchkuh-, um 24 Prozent in den Milch-Mutterkuh-Betrieben ab. Bezieht man die externen Kosten auf den Output des Betriebes (Kilogramm Milch oder Megajoule Output), so liegen auch hier die von den Biobetrieben verursachten Kosten unter jenen der konventionellen. Niedrigere externe Kosten bei ökologischer Wirtschaftsweise unterstützen somit die Forderung nach einer vermehrten Förderung des Biolandbaus sowie einer Verbesserung der Vermarktungs- und Absatzbedingungen biologischer Produkte zur Sicherung von Bio-Premiumpreisen und damit der betriebswirtschaftlichen Rentabilität der biologischen Landwirtschaft.

Wirtschaftlichkeit automatischer und konventioneller Melksysteme im Vergleich

Dirk Hömberg und Prof. Dr. Helmut Hoffmann, Freising-Weihenstephan

Das Interesse an einer Automatisierung des Melkvorgangs ist groß, da sich viele Landwirte von automatischen Melksystemen eine deutliche Verringerung des Arbeitszeitbedarfs, flexiblere Arbeitszeiten und durch häufigeres Melken bedingte Milchleistungssteigerungen erhoffen. Milchleistungssteigerungen können jedoch nicht als gegeben angesehen werden, da die erforderlichen gleichmäßig kurzen Melkintervalle nicht gewährleistet sind. Die zu erwartenden Arbeitszeiteinsparungen nehmen mit der Größe der Anlagen von 12 auf 4,5 Arbeitskraft-Einheit in der Stunde je Kuh und Jahr ab. Dem stehen Mehrkosten von 230 bis 400 pro Kuh und Jahr gegenüber. Die zum Ausgleich dieser hohen Mehrkosten erforderlichen Lohnansätze betragen für den Fall unveränderter Milchleistungen 32 bis 67 je Arbeitskraft-Einheit in der Stunde und bei einer angenommenen Milchleistungssteigerung von 1.000 Kilogramm je Kuh und Jahr immerhin noch 23 bis 46 je Arbeitskraft-Einheit in der Stunde. Demzufolge sind automatische Melksysteme unter den derzeitigen Rahmenbedingungen noch nicht wirtschaftlich. Dies würde sich jedoch ändern, wenn die maximale Kuhzahl pro automatischer Melkeinheit erhöht werden könnte und die Nutzungsdauer automatischer Melksysteme gleich lang wäre wie die konventioneller Melksysteme. Am ehesten kommt der Einsatz automatischer Melksysteme in Milchviehbetrieben mit circa 60 Kühen in Betracht, da in solchen Betrieben die größten Arbeitszeiteinsparungen zu erwarten sind.

Die Beurteilung landwirtschaftlicher Produktion aus Sicht der Abfallwirtschaft

Jan Berger, Andreas Böß, Horst Fehrenbach, Florian Knappe, und Regine Vogt, Heidelberg

Die landwirtschaftliche Verwertung von biogenen Abfallstoffen hat aus Sicht der Abfallwirtschaft traditionell eine große Bedeutung. Verwertungsoptionen sind die Mitbehandlung in landwirtschaftlichen Vergärungsanlagen zusammen mit Gülle, die Ausbringung auf landwirtschaftlichen Flächen als Düngemittel mit dem Ziel der Zufuhr organischer Masse oder die Verwertung als Futtermittel. Die ökologische Sinnfälligkeit einzelner Verwertungswege ergibt sich aus den stofflichen Eigenschaften der Abfälle in Verbindung mit dem entsprechenden Nutzungspotenzial der einzelnen Verwertungsansätze. Die Verwertung in der Landwirtschaft hat dabei durchaus ihre Stärken. Dies gilt insbesondere für die Verfütterung - die seuchenhygienische Unbedenklichkeit unterstellt. Die Verwertung als Düngemittel schneidet demgegenüber deutlich schlechter ab.

Problematisch sind die oftmals vergleichsweise geringen Gehalte an pflanzenverfügbaren Nährstoffen in Verbindung mit deutlichen Emissionen an Lachgas und Ammoniak. Diese Emissionen sind nicht nur im Vergleich zu anderen abfallwirtschaftlichen Entsorgungsoptionen relevant, sie bestimmen in vielen Fällen grundsätzlich die Umweltfolgen landwirtschaftlicher Produktion. Nimmt man die Viehhaltung aus, dominieren die bei der Düngemittelausbringung auftretenden Umweltwirkungen teilweise deutlich das Ergebnis für ganze landwirtschaftliche Produktionssysteme.

Problematisch sind ebenso die mit der Anwendung von Düngemitteln auf Flächen verbundenen Schadstoffeinträge in Böden. Die Schadstoffbelastung der unterschiedlichen Düngemittel unterscheidet sich stark, besonderes Augenmerk wird derzeit auf die kommunalen Klärschlämme gerichtet. Da die Einsatzmenge von Düngemitteln sich aus deren pflanzenverfügbaren Nährstoffgehalten ergibt, ist es sinnvoll, für eine vergleichende Bewertung auf deren spezifische Schadstoffgehalte abzuzielen. Dabei zeigt sich, dass mit Ausnahme der aeroben und anaeroben Bioabfallkomposte, diese deutlich niedriger liegen als bei kommunalen Klärschlämmen. Dazu kommen die spezifischen Belastungen dieser Schlämme an organischen Schadstoffen (Xenobiotica). Komposte haben ihre Stärke in der Zufuhr organischer Masse. Eine zukünftige Neuregelung von Schadstoffgrenzwerten sollte dem Rechnung tragen und auf die unterschiedlichen Nutzen abzielen.

Für viele biogenen Abfallstoffe kommen nicht nur Verwertungsmöglichkeiten innerhalb der Landwirtschaft infrage. Bei der Frage, inwieweit bestimmte biogene Abfallstoffe in der Landwirtschaft Verwendung finden sollten, ist deshalb eine Abwägung mit Verwertungsalternativen außerhalb der Landwirtschaft aus ökologischer Sicht sinnvoll.

Die Agrarwende im Spiegel der Bevölkerung

Dr. Stefan Mann, Pfäffikon, und Juliane Mante, Rostock

In einer repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung wird die Zustimmung zur Agrarwende und am Beispiel der Förderung des ökologischen Landbaus zu ihren Inhalten abgefragt. Die Einstellung zur Förderung des ökologischen Landbaus ist insgesamt positiv, wobei Konsumenten von Bioprodukten, in der Stadt aufgewachsene Personen und Wähler von Bündnis 90/Die Grünen eine besonders starke Präferenz für staatliche Unterstützung des ökologischen Landbaus haben. Die Zustimmung zur Agrarwende, die nur gut der Hälfte der Bevölkerung als Begriff bekannt ist, ist geteilt, wobei Kritiker häufiger die langsame und unentschlossene Gangart kritisieren, seltener die Idee der Agrarwende selbst.

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