"Berichte über Landwirtschaft" Heft 2, Juli 2002

Perspektiven im deutschen Ackerbau

Prof. Dr. Reiner Doluschitz, Stuttgart

Struktur und Entwicklungstendenzen des deutschen Ackerbaus sind durch die reformierte EU-Agrarpolitik generell und aktuell durch sich erneut ändernde Flächenprämienrelationen in Bewegung geraten.

Dies gibt maßgeblich Anlass dafür, die Anbauplanung zu überdenken, veränderten Prämienrelationen dabei Rechnung zu tragen, pflanzenbauliche Restriktionen allerdings nicht außer Acht zu lassen. Die folgende knappe Aufzählung wesentlicher betriebswirtschaftlicher, pflanzenbaulicher, produktionstechnischer und zum Teil auch marktorientierter Fakten sollen diese Überlegungen unterstützen und zu treffende Entscheidungen damit sicherer werden lassen.

Je nach einzelbetrieblicher Ausgangssituation sind Entwicklungsperspektiven und damit verbundene Ansatzpunkte zur Einkommenssicherung und -steigerung für Ackerbaubetriebe in verschiedenen Bereichen vorhanden. Allerdings dürften die Zeiten großer Wachstums- und Entwicklungsschritte für die meisten Betriebe vorüber sein. Vielmehr müssen weitere Entwicklungen in vergleichsweise kleinen Schritten und gegenüber der Vergangenheit deutlich differenzierter vollzogen werden.

Nach wie vor wird es technische Fortschritte geben, die im Einzelfall geprüft und bei Eignung im Sinne einer Produktivitätssteigerung genutzt werden müssen. Zur Senkung der Kosten bieten sich oft zahlreiche Ansatzpunkte; vor allem sollte hierbei jedoch an die Flächenaufstockung (einzelbetrieblich oder im Rahmen von Kooperationen) zur Realisierung von Degressionseffekten gedacht werden. Auch das Produktionsprogramm des Betriebs sollte angesichts sich häufig und in kurzen Zeitabständen ändernder politischer und wirtschaftlicher Rahmendaten regelmäßig überprüft werden, wobei der Spielraum für spezialisierte Ackerbaubetriebe vergleichsweise günstig ist. In Einzelfällen bestehen darüber hinaus Möglichkeiten, durch die Einbeziehung zusätzlicher Funktionen (insbesondere bei der Vermarktung) ungenutzte Arbeitskapazitäten und Einkommenspotenziale innerhalb des Betriebs weiterhin zu binden. Schließlich sollte auch von Zeit zu Zeit die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit von Investitionsmaßnahmen geprüft werden. Dabei sollten nicht nur Wachstumsinvestitionen, sondern in zunehmendem Umfang auch Maßnahmen zur Rationalisierung und Arbeitserleichterung in Betracht gezogen werden.

N-Effizienz der landwirtschaftlichen Produktion in Deutschland nach 1950: Fakten und Bewertung

Dr. Peter. Schweigert und Prof. Dr. R. R. van der Ploeg, Hannover

Die derzeitige landwirtschaftliche Produktion in Deutschland ist gekennzeichnet durch einen hohen Einsatz von Stickstoff (N)-Handelsdünger und von Importfutter. Da die Effizienz des eingesetzten N gering ist, gelangt ein Großteil in reaktiver Form in die Umwelt. Das Umweltbelastungspotenzial dieses N ist bislang nur teilweise erforscht. Ziel der vorliegenden Arbeit war deshalb die Abschätzung des Belastungspotenzials. Dazu wurden auf der Grundlage von Agrarstatistiken zunächst die jährlichen.

N-Überschüsse der deutschen Landwirtschaft ab 1951 berechnet. Mit Hilfe von Literaturangaben wurde dargestellt, auf welchen Pfaden und in welchen Mengen der überschüssige N in die Umwelt gelangt. Ebenso wurde eine monetäre Bewertung der Schadwirkungen vorgenommen. Um die Größenordnung dieser Schadwirkungen besser beurteilen zu können, wurden diese in ein Verhältnis zur Wirtschaftsleistung der Landwirtschaft gesetzt. Die Berechnungen haben das Ziel, Hinweise für die Entwicklung einer Strategie der nachhaltigen Agrarproduktion zu geben, zu der sich Deutschland mit der Unterzeichnung der Agenda 21 verpflichtet hat.

Für den Untersuchungszeitraum ergab sich aus der Differenz der N-Zufuhr in Form von Handelsdünger und Importfutter und der Abfuhr durch tierische und pflanzliche Erzeugnisse ein jährlicher N-Überschuss, der von circa zehn Kilogramm je Hektar in den fünfziger Jahren auf 120 Kilogramm je Hektar in den achtziger Jahren gestiegen ist und in den neunziger Jahren 70 bis 80 Kilogramm je Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche betrug. Werden in der Bilanz weitere Input-Größen berücksichtigt (wie N-Fixierung durch Leguminosen, N-Eintrag aus der Atmosphäre, N-Eintrag mit Kompost und Klärschlamm) und der N-Überschuss auf die landwirtschaftliche Nutzfläche ohne Brache bezogen, ergibt sich zum Beispiel für 1995 ein N-Überschuss von rund 150 Kilogramm je Hektar, welcher größtenteils in die Umwelt (Oberflächen- und Grundwasser, Atmosphäre) emittiert wird. Die jährliche Schadwirkung derartiger Emissionen wird auf 2,5 bis 10,0 Milliarden DM geschätzt. Es wurde aufgeführt, dass besonders tierische Produkte in gesundheitlich bedenklichem Umfang konsumiert werden. Der Förderung des ökologischen Landbaus könnte eine wichtige Lenkungsfunktion zukommen beim Versuch, den Konsum von tierischen Produkten zu reduzieren. Es scheint, dass mit dem derzeitigen Stand der Wissenschaft und Technik nur mit einer erheblichen Kürzung der Tierproduktion das Nitratproblem, beziehungsweise das Problem der landwirtschaftlichen N-Überschüsse in Deutschland nachhaltig lösbar ist.

Zur Akzeptanz geplanter und bestehender Schweineställe

Prof. Dr. Hans Kögl und Dr. Stefan Mann, Rostock

In 18 Gemeinden Ostdeutschlands, davon je neun mit bereits bestehender beziehungsweise erst geplanter Schweineproduktion, werden mittels einer schriftlichen Umfrage (n = 639) die Bestimmungsgründe für die Akzeptanz der Schweineproduktion ermittelt. Als Einflussfaktoren werden die persönliche Einstellung zu Teilfragen der Schweineproduktion, soziodemografische Merkmale, die persönliche Einbindung in lokale Entscheidungsprozesse und Bestandsgröße und Haltungsverfahren untersucht. Im Ergebnis zeigt sich, dass bestehende Anlagen - unabhängig von Größe und Haltungstechnik - grundsätzlich positiver eingeschätzt werden als geplante Neuanlagen. Der Unterschied in der Bewertung scheint darin zu liegen, dass bei geplanten Anlagen stärker die Einstellung zu ökonomischen Argumenten, wie Arbeitsplatz und Wertschöpfung (Marktgüter), bei bestehenden Anlagen die Einstellung zu ökologischen Argumenten aus dem Bereich Umwelt- und Naturschutz (öffentliche Güter) zum Zuge kommen. Die Ergebnisse legen den Schluss nahe, möglichst weit außerhalb von Wohngebieten große Produktionsanlagen zu planen, bei auftretenden Auseinandersetzungen ökonomische Impulse durch die Investition hervorzuheben und für die soziale Einbindung des Investors in der Gemeinde zu sorgen.

Heute noch in Milchquote investieren?

Prof. Dr. Clemens Fuchs, Neubrandenburg

Seit Oktober 2000 werden die Milchquoten in Deutschland über eine Quotenbörse versteigert. Trotz einem möglichen Ende des Quotensystems zum Jahr 2008 ist jedoch mit weiterhin hohen Preisen für den Quotenzukauf und damit hohen Kosten für die Aufstockung der Milchproduktion zu rechnen. Für einen kleineren Milchviehbetrieb mit 32 Kühen, für einen mittleren Milchviehbetrieb mit 85 Kühen und eine 200er Milchvieheinheit wird untersucht, wie sich ihre Liquidität und ihr Eigenkapital bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Investitionsschritten entwickeln würden.

Die Berechnungen haben ergeben, dass es für die hier unterstellten Milchviehbetriebe derzeit empfehlenswert ist, den Kuhbestand vor allem bei vorhandenen Gebäudekapazitäten aufzustocken. Die Orientierung an der marginalen Faktorverwertung erklärt im Umkehrschluss auch die derzeit relativ hohen Preise an der Quotenbörse. Eine größere Investition in Milchquote, Kühe und Gebäude könnte sich bei einem Quotenende - mit dann zu erwartenden weiter sinkenden Milchpreisen - als Fehlinvestition erweisen. In den meisten Fällen ist deshalb aktiven Milcherzeugern und solchen, die es bleiben wollen, zu empfehlen, eine größere Aufstockung so lange zu verschieben, bis über die Zukunft der Quote entschieden ist.

Mehrkosten der Biomilchproduktion in Österreich

Dr. Leopold Kirner und Prof. Dr. Walter Schneeberger, Wien

In den Jahren 1999 und 2000 stellten in Österreich wenige Betriebe mit Milchproduktion auf Biologischen Landbau um. Aus dieser Wirtschaftsweise stiegen auch Betriebe aus; die Wirtschaftlichkeit der Biomilchproduktion war offenbar für diese Betriebe nicht gegeben. Im vorliegenden Beitrag wird der Frage nachgegangen, welche Mehrkosten die biologische Milchproduktion unter den derzeitigen Rahmenbedingungen (Jahr 2000) verursacht und welche Milchpreiszuschläge zur Abdeckung der Mehrkosten beziehungsweise zur Gewinnerhöhung bei biologischer Milchproduktion notwendig sind. Anhand von Modellrechnungen mittels linearer Planungsrechnung wurden die Leistungen und die Kosten in der biologischen und konventionellen Milchproduktion ermittelt und gegenübergestellt. Als Merkmale für die Berechnungsvarianten dienten die Teilnahme an bestimmten Extensivierungsmaßnahmen im österreichischen Agrar-Umweltprogramm bei konventioneller Bewirtschaftung, das Kulturartenverhältnis, die Betriebsgröße, die durchschnittliche Milchleistung der Herde sowie die erforderliche Stallbaumaßnahme beim Umstieg auf die biologische Wirtschaftsweise. Ohne Biomilchpreiszuschlag wurden in allen Varianten Mehrkosten bei biologischer Milchproduktion ausgewiesen. Eine Erhöhung der Anzahl der milchproduzierenden Biobetriebe erfordert Anstrengungen von Vermarktern, Staat und Produzenten, wie den Ausbau der Biomilchvermarktungsmenge mit Preiszuschlägen, höhere Investitionsförderungen für Stallbauten bei Adaption an die Richtlinien des Biologischen Landbaus und die Optimierung der Produktionstechnik in der biologischen Milchproduktion.

Erprobung automatischer Melksysteme (AMS) unter den Gesichtspunkten ökonomischer, hygienischer und ökologischer Aspekte, des Tierschutzes sowie struktureller Auswirkungen auf die Rinderhaltung

Teil I: Technik, Tierverhalten und ökonomische Aspekte

Dr. Ernst Bohlsen, Verden/Aller und Rudolf Artmann, Braunschweig

Automatische Melkverfahren bieten einen innovativen Ansatz zur Verbesserung der arbeitswirtschaftlichen Situation milchviehhaltender Betriebe. Da die Technik sehr teuer ist und über Funktionssicherheit, Zusammenspiel zwischen Tier, Technik und Mensch, Höhe der Betriebskosten sowie Auswirkungen auf die Milchleistung wenig bekannt war, wurden in einem FuE-Vorhaben mehrere AMS der Firma Prolion, installiert in verschiedenen Betrieben, eingehend untersucht.

Die Technik, insbesondere das Ansetzsystem, erwies sich als unbefriedigend und in anderen Bereichen als noch verbesserungsbedürftig. Bei konsequenter Selektion der Herde nach AMV- geeigneten Kühen und einem guten, auf die Anlage abgestimmtem Management, lässt sich voraussichtlich zukünftig ein gutes Betriebsergebnis erzielen. Die Herdengröße muss dabei auf die Anlagenkapazität gut abgestimmt und das AMV mit einem intelligent gesteuerten Tierverkehr gut in den Stall integriert sein.

Das AMV kann die Lebensqualität des Landwirts steigern. Es entbindet Ihn von der täglichen Melkarbeit zu festen Zeiten und kann Arbeitszeit sparen. Besondere Bedeutung bekommen die Tierbeobachtung und die Kontrolle des Systems, sie darf keinesfalls vernachlässigt werden.

Da sowohl die Kapital- wie auch die Betriebskosten über denen herkömmlicher Melkverfahren liegen und Arbeitszeiteinsparungen wie auch Milchleistungssteigerungen niedriger als erwartet ausfallen, ist nur unter günstigen Bedingungen eine Wettbewerbsfähigkeit der AMV zu erwarten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die weitere technische Entwicklung und Markteinführung zu konkurrenzfähigen Systemen führen. AMV beeinflussen künftig die Art und Weise des betrieblichen Wachsens, die Art der Haltung und die Lebensqualität in den Familienbetrieben. Für Lohnarbeiterbetriebe und industrienahe Standorte könnten sie zur Senkung der Lohnkosten beitragen.

Erprobung automatischer Melksysteme (AMS) unter den Gesichtspunkten ökonomischer, hygienischer und ökologischer Aspekte, des Tierschutzes sowie struktureller Auswirkungen auf die Rinderhaltung

Teil II: Aspekte der Eutergesundheit und Milchhygiene

Dr. Karin Knappstein, Dr. Gertraud Suhren, Dr. Ingrid Clawin-Rädecker, Dr. Joachim Reichmuth, Kiel

Untersuchungen zum Praxiseinsatz von automatischen Melkverfahren (AMV) der Firma Prolion Sales B.V., Vijfhuizen, Niederlande in zwei Milcherzeugerbetrieben ergaben für die Aspekte Eutergesundheit und Milchhygiene folgende Ergebnisse:

In beiden Herden wurde unter dem AMV-Einsatz eine Verschlechterung der Eutergesundheit beobachtet. So nahm in Betrieb A der Anteil infizierter Euterviertel von 13,5 auf 25,0 Prozent (überwiegend Umweltkeime) und in Betrieb B im Beobachtungszeitraum von 20,4 auf 26,0 Prozent zu. Die durch die Automatisierung festgelegte Melkroutine erhöhte das Risiko für Eutererkrankungen. Ein besonderes Problem stellt nach wie vor die Erkennung von Eutererkrankungen dar. Sinnfällige Veränderungen der Milch werden vom System nur etwa zur Hälfte ausreichend zeitnah angezeigt.

In beiden Betrieben wurden alle verfügbaren Informationen nur bedingt zur Selektion von erkrankten Tieren genutzt. Diese Beobachtung spiegelt sich in beiden Betrieben in sehr unruhigen Verläufen des Zellgehaltes der Tankmilch mit Grenzüberschreitungen wider. Bei den Keimgehalten in der Anlieferungsmilch waren Grenzwertüberschreitungen als Folge von technischen Störungen festzustellen. Die Zunahmen von Indikatorkeimen (coliforme Keime, thermodure Keime) wiesen auf spezifische Mängel bei der Euterreinigung und der Systemreinigung hin.

Im AMV-Betrieb werden generell erhöhte Anforderungen an ein gutes Hygiene-Management gestellt. Dessen ungeachtet bleiben eine Reihe von verbesserungsbedürftigen Funktionen, die vom betreibenden Landwirt selbst nicht kompensiert werden können.

Vergleichende wirtschaftliche Analyse des konventionellen und ökologischen Haselnussanbaus in der Türkei

Prof. Dr. Mehmet Bülbül und Harun Tanrývermiþ, Ankara

Die Haselnuss wird in der Schwarzmeerregion auf 420.000 Hektar angebaut. Ungefähr 400.000 Landwirte sind daran beteiligt. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind im Allgemeinen klein. Die Türkei produziert 62 bis 77 Prozent der Welt-Haselnussproduktion. Als die Erzeugung die Nachfrage überschritt, stiegen 1998 die Lagerbestände auf 220.000 Tonnen. Deshalb war es notwendig, einige neue Regulationsmechanismen und Vermarktungsstrategien einzuführen. 1.155 Landwirte, die auf Vertragsbasis arbeiten, erzeugen auf 3.745 ha ungefähr 2.288 Tonnen ökologisch angebaute Haselnüsse. Davon wurden 1998 47,9 Prozent exportiert. Die Daten, die dieser Veröffentlichung zur Auswertung des ökologischen Haselnussanbaus zu Grunde liegen, stammen aus einer offiziellen Erhebung, welche ökologische und konventionelle Betriebe sowie die Handelsunternehmen einbezieht. Der ökologische Haselnussanbau soll vor allem den Anbauern zu Gute kommen. Es wird erwartet, dass die Produktion ökologisch erzeugter Haselnüsse steigt.

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