Mit dem RV-Leistungsverbesserungsgesetz (2014) und dem RV-Leistungsverbesserungs- und -stabilisierungsgesetz (2018) wurden die Kindererziehungszeiten für die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern von einem auf maximal zweieinhalb Jahre verlängert (sogenannte "Mütterrente").
Was ist neu?
Im Juli 2014 wurde die Anrechnung der Kindererziehungszeiten für die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern von einem Jahr auf maximal zwei Jahre verlängert. Seit Januar 2019 werden nunmehr weitere sechs Monate angerechnet, daher insgesamt maximal zweieinhalb Jahre pro Kind (sogenannte "Mütterrente"). Dabei erhalten Rentnerinnen und Rentner einen pauschalen Zuschlag, der betragsmäßig der Höhe der Rente aus einem halben Kindererziehungsjahr entspricht. Denjenigen, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben und noch nicht in Rente sind, wird für ihre spätere Rente ein weiteres halbes Jahr Kindererziehungszeit angerechnet.
In unserem Filmbeitrag wird erläutert, was die sogenannte "Mütterrente" ist und was sich durch den Rentenpakt ändern wird.
Erklärfilm zur "Mütterrente"
Fragen zur "Mütterrente"
Was ist die sogenannte "Mütterrente"?
Die sogenannte "Mütterrente" ist mit dem Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 2014 eingeführt worden. Sie ist weder eine eigene Rentenart noch eine Leistung ausschließlich für Mütter. Damit wird vielmehr die Verlängerung der Kindererziehungszeit von zwölf auf 24 Kalendermonate für vor 1992 geborene Kinder in der Rente bezeichnet. Inhaltlich ist die sogenannte "Mütterrente" also nichts anderes als ein Bestandteil der Rente.
Die sogenannte "Mütterrente" II gilt ab dem 1. Januar 2019. Konkret bedeutet das: Müttern und Vätern, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, wird ein weiteres halbes Jahr Kindererziehungszeit (entspricht rund einem halben Entgeltpunkt) angerechnet. Dies entspricht im Juli 2020 einem zusätzlichen monatlichen Bruttobetrag von rund 17,00 Euro (West) bzw. rund 16,50 Euro (Ost). Von dieser Regelung profitieren knapp zehn Millionen Elternteile, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben und schon Rente beziehen.
Warum bekommen Frauen im Westen durch die bessere Anerkennung von Kindererziehungszeiten mehr als Frauen im Osten?
Seit der Rentenüberleitung werden die Renten in den ostdeutschen Ländern nach den gleichen Grundsätzen berechnet wie in Westdeutschland. Ein Jahr Kindererziehung geht in West und Ost mit einem Entgeltpunkt in die Rentenberechnung ein; zwei Jahre mit zwei und drei Jahre mit drei Entgeltpunkten. Nach dem Grundsatz der Lohn- und Beitragsbezogenheit folgen auch in den ostdeutschen Ländern die Renten der Lohnentwicklung. Da die ostdeutschen Löhne im Durchschnitt noch geringer sind als im Westen, sind der aktuelle Rentenwert und andere für die Rentenberechnung maßgebende Rechengrößen noch geringer. Deshalb profitieren Frauen im Osten etwas weniger von der Leistungsausweitung als Frauen im Westen. Nach dem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz gilt allerdings spätestens ab Juli 2024 in ganz Deutschland ein einheitlicher aktueller Rentenwert. Das Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz lässt aber auch eine frühere Angleichung des aktuellen Rentenwerts zu, wenn die zwischenzeitliche Lohnentwicklung in den ostdeutschen Ländern besser verläuft. Im Juli 2020 liegt der Rentenwert (Ost) mit 33,23 Euro bei rund 97,2 Prozent des Rentenwerts (West) von 34,19 Euro.
Stimmt es, dass auch Adoptiveltern nun immer von den Verbesserungen profitieren?
Bei der erstmaligen Verlängerung der Kindererziehungszeit wurde den damaligen Rentnerinnen und Rentnern (Eltern, die vor dem 1. Juli 2014 Anspruch auf eine Rente hatten) ein Kindererziehungsjahr pauschal mittels eines Zuschlags angerechnet. Diesen Zuschlag erhielt derjenige, der ein Kind im 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Erziehung erzogen hatte. Auch das RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz sieht für Rentnerinnen und Rentner die Gewährung eines pauschalen Zuschlags (grundsätzlich anknüpfend an den 24. Kalendermonat) vor. Diese pauschale Anrechnungsweise wurde aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung gewählt, um den Zuschlag weitgehend maschinell anhand der im Versicherungskonto enthaltenen Daten gewähren zu können.
Adoptiveltern werden Zeiten der Kindererziehung nach denselben Grundsätzen anerkannt wie leiblichen Eltern. Daher kann es je nach Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Adoptiveltern vorkommen, dass die Kindererziehungszeit für die ersten zweieinhalb Lebensjahre eines vor 1992 geborenen Kindes gar nicht zur Anrechnung kommt.
Deswegen wurde zum 1. Januar 2019 ein besonderes Antragsrecht für all diejenigen Elternteile eingeführt, die aufgrund des pauschalen Abstellens der Erziehung auf einen bestimmten Kalendermonat keinen Zuschlag an Entgeltpunkten für die Erziehung ihres (Adoptiv-)Kindes erhalten haben oder erhalten würden. Zuschläge können für jeden Kalendermonat der Erziehung anerkannt werden. Voraussetzung für den Zuschlag an Entgeltpunkten ist aber, dass nicht schon anderen Versicherten oder Hinterbliebenen (wie beispielsweise leiblichen Elternteilen oder Pflegeelternteilen) für dasselbe Kind Kindererziehungszeiten oder Zuschläge an Entgeltpunkten für den maßgebenden Erziehungszeitraum anzurechnen sind. Der Zuschlag beträgt je Kalendermonat der Erziehung 0,0833 persönliche Entgeltpunkte. Diese anteiligen Zuschläge werden – der Verlängerung um ein halbes Jahr entsprechend - maximal bis zum 30. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt ab dem 1. Januar 2019 gewährt. Damit soll erreicht werden, dass möglichst viele Adoptiveltern die Leistung erhalten. Allerdings kann es durch den Ausschluss von Doppelleistungen im Einzelfall vorkommen, dass Adoptiveltern nicht oder nicht vollständig von der verlängerten Kindererziehungszeit profitieren. Einen Antrag können übrigens auch Stief- und Pflegeeltern stellen.
Können auch Eltern, die ihr Kind teilweise im Ausland und in Deutschland erzogen haben, von den Verbesserungen profitieren?
Ja, auch für sie gilt: Elternteile, die bereits Rente beziehen und aufgrund des pauschalen Abstellens der Erziehung auf einen bestimmten Kalendermonat keinen Zuschlag für die Erziehung ihres Kindes erhalten haben oder erhalten werden, können möglicherweise von dem besonderen Antragsrecht profitieren. Sie können beantragen, anteilige Zuschläge für die Kindererziehung (in Deutschland) bis zum 30. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt gewährt zu bekommen. Dies gilt jedoch nur, soweit nicht schon anderen Versicherten oder Hinterbliebenen für dasselbe Kind Kindererziehungszeiten oder Zuschläge anzurechnen sind.
Wird die sogenannte "Mütterrente" II brutto oder netto ausgezahlt?
Der Rentenanteil in Höhe von rund 17,00 Euro (West) bzw. rund 16,50 Euro (Ost) ab Juli 2020 für jedes vor 1992 geborene Kind ist ein Bruttowert. Es handelt sich nicht um einen pauschalen Aufschlag, der brutto wie netto ausgezahlt wird, sondern um eine Verbesserung im geltenden Rentenrecht, in dem Renten im Grundsatz verbeitragt und versteuert werden.
Wird die sogenannte "Mütterrente" II auf die Grundsicherung im Alter angerechnet?
Ja. Dies folgt aus ihrer Konzeption als Bestandteil der Rente und entspricht dem Grundsatz des Nachrangs der Grundsicherung. Die Anrechnung ist auch sachgerecht. Es wäre Versicherten mit Pflichtbeitragszeiten aus Erwerbstätigkeit nicht zu vermitteln, dass Rentenerträge aus Kindererziehungszeiten im Hinblick auf das auf die Grundsicherung anzurechnende Einkommen besser behandelt würden als Rentenerträge aus einer Erwerbstätigkeit. Eine Anrechnung erfolgt im Übrigen auch schon derzeit hinsichtlich des Rentenertrags aus den bislang anerkannten Kindererziehungszeiten.
Stimmt es, dass die sogenannte "Mütterrente" II mit der Rente aus der Beschäftigung verrechnet wird?
Bei der Ausweitung der Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder handelt es sich nicht um eine neue Rentenart, sondern (wie generell bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten) um ein Element in der Rentenberechnung mit allen Konsequenzen. Die sogenannte "Mütterrente" II soll – wie insgesamt die Kindererziehungszeiten – einen teilweisen Ausgleich von kindererziehungsbedingten Nachteilen in der Rente leisten. Daher ist es legitim, die Leistungsverbesserung beim Zusammentreffen von relativ hohen Einkommen und Kindererziehung zu begrenzen, und zwar ab einer Einkommenshöhe, ab der Erwerbstätige keine Rentenansprüche mehr erwerben können. Dies ist die Beitragsbemessungsgrenze. Sie begrenzt die Höhe der zu zahlenden Beiträge und damit auch die Höhe der späteren Rente. Dies gilt für Erwerbstätige und folglich auch für Kindererziehende. Ist demzufolge der Elternteil, dem die Kindererziehungszeit zugeordnet wird, relativ kurz nach der Geburt wieder arbeiten gegangen, erhält dieser zusätzlich zur Rente aus der Beschäftigung die verlängerte Kindererziehungszeit. Hat dieser Elternteil überdurchschnittlich gut verdient, kann es vorkommen, dass sich die Rente aus der Kindererziehungszeit nicht in voller Höhe auswirkt.
Wie wird die sogenannte "Mütterrente" II finanziert?
Die sogenannte "Mütterrente" II ist mit dem RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz eingeführt worden. Die konkrete Finanzierung der in diesem Gesetz vorgesehenen Verbesserungen erfolgt für alle Maßnahmen zusammen. Die Finanzierung ist für den siebenjährigen Zeitabschnitt bis 2025 sichergestellt. Kerngedanke für die Ausgestaltung der Finanzierung ist die Einhaltung der doppelten Haltelinie für das Rentenniveau (Sicherungsniveau vor Steuern) und den Beitragssatz bis zum Jahr 2025. Die Belastung der Beitragszahlerinnen und der Beitragszahler beim Rentenversicherungsbeitrag wird bis zum Jahr 2025 auf 20 Prozent begrenzt. Dieser Rentenpakt für Deutschland wird bis zum Jahr 2025 zu etwas mehr als 60 Prozent aus Beiträgen und zu fast 40 Prozent aus Steuern finanziert. Das ist ausgewogen. Hiermit schaffen wir ein solidarisches Finanzierungsfundament, denn die Stabilität des Systems der Altersvorsorge nutzt der ganzen Gesellschaft und ist daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.