- Bund-Länder Arbeitsgruppe
- Servicestelle für Betroffene
- Rahmenvereinbarung gegen Schwarzarbeit und Ausbeutung
- Internationale Verpflichtungen
Der Koalitionsvertrag (2021-2025) verpflichtet die Bundesregierung den Kampf gegen Menschenhandel zu intensivieren und sieht die Entwicklung eines Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel sowie die Errichtung einer unabhängigen Monitoringstelle zur Umsetzung der Europakonvention vor. Die Bekämpfung von Menschenhandel soll ressortübergreifend koordiniert werden. Die Unterstützungssysteme für Betroffene sollen verbessert und ihre Rechte gestärkt werden.
Bund-Länder Arbeitsgruppe
Ein wichtiges Gremium zur Schaffung von Unterstützungsstrukturen und der Verbesserung des Opferschutzes und der Zusammenarbeit auf nationaler Ebene ist die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung. Mitglieder dieser Arbeitsgruppe sind Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Ministerien und Senatsverwaltungen von Bund und Ländern, der ASMK (Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales), des Bundeskriminalamtes, der Gewerkschaften und Arbeitgeber sowie der Fachberatungsstellen für Opfer von Menschenhandel und andere beteiligte Akteure wie die Sozialversicherung und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Außerdem vertreten sind das Deutsche Institut für Menschenrechte sowie Vertreter*innen von Zivilgesellschaft und Wissenschaft.
2017 hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein strategisches Konzept zur Bekämpfung von Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung erarbeitet, das sechs strategische Ziele verfolgt:
- Prävention ausbauen
- Sensibilisierung von Behörden und Identifizierung von Betroffenen verbessern
- Beratungs- und Unterstützungsstrukturen ausbauen
- Strafverfolgung stärken
- Datenlage verbessern
- Öffentlichkeit schaffen
Servicestelle für Betroffene
Auf der Grundlage dieser Strategie hat das BMAS im Jahr 2017 eine bei "Arbeit und Leben Berlin e.V." (DGB Berlin-Brandenburg) angesiedelten Servicestelle gegen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel (Servicestelle) eingerichtet, die den Auf- und Ausbau bundesweiter nachhaltiger Kooperationsstrukturen zur Prävention von Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel, zum Schutz Betroffener und zur effektiven Strafverfolgung der Täter unterstützen soll. Sie führt insbesondere Schulungen zur Sensibilisierung im Umgang mit Betroffenen von Arbeitsausbeutung und Menschenhandel durch. Um die Bekämpfung des arbeitsausbeuterischen Menschenhandels nachhaltig umzusetzen und der Strategie angemessen Rechnung zu tragen, wurde die Förderung der Servicestelle weiterhin bis 2025 sichergestellt.
Die Servicestelle veröffentlicht in unregelmäßigen Abständen Branchenanalysen über besonders risikobehaftete Branchen, wie beispielsweise die Fleischindustrie, häusliche Pflege und landwirtschaftliche Saisonarbeit und die Paketbranche. Ausländische Arbeitskräfte, die in diesen beiden Branchen arbeiten, sind besonders von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit gefährdet, da oftmals Sprachbarrieren oder irreguläre Aufenthalts- oder Arbeitsberechtigungen vorliegen.
Auf ihrem Online-Fachportal hat die Servicestelle die Branchenanalysen sowie umfangreiche praxisnahe Materialien und Informationen zu den Themen Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel zur Verfügung gestellt. Das internetgestützte Fachportal wird von Fachleuten wie Berater*innen und Mitarbeiter*innen von Ermittlungsbehörden, Jobcentern, Ausländerbehörden und Gewerkschaften genutzt.
Das dort eingestellte juristische Glossar trägt dazu bei, die Strafverfolgung von Arbeitsausbeutung, Zwangsarbeit und Menschenhandel zu verbessern. Über eine umfangreiche Datenbank können spezialisierte Beratungsstellen in verschiedenen Bundesländern gesucht werden.
Rahmenvereinbarung gegen Schwarzarbeit und Ausbeutung
Im Zuge des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11. Juli 2019 wurde das Mandat der Finanzkontrolle Schwarzarbeit um die Straftatbestände des Menschenhandels im Kontext von Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft erweitert. Darüber hinaus verpflichten sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium der Finanzen und der Deutsche Gewerkschaftsbund in Form einer Rahmenvereinbarung, Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung sowie Menschenhandel im Zusammenhang mit Beschäftigung, Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft sowie in diesem Zusammenhang rechtswidrige Arbeitsbedingungen zu bekämpfen. Die bestehende Kooperation zwischen Finanzkontrolle Schwarzarbeit und der Servicestelle wurde dadurch intensiviert. Vorgesehen sind insbesondere Schulungen und die Sensibilisierung der Beschäftigten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit in den Hauptzollämtern.
Internationale Verpflichtungen
Menschenhandel findet insbesondere grenz- und länderübergreifend statt und ist deswegen besonders schwierig zu bekämpfen. Umso wichtiger sind die internationale Zusammenarbeit und eine Koordinierung der nationalen Strategien auf europäischer Ebene. Beides soll ausgebaut werden. Eine enge Kooperation findet innerhalb der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) und des Ostseerates statt.
Den internationalen Rechtsrahmen für Deutschland geben - neben anderen verbindlichen Rechtsquellen wie das so genannte Palermo-Protokoll (Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität) - die "Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels" von 2005 und die EU-Richtlinie 2011/36 "zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer".
Das Europarats-Übereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels von 2005 wurde 2012 von Deutschland ratifiziert.
Die EU-Richtlinie 2011/36 wurde in Deutschland durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels und zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes sowie des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 11. Oktober 2016 (BGBl. 2016, Teil I Nr. 48 vom 14. Oktober 2016) umgesetzt. Die Straftatbestände zu Menschenhandel, Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung (§§ 232-233a StGB) wurden darin neu geregelt. Am 19.12.2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 2011/36/EU veröffentlicht. Dieser hat zum Ziel, den Schutz vor Menschenhandel in der EU auszubauen und hierbei auf neue Entwicklungen zu reagieren.
Die Verpflichtung zur Bekämpfung von Zwangsarbeit ergibt sich aus dem ILO-Übereinkommen 29 über Zwangsarbeit aus dem Jahr 1930. Das völkerrechtlich verbindliche Protokoll wurde modernisiert mit dem Ziel, die weltweiten Bemühungen zur Abschaffung der Zwangsarbeit verstärken. Deutschland hat am 31. Mai 2019 das Protokoll der ILO von 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit ratifiziert.
Auch die Nachhaltigkeitsziele der VN geben in Ziel Nr. 8.7 der Sustainable Development Goals (SDG) vor, sofortige und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um Zwangsarbeit und Kinderarbeit abzuschaffen sowie moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden. 2021 hat sich Deutschland als Pathfinder Country innerhalb der Alliance 8.7. beworben und dazu verpflichtet seine nationalen Anstrengungen zur Abschaffung von Zwangsarbeit und Kinderarbeit, zu verstärken. Seit Februar 2023 ist Deutschland offiziell ein Pathfinder Country.