Wirbeltiere
Monitoring mariner Wirbeltiere in der AWZ
Ein wichtiges Element des marinen Monitorings bildet das langfristig angelegte Monitoring mariner Wirbeltiere in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ, 12-200 Seemeilenzone), das vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA), dem Deutschen Meeresmuseum Stralsund (DMM), sowie dem Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover (ITAW) im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) durchgeführt wird. Die Projekte bauen auf früheren Erfassungsprogrammen für Meeressäugetiere und Seevögel auf und ergänzen diese entsprechend den aktuellen europäischen und internationalen Berichtsanforderungen.
Da marine Wirbeltiere in den marinen Nahrungsnetzen meist hohe Trophieebenen einnehmen und gleichzeitig vielen verschiedenen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind, sind sie als Indikatoren für den allgemeinen Zustand der Meeresumwelt gut geeignet.
Erfassung von Schweinswalen und Seevögeln
Um die Bestandsgrößen und die räumlich-zeitliche Verteilung von Walen und Seevögeln zu erfassen, werden regelmäßige schiffs- und flugzeuggestützte Zählungen entlang vorher festgelegter Routen, so genannter Transekte, vorgenommen. Im bisherigen Wirbeltiermonitoring erfolgten Erfassungen durch Observerflüge in niedriger Flughöhe (76 m für Seevögel, 183 m für marine Säugetiere). Diese Methode ist jedoch durch den voranschreitenden Ausbau von Offshorewindenergieanlagen in der deutschen AWZ stark eingeschränkt, da ein Durchfliegen der Windparks aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht gestattet ist. Somit können Windparkflächen, die in den nächsten Jahren einen immer größeren Raum in der deutschen AWZ einnehmen werden, nicht mehr im Rahmen der bisherigen fluggestützten Monitoringerfassungen abgedeckt werden. Aufgrund der größeren Flughöhe (> 400 m) bieten digitale Erfassungsmethoden eine sicherheitstechnisch unbedenkliche Alternative. Digitale Erfassungsmethoden ermöglichen die gleichzeitige Erfassung von Meeressäugetieren und Seevögeln und liefern daher Ergebnisse zu beiden Tiergruppen. Das BfN führt daher seit einiger Zeit im Rahmen seiner Monitoringverpflichtungen digitale Erfassungsflüge Erfassung mariner Wirbeltiere (Seevögel und Meeressäugetiere) in Nord- und Ostsee durch.
Das Monitoring per Flugzeug und per Schiff bedarf umfangreicher Planungen und ist zudem stark witterungsabhängig. Flüge und Schiffsausfahrten werden im Jahresverlauf geplant und an geeigneten Tagen in definierten Zeiträumen durchgeführt. Da sich das Beobachtungsgebiet und die dort genutzten Beobachtungszeiträume bezüglich der Meeressäugetiere und der Seevögel nur in Teilen überschneiden, stehen je nach Jahreszeit und/oder Beobachtungsgebiet entweder Meeressäugetiere oder Seevögel im Fokus der Erfassungen. Darüber hinaus werden in der Ostsee die Ortungslaute von Schweinswalen durch ein Netzwerk speziell dafür entwickelter Messgeräte erfasst. Durch statistische Verfahren, deren Weiterentwicklung derzeit aktiv vorangetrieben wird, lässt sich aus diesen Daten die räumlich-zeitliche Verteilung der erfassten Arten ableiten.
Auswertung vorhandener Fischdaten
Das BfN führt aufgrund seiner eingeschränkten Zuständigkeiten kein eigenes Fischmonitoring durch. Zur Bewertung der relevanten Fisch- und Neunaugenarten (siehe FFH-, HELCOM- und OSPAR-Arten) werden aber die vorhandenen, regelmäßig erhobenen Datenbestände der Fischereiforschung ausgewertet. Vergleicht man die so gewonnenen Erkenntnisse mit denen früherer Jahre, können Bestandstrends ermittelt und sowohl positive wie auch negative Entwicklungen identifiziert werden. Auf dieser Basis können nationale und internationale Naturschutz- und Managementmaßnahmen wissenschaftlich begründet, geplant und umgesetzt werden.
Finte (Alosa fallax), Flussneunauge (Lampetra fluviatilis) und Meerneunauge (Petromyzon marinus) gehören zu den so genannten Anhang II-Fischarten der FFH-Richtlinie. Zeichnungen: Henrike Seibel
Monitoring von Schweinswalen
Anforderungen: FFH-RL (Anhang II), OSPAR, HELCOM, ASCOBANS, MSRL
Die Vorkommen von Schweinswalen in den küstenfernen Meeresgebieten werden von Flugzeugen aus entlang von Flugtransekten ermittelt. Das BfN führt seit einiger Zeit flugzeuggestützte digitale Erfassungen von Meeressäugetieren in Nord- und Ostsee durch. Diese werden zum Teil zur Evaluierung der so gewonnenen Daten noch durch analoge Flüge begleitet. Die so gewonnenen Daten dienen der Berechnung der Verbreitung, Abundanzen und Trends für die Bewertung des Zustands der Meeressäugetiere (hauptsächlich Schweinswalen) in der deutschen Nord- und Ostsee. Je nach Jahreszeit und/oder Ort stehen entweder Meeressäugetiere oder Seevögel im Fokus der Erfassungen. Basierend auf den Erfahrungen aus dem langjährigen Wirbeltiermonitoring wurden die Seegebiete der deutschen Nord- und Ostsee in für die Monitoringansprüche fachlich sinnvolle Untersuchungsgebiete unterteilt und diese Gebiete mit spezifischen Transektdesigns ausgestattet. In der Nordsee werden alle Gebiete mit dem Schwerpunkt auf den Schweinswal sowohl im Frühjahr, als auch im Sommer erfasst.
Nordsee
A - Entenschnabel (umfasst FFH Gebiet Doggerbank)
B - Offshore I
C - Sylter Außenriff West (umfasst Teile des FFH Gebietes Sylter Außenriff)
D - Sylter Außenriff Ost (umfasst Teile des FFH Gebietes Sylter Außenriff & SPA Östliche Deutsche Bucht)
E - Weser / Elbmündung
F - Borkum Riffgrund (umfasst FFH Gebiet Borkum Riffgrund)
G - OWF (Windparks südlich des FFH Sylter Außenriffs / nördlich von Borkum Riffgrund)
H - Offshore II
Akustische Erfassungen von Schweinswalen in der Ostsee
In der westlichen deutschen Ostsee (bis 13,5 Grad Ost) werden alle Gebiete im Sommer vollständig durch das digitale Monitoring erfasst. Diese Grenze wurde im Rahmen des Forschungsprojekts SAMBAH als ungefähre Grenze zwischen den beiden Sub-Populationen von Schweinswalen aus der Beltsee (westlich von Rügen bis in den Kattegat) und der mit nur noch ca. 500 Tieren vom Aussterben bedrohten Population der zentralen Ostsee (östlich Rügens) bestimmt.
Ostsee
I - westliche Ostsee (Kieler Förde)
J - Fehmarn
K - Mecklenburger Bucht West
L - Mecklenburger Bucht Ost
O - Oderbank (Pommersche Bucht)
Zusätzlich wird in der Ostsee ein kontinuierliches, ganzjähriges POD-Monitoring betrieben. Diese erfassen in Gebieten mit geringen Populationsdichten die Wale mit Hilfe akustischer Detektionsgeräte (C-PODs, Cetacean POrpoise Detector), die dauerhaft unter der Wasseroberfläche installiert werden. Vor allem die östliche Ostsee, in der eine genetisch isolierte und sehr seltene Variante des Schweinswals vorkommt, wird mit einem Netzwerk solcher C-PODs beobachtet. Im Rahmen dieser Langzeitdatenerhebung werden vom BfN 15 C-POD Messpositionen in den FFH Schutzgebieten und angrenzenden Gewässern betrieben. Die gewonnenen Daten werden hinsichtlich des zeitlichen und räumlichen Vorkommens von Schweinswalen und derer akustischer Verhaltensweisen untersucht. Dies gibt einen detaillierten Einblick in die Verbreitung und Häufigkeit von Schweinswalen und ermöglicht eine Modellierung des Schweinswalvorkommens in Zeit und Raum. Die Daten geben außerdem Einblick in die räumliche Überlappung der Nutzung des ostdeutschen Ostseeraumes durch beide Sub-Populationen. Während der aktuellen Erhebungsphase werden neben C-PODs zwei weitere Messgerätetypen (Soundtrap und SM3M) getestet.
Monitoring von Seevögeln
Anforderungen: EU-Vogelschutz-Richtlinie, OSPAR, HELCOM, MSRL
Wichtige Rast- und Zugvorkommen von Seevögeln in den küstenfernen Meeresgebieten von Nord- und Ostsee werden von Flugzeugen und Schiffen entlang von Transekten erfasst. Das aktuelle Programm erfasst insbesondere Seetaucher, Zwergmöwen, Alken und Meeresenten. Die Flugzählungen werden wie bei den Schweinswalen transektbasiert durchgeführt, aufgrund der geringeren Körpergröße der Seevögel allerdings in geringerer Flughöhe. Das BfN führt seit einiger Zeit flugzeuggestützte digitale Erfassung von Seevögeln in Nord- und Ostsee durch. Diese werden zum Teil zur Evaluierung der so gewonnenen Daten noch durch analoge Flüge begleitet. Die so gewonnenen Daten dienen wie auch bei den Meeressäugetieren der Berechnung der Verbreitung, Abundanzen und Trends für die Bewertung des Zustands der Seevögel in der deutschen Nord- und Ostsee. Je nach Jahreszeit und/oder Ort stehen entweder Meeressäugetiere oder Seevögel im Fokus der Erfassungen. Basierend auf den Erfahrungen aus dem langjährigen Wirbeltiermonitoring wurden die Seegebiete der deutschen Nord- und Ostsee in für die Monitoringansprüche fachlich sinnvolle Untersuchungsgebiete unterteilt und diese Gebiete mit spezifischen Transektdesigns ausgestattet.
Schiffszählungen in repräsentativen Gebieten sind unter anderem notwendig zur genauen Unterscheidung ähnlicher Arten wie Pracht- und Sterntaucher (zusammen als Seetaucher bezeichnet) und einiger Arten der Meeresenten.
Methoden abhängig von Jahreszeit und Gebiet
In der Nordsee werden bei allen Erfassungen mit dem Schwerpunkt auf den Schweinswal die Seevögel mit erfasst. In Teilbereichen des Vogelschutzgebiets „Östliche Deutsche Bucht“ aber auch anderen für Seevögel relevante Gebiete in der deutschen Nordsee werden diese Erfassungen verdichtet (siehe Karte: Gebiete mit Annex _ext). Zusätzlich werden Teilgebiete der Nordsee mit Schwerpunkt auf die überwinternden Seevögel jeweils im Winter erfasst. Hinzu kommen schiffsgestützte Teilerfassungen der AWZ vor Helgoland, sowie von küstenfernen Gebieten von Schleswig-Holstein und Niedersachsen, im Wechsel von Herbst und Sommer.
In der Ostsee wird das Vogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ im Bereich der Oderbank mit Schwerpunkt auf die überwinternden Seevögel jeweils im Winter erfasst. Darüber hinaus werden auch zu dieser Zeit schiffsgestützte Teilerfassungen im Bereich des Vogelschutzgebiets und küstennaher Schutzgebiete durchgeführt.