Bau und Betrieb
Bau von Offshore-Windkraftanlagen
Seit dem Bau des ersten deutschen Offshore-Windparks alpha ventus in der Nordsee im Jahr 2009 haben sich bereits vielfältige Verbesserungen technischer Art während der Baumaßnahmen etabliert. Jedoch sind die kumulativen Auswirkungen des Betriebs der inzwischen zahlreichen Windparks noch nicht hinreichend erforscht. Diese könnten langfristige, bislang kaum absehbare Folgen haben. Nachfolgend werden zum besseren Verständnis die verschiedenen umweltbeeinflussenden Effekte während der Baumaßnahme und während des Betriebs von Windparks erläutert.
Baubedingte Auswirkungen
Dieses sind Auswirkungen, die durch die engeren Arbeiten des Baustellenbetriebs erfolgen. Beim Bau der Anlagen entstehen Belastungen durch:
- Schallemissionen (Lärm) bei Rammung / Gründung der Fundamente
- Sedimentumlagerung / Trübungsfahnen
- Lärm und Störungen durch Schiffsverkehr
Schallemissionen
Die erste Bauphase der Windenergieanlagen geht bei den bislang standardmäßig eingesetzten tiefgründenden Fundamenttypen in der Regel mit großen Schallemissionen einher. Hierbei werden je nach Fundamenttyp ein Pfahl (Monopile-Gründung) bzw. drei Pfähle (Tripod) oder vier Pfähle (Jacket-Gründung) mit Hilfe eines Hydraulikhammers jeweils bis zu 50 Meter in den Meeresboden gerammt. Die mit der Rammung einhergehenden Schallemissionen wirken sich ohne Schallschutz zum Teil erheblich auf marine Säugetiere wie den Schweinswal aus. Um diese Auswirkungen gering zu halten, schreiben inzwischen verbindliche Vorgaben genau vor, welche Belastungsgrenzwerte einzuhalten sind. Technische Lösungen zur Minderung der Schallbelastungen wie zum Beispiel Blasenschleier oder alternative Fundamenttypen erlangen daher immer stärkere Bedeutung.
Sedimentumlagerung / Trübungsfahnen
Die Installation der zum Teil über 1.000 Tonnen schweren Fundamente hat direkte Auswirkungen auf den umliegenden Meeresboden. Hier sind unter anderem die Zerstörung und dauerhafte Überbauung benthischer Lebensgemeinschaften, ggf. von gesetzlich geschützten Biotopen zu nennen. Durch die Arbeiten am Meeresboden und die Umlagerung des Sediments entstehen Trübungsfahnen, die den für das pflanzliche Plankton nötigen Lichteinfall behindern oder filtrierende Organismen schädigen können.
Art und Umfang der Auswirkungen des Eingriffs hängen jedoch maßgeblich vom Typ des Fundaments und den ökologischen Gegebenheiten am Standort ab.
Der Transport der Bauteile und die Verlegung der benötigten Seekabel erhöhen zudem das Verkehrsaufkommen zwischen Baustelle und Festland. Nähere Informationen zur Belastung der Meeresnatur durch Schiffe siehe Schifffahrt.
Schiffsverkehr
Der Transport der Bauteile für die vielen Dutzend Anlagen und die Verlegung der benötigten Seekabel erhöhen zudem das Verkehrsaufkommen zwischen Baustelle und Festland. Die Folgen sind sowohl die Entstehung von Unterwasserlärm durch die Schiffsmotoren als auch mögliche Störungen / Vertreibungen von auf dem Meer rastenden Seevögeln. Nähere Informationen finden Sie in der Rubrik Auswirkungen auf marine Arten und im Positionspapier zum Seetaucherhabitatverlust sowie zur Belastung der Meeresnatur durch Schiffe in der Rubrik Schifffahrt.
Anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen
Diese sind Auswirkungen, die zum einen durch die Anlage und insbesondere durch ihre Baulichkeiten hervorgerufen werden (zum Beispiel Flächenversiegelung/-verbrauch/-verlust, Barrierewirkungen etc.). Darüber hinaus entstehen Auswirkungen, die mit der Nutzung der Anlagen einhergehen. Zusammenfassend entstehen folgende Belastungen durch:
- Standortfremde Hartsubstrate
- Mögliche Strömungsänderungen, Auskolkungen und Sedimentumlagerungen
- Kollisionsrisiko und Barrierewirkung für Tiere
- Schiffs- und Flugverkehr
- Kollisionsrisiko für Schiffe
- Schallemissionen durch den Betrieb der Anlagen
Standortfremde Hartsubstrate
Die Fundamente und die zur Absicherung ihrer Basis zum Teil sehr umfangreichen Arbeiten führen zu einer dauerhaften Überbauung und damit Zerstörung benthischer Lebensgemeinschaften, ggf. auch von gesetzlich geschützten Biotopen. Ferner werden zum Schutz vor Auskolkung an den Fundamenten häufig Geotextilien genutzt, die ihrerseits wieder Schadstoffe entfalten bzw. zu Mikropartikeln zerfallen können. Auch großflächige Steinpackungen kommen zum Einsatz, welche ein künstliches, meist standortfremdes Hartsubstrat mit entsprechendem, ebenfalls standortfremdem Aufwuchs darstellen können.
Strömungsänderungen, Auskolkungen und Sedimentumlagerungen
Strömungen und Gezeiten wirken auch in Windparks, deren einzelne Anlagen auf dem Meeresboden und in der Wassersäule letztlich eine Barriere darstellen. Es kann an den Fundamenten daher zu Veränderungen der Strömungen kommen, die zu Sedimentumlagerungen führen und im Laufe der Jahre auch zu Auskolkungen (kesselförmige Einsenkungen) an den Fundamenten. Durch Sedimentumlagerungen können Trübungsfahnen entstehen, aber auch möglicherweise schützenswerte Biotoptypen in der Umgebung der Windparks mit Sediment überdeckt werden. Langzeitstudien hierfür liegen noch nicht vor.
Kollisionsrisiko und Barrierewirkung
Neben den Belastungen für marine Arten stellt sich beim Betrieb der Anlagen ein möglicherweise sehr massiver Konflikt mit einem häufig übersehenen Naturgeschehen über dem Meer heraus – dem alljährlich zweimal stattfindenden Vogelzug. Die Nord- und die Ostsee liegen beide im Zentrum globaler Vogelzugstrecken. Jedes Jahr überqueren 10 bis 100 Millionen (!) Landvögel die See, um zu ihren Brutgebieten bzw. Winterquartieren zu gelangen. Dies sind hauptsächlich Singvögel, aber auch Greifvögel und Großvögel wie Störche und Kraniche. Einen anderen großen Teil stellen die küstenbewohnenden Wat- und Wasservögel dar. Aber auch viele Seevogelarten ziehen über unsere Meere.
Das zentrale Problem hierbei ist die Gefahr von Kollisionen der Vögel mit den sich drehenden Rotoren der Windenergieanlagen. Das Risiko ist bei Nacht und/oder schlechten Sichtverhältnissen wie bei Nebel besonders hoch. Einige Tiere werden darüber hinaus auch durch die Beleuchtung der Anlagen angelockt oder irritiert. Bei gutem Wetter ist das Kollisionsrisiko geringer, da viele Vögel dann in größerer Höhe fliegen und/oder die Anlagen eher erkennen können.
Es konnte auch nachgewiesen werden, dass Windenergieanlagen auf einige Zugvogelarten wie eine Barriere wirken. Viele Vögel fliegen während des Zugs einen großen Bogen um die Windparks (unter anderem Enten, Gänse, Schwäne und Watvögel). Mit dem weiteren Ausbau der Windparks insbesondere innerhalb von Vogelzuglinien wächst das Risiko, dass die Vögel entweder das höhere Risiko des Passierens eines Windparks eingehen oder zunehmend längere Wege zurücklegen müssen, was in einem größeren Energieverbrauch resultiert und so letztlich ebenfalls das Überleben und den Bruterfolg einer Art beeinflussen könnte. Siehe hierzu auch Auswirkungen auf marine Arten – unterschiedliche Reaktionen von Seevögeln.
Neben Zugvögeln können auch wandernde Fledermäuse von Kollisionen betroffen sein. An Windenergieanlagen an Land kollidieren jährlich pro Anlage durchschnittlich 9 bis 10 Fledermäuse (vor allem Rauhautfledermaus und Abendsegler). Anders als bei Vögeln scheint die ursprüngliche Flughöhe eine eher untergeordnete Rolle für die Kollisionswahrscheinlichkeit zu spielen, da Windenergieanlagen offenbar Anlockeffekte auf Fledermäuse ausüben. Insbesondere während der Spätsommermigration zeigen Fledermäuse ein ausgeprägtes Explorationsverhalten und können in kürzester Zeit von Bodennähe bis in Rotorhöhe fliegen, wo sie einem hohen Kollisionsrisiko ausgesetzt sind. Dass Fledermauswanderungen auch offshore in größerem Umfang auftreten, ist sowohl für die Nordsee aus auch für die Ostsee nachgewiesen. Zudem konnte gezeigt werden, dass Fledermäuse in Offshore-Windparks fliegen und auch dort jagen. Angesichts des hohen Tötungsrisikos für Fledermäuse an Windenergieanlagen an Land, ist aufgrund der insgesamt hohen nachgewiesenen Fledermausaktivitäten über dem Meer davon auszugehen, dass auch Offshore-Windenergieanlagen ein hohes Kollisionsrisiko für über den Meeren migrierende Fledermäuse darstellen.
Schiffs- und Flugverkehr
Für die Wartungsarbeiten sowie durch die in der Regel permanent vor Ort befindlichen Sicherungsschiffe ist in der gesamten Betriebsphase des Windparks mit erhöhtem Helikopter- und Schiffsverkehr zu den und innerhalb der Windparks zu rechnen. Lärmbelastung und Störungen der Tierwelt können die Folge sein.
Risiko von Schiffskollisionen
Durch die großflächigen Ausmaße der Windparks und der Vielzahl ihrer Anlagen, häufig in Nähe zu sehr stark befahrenen Schifffahrtsstraßen, besteht ein permanentes Risiko, dass vorbeifahrende Schiffe infolge technischer Probleme oder aufgrund menschlichen Versagens mit den Anlagen kollidieren. Solche Havarien könnten, zum Beispiel durch Austreten von Öl oder Chemikalien, weit über die Windpark-Areale hinausreichend Gebiete unserer Meere und Küsten gefährden.
Schallemissionen durch den Betrieb der Anlagen
Die Schallemissionen durch die sich drehenden Rotoren haben auf dem Meer zunächst keine erkennbaren negativen Effekte auf Tiere und Lebensräume. Doch wie ist es mit einer möglichen Weiterleitung von Schall über den Pfeiler und die tragenden Fundamente in den umgebenden Meeresboden und die dortigen Lebensgemeinschaften? Obwohl solche Einträge im unmittelbaren Umfeld einer Anlage denkbar wären, gibt es bislang keine gesicherten Erkenntnisse, dass hier größere negative Auswirkungen zu befürchten sind.