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Bundesamt für Naturschutz

Kegelrobben in der Ostsee

Noch um 1900 lebten ca. 80.000-100.000 Kegelrobben in der Ostsee. Gezielte Jagd, die massive Verschmutzung der Umwelt und Habitatverlust brachten sie in den 1980er Jahren an den Rand der Ausrottung. In der deutschen Ostsee war sie bereits 1920 verschwunden.
Kegelrobbe (Halichoerus grypus) an der Eiskante
Kegelrobbe an der Eiskante.

Möglichkeit zur Wiederansiedlung der Kegelrobben

Das BfN unterstützte an der deutschen Ostseeküste ein mehrjähriges Forschungsprojekt (1998 - 2002) zur Prüfung der Möglichkeit zur Wiederansiedlung der Kegelrobben in ihren ursprünglichen Lebensräumen, in denen diese Robbenart insbesondere durch die Jagd und Lebensraumzerstörung ausgerottet worden war. Das Projekt wurde aber nach Widerstand aus der Fischerei nicht mit der geplanten Auswilderung von Robben abgeschlossen. Effektive, internationale Schutzbemühungen ermöglichten jedoch eine allmähliche Erholung der Ostsee-Kegelrobben. So etabliert sich seit ca. 2003 auf natürlichem Weg ein zunehmend wachsendes Kegelrobben-Vorkommen in den Gewässern um Rügen, für deren Monitoring und Schutz sich das BfN zusammen mit den zuständigen Landesbehörden, dem Verein Jordsand und dem Deutsche Meeresmuseum Stralsund engagiert. Mit Stand 2019 werden im Jahresmittel 60-80 Tiere an den Küsten von M.-V. angetroffen, ohne jedoch dauerhaft Liegeplätze zu bilden.

Forschung über Kegelrobben

Seit 2017 unterstützt das BfN ein Forschungsprojekt zur Untersuchung der Wiederansiedlung der Kegelrobben in Mecklenburg-Vorpommern. Darin konnte mit Hilfe von Photo-Identifikation eine gewisse Standorttreue von einzelnen Individuen nachgewiesen werden. Das heißt, die Kegelrobben sind keine Gäste mehr an der deutschen Ostseeküste, sondern haben ihr historisches Verbreitungsgebiet wiederbesiedelt. 2018 und 2019 wurden erstmals Geburten von Kegelrobben in Mecklenburg-Vorpommern nachgewiesen (Kap Arkona/Insel Poel). Beide Jungtiere verstarben jedoch kurz nach der Geburt, da sie von der Mutter verlassen wurden. Eine Störung kann die Trennung verursacht haben. Dies sollte zukünftig vermieden werden, wofür eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit und effektive Managementmaßnahmen notwendig sind.

Nähere Informationen und Grundlagen zu Ostsee-Kegelrobben:
Wiederansiedlung der Ostseekegelrobbe (Halichoerus grypus balticus) an der deutschen Ostseeküste. Hrsg. v. Bundesamt für Naturschutz. Angewandte Landschaftsökologie Heft 54, 
Bonn-Bad Godesberg 2003. Bearbeitet von Jochen Schwarz, Klaus Harder, Henning von Nordheim & Wolfgang Dinter (†).

Kegelrobben können mit Hilfe von Photo-Identifikation wieder erkannt werden
Kegelrobben können mit Hilfe von Photo-Identifikation wieder erkannt werden.

Richtiges Verhalten bei Sichtungen

Kegelrobben kehren nach und nach an die deutsche Ostseeküste zurück. Kleine Störungen können die Rückkehr negativ beeinflussen und zur Vertreibung der Tiere führen. Insbesondere die Flucht der Robben ins Wasser ist mit energetischen Verlusten für die Tiere verbunden. Für Jungtiere oder gar neugeborene Tiere kann dieses verheerende Folgen haben. Um dies zu vermeiden sowie Ihnen und Naturinteressierten einzigartige Beobachtungen zu ermöglichen, sollten die folgenden Regeln unbedingt eingehalten werden:

  • Versperren Sie den Tieren niemals den Fluchtweg ins Wasser!
  • Halten Sie immer einen Mindestabstand von 100 m zu den Tieren! Schiffsführer und Wassersportler müssen stets einen Abstand von mindestens 300 m einhalten.
  • Bitte beobachten Sie die Tiere genau. Wenn Sie eine zunehmende Unruhe bemerken, vergrößern Sie bitte den Abstand!
  • Hunde sind anzuleinen! Sollten die Robben trotz angeleintem Hund unruhig werden, ist der Abstand entsprechend zu vergrößern.
  • Laute Geräusche und hektische Bewegungen sind zu vermeiden!
  • Das Streicheln, das Füttern und das Bewerfen der Tiere mit Gegenständen ist verboten!
  • Stellen Sie sich niemals zwischen Mutter und Jungtier!

Der Eindruck, dass ein allein am Strand liegendes Robbenjunges mutterlos ist und dringend menschliche Hilfe benötigt, ist falsch!

Für die Ostseeküste gilt:
Bitte melden Sie Sichtungen und Totfunde von Kegelrobben immer an das Deutsche Meeresmuseum, zum Beispiel über die App OstSeeTiere oder die Totfund-Nummer 03831-26 50 3333. Sollten Sie Jungtiere oder verletzte Treffen informieren Sie bitte dringend die Leitstelle vor Ort und das Deutsche Meeresmuseum.

Kegelrobbe (Halichoerus grypus)
Kegelrobbe

Kegelrobben Jungtiere: Was ist zu beachten?

Kegelrobben Jungtiere werden mit einem langen, weißen Embryonalfell geboren, dem sogenannten Lanugofell. Die Wurfzeit variiert regional stark, an der Nordsee werden Jungtiere zwischen November und Januar geboren, in der südlichen Ostsee kommen sie zwischen Februar und April zur Welt. Das Jungtier wird ca. 2-3 Wochen von der Mutter mit einer fettreichen Milch gesäugt. Die Mutter kann das Jungtier während der Säugezeit mehrere Stunden bis Tage am Strand allein lassen. Das Jungtier sollte in dieser Zeit unbedingt ungestört am Strand verbleiben können und dürfen. Eine Menschenansammlung kann verhindern, dass die Mutter zurückkehrt. In der Säugezeit nimmt das Jungtier, welches mit einer Länge von ca. 80-105 cm und einem Gewicht von 10-15 kg geboren wird, bis zu 2 kg am Tag zu. Nach der Säugezeit, wenn die Mutter das Junge verlässt, verbleibt es weitere 1-3 Wochen allein am Strand und vollzieht seinen ersten Fellwechsel. Das weiße Lanugofell schützt die Jungtiere am Strand vor Kälte, erst wenn sie eine isolierende Fettschicht angelegt haben gehen sie ins Wasser. Daher sind die ersten Lebenswochen der Kegelrobben die sensibelsten; hier sollten Störungen unbedingt vermieden werden, um eine vorzeitige Trennung von Mutter und Jungtier zu verhindern. Die Einrichtung einer temporär abgesperrten Ruhezone um das Mutter-Kind-Paar ist eine sinnvolle Schutzmaßnahme.

Kegelrobben-Junges im Winter, Foto: Katrin Wollny-Goerke
Kegelrobben-Junges im Winter

Vereinbarung zur Durchführung touristischer Ausfahrten zu den Kegelrobben im Greifswalder Bodden

Der Prozess der Rückkehr der Kegelrobbe an die Küsten Mecklenburg-Vorpommerns stellt eine Sensation für den Meeresnaturschutz dar, die sich auch im steigenden Interesse der Tourismusanbieter an dieser Entwicklung widerspiegelt. Im Winter 2009 nahm eine Reederei erste Testfahrten für touristische Beobachtungen der Kegelrobben im Greifswalder Bodden auf, welche unter Auflagen der zuständigen Naturschutzbehörden durchgeführt wurden. Die Auswertung der Ergebnisse zeigte unter Einhaltung dieser Auflagen bislang keinerlei Anzeichen für gravierende Störungen der Tiere. Zur dauerhaften Etablierung von störungsfreien und naturverträglichen Ausfahrten wurde in der Folge zwischen den Betreibern und den zuständigen Naturschutzbehörden eine freiwillige Vereinbarung mit klaren Vorgaben und Leitlinien erarbeitet. Am 23. August 2010 erfolgte die Unterzeichnung der freiwilligen Vereinbarung durch die Reederei Weiße Flotte GmbH, das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommerns und das Bundesamt für Naturschutz (BfN). Zusammenfassend stellt die getroffene Vereinbarung eine Art Qualitätssiegel für die „robbenfreundliche“ Durchführung einer touristischen Besichtigungstour dar, welches bei Interesse auch an weitere Unternehmen verliehen werden kann.

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