Hochwasserschutz
Extreme Hochwasserereignisse häufen sich
Hochwasser und Überschwemmungen an Flüssen sind natürliche Phänomene, die durch die Aktivitäten des Menschen beeinflusst und verändert werden. Sie sind in erster Linie von der räumlichen Verteilung und Intensität von Niederschlägen (ggf. auch Tauwetter) und der Abflusssituation im Einzugsgebiet abhängig. So beruhten die drei extremen Elbehochwasser seit 2002 unmittelbar auf extremen und langanhaltenden Niederschlägen. Die Häufung dieser natürlichen Ereignisse in den letzten Jahren ist auffällig. In den letzten Jahrzehnten traten an den großen Strömen häufiger Katastrophenhochwasser auf, so z. B. am Rhein 1983, 1988, 1993 und 1995, an der Donau 1988, Pfingsten 1999 sowie jeweils im August 2002 und 2005, an der Oder im Sommer 1997 und an der Elbe im August 2002, im Januar 2003, im April 2006 und 2013. Auch die verheerenden Hochwasser im Juli 2021 in Deutschland und anderen west- und mitteleuropäischen Ländern mit zahlreichen Todesopfern, nicht zu bezifferndem Leid der Betroffenen und enormen wirtschaftlichen Schäden haben uns erneut deutlich vor Augen geführt, dass die Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser dringend ausgeweitet werden müssen. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass sich durch den Klimawandel die Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle und damit von Hochwasserkatastrophen wie im Jahr 2021 erhöht.
Das Ausmaß der Hochwasser ist teilweise eine Folge des oftmals verfehlten Umgangs mit unseren Flüssen und deren Einzugsgebieten. Die Begradigung von Bächen und Flüssen, der Bau von Staustufen und der damit oft einhergehende Verlust von Auen, die immer noch zunehmende Flächenversiegelung, großflächige Entwässerungen und die intensivere Nutzung von Überschwemmungsflächen sind „menschengemachte“ Ursachen für extreme Hochwasserereignisse.
Bedeutung der Auen für Hochwasserschutz
Naturnahe Flüsse und die dazugehörigen Auen sind durch eine ständige Dynamik von Hoch- und Niedrigwasser geprägt. Damit wird einerseits für den Erhalt der an diesen Wechsel angepassten Lebensgemeinschaften der Aue gesorgt, andererseits wirken Auen als natürliche Retentionsflächen für Hochwasser: das Wasser wird zurückgehalten, der Wasserabfluss gebremst und die stromabwärts liegenden Flussbereiche entlastet.
An fast allen Strömen wurden die einst ausgedehnten Auen durch Kanalisierung, Staustufenbau und flussnahe Deiche auf einen Bruchteil reduziert. Der Rhein und die Elbe büßten an den deutschen Abschnitten ca. vier Fünftel ihrer Auen ein. Die Einschnürung und Begradigung der Flüsse beschleunigt den Hochwasserabfluss. Durch die Eindeichungen wurden die Auen von den Flüssen abgetrennt und nutzbar für die Landwirtschaft, für den Siedlungsbau und Verkehrswege.
Diese Nutzungen verstärken den schnellen Abfluss des Wassers einerseits und sind andererseits der Hochwassergefahr als erstes ausgesetzt. Sie führen damit zu den immens hohen volkswirtschaftlichen Kosten der extremen Hochwasserereignisse. Durch die Beschleunigung des Hochwasserabflusses bleibt den Menschen heute nicht nur weniger Zeit, sich auf die schnelleren, höheren und häufigeren Hochwasser einzustellen. Ebenso steigt die Gefahr, dass sich die Hochwasser des jeweiligen Hauptstromes mit denjenigen der Nebenflüsse überlagern und das Hochwasserrisiko erhöhen.
Auenschutz und Hochwasservorsorge
Hochwasserschutz aus Sicht des Naturschutzes gewährt den Flüssen wieder mehr Raum und ermöglicht eine natürliche Dynamik der Überschwemmungsräume und damit das Überleben funktionsfähiger Auen. Die Funktion der Auen als natürliche Überschwemmungsgebiete muss nicht nur aus Sicht des Naturschutzes, sondern auch aus Gründen des vorsorgenden Hochwasserschutzes so weit wie möglich wiederhergestellt werden. Gleichzeitig müssen die noch vorhandenen naturnahen Auen, beispielsweise an Donau, Elbe und Rhein erhalten bleiben und langfristig gesichert werden und dürfen nicht durch weiteren Staustufenbau und Eindeichungen oder nicht angepasste sonstige Nutzungen gefährdet werden.
Der Hochwasserschutz und die Bereitstellung von Überschwemmungsflächen sind in den für den Gewässerschutz relevanten Richtlinien und Gesetzen verankert. Mit der Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) durch das 2005 in Kraft getretene Hochwasserschutzgesetz und das Hochwasserschutzgesetz II wurden die Rechtsgrundlagen für den vorbeugenden Hochwasserschutz in Deutschland deutlich verbessert. Ferner wurden Regelungen zu Hochwasserentstehungsgebieten getroffen.
In Europa sollen der vorbeugende Hochwasserschutz und das Risikomanagement mit der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie in einem flusseinzugsgebietsbezogenen Ansatz umgesetzt werden (RL 2007/60/EG). Unter Beachtung der Bedeutung von natürlichen Überschwemmungsgebieten soll das Hochwasserrisiko bewertet, Hochwassergefahren- und -risikokarten sowie Hochwasserrisikomanagementpläne erstellt werden.
Beispielhafte Projekte zum Auen- und Hochwasserschutz sind im Heft 112 der Schriftenreihe "Naturschutz und biologische Vielfalt" in Steckbriefen dargestellt.