Die Arbeitswelt verändert sich stetig. Unternehmen müssen sich fortlaufend anpassen und neu ausrichten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Führungskräfte spielen hier eine wichtige Rolle bei der Vermittlung neuer Strukturen und Prozesse. Gleichzeitig sind sie aber auch Betroffene dieser Veränderungen.
Die Auswirkungen der Anpassungen, die Organisationen fortwährend vornehmen müssen, um in der sich wandelnden Umwelt mithalten zu können, haben wir bereits in unterschiedlichen Projekten erforscht. Die Digitalisierung und der parallel verlaufende Wandel der Arbeitswelt verstärken sich gegenseitig und verändern den Arbeitsalltag gravierend. Diese Entwicklungen bergen sowohl Chancen als auch Risiken für Unternehmen und Beschäftigte und führen häufig zu Widerständen unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die gesamte Belegschaft mit auf die Reise in die Arbeitswelt 4.0 zu nehmen, erweist sich als besonders herausfordernd.
Die Frage nach der Bedeutung von Führung in Veränderungsprozessen stand im Zentrum des Forschungsprojektes "Führung und Organisation im Wandel", das vier Teilstudien umfasste. Ein Beitrag in der baua: Aktuell 2/24 stellt die Ergebnisse dieses Projektes dar.
Rolle und Bedeutung von Führung
Führung im Sinne einer direkten Mitarbeiterführung bezeichnet den Beeinflussungsprozess hinsichtlich der Einstellungen und des Verhaltens von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Organisationen sowie ihre Steuerung und Koordination in und zwischen Gruppen zur Erreichung bestimmter Organisationsziele. Führungskräfte sind für die operative Umsetzung der strategischen Ziele jedes Unternehmens (mit-)verantwortlich und dienen als zentrale Vermittler zwischen den Organisationsebenen. Führungshandeln gilt als Schlüsselfaktor für Zufriedenheit, Leistung, Wohlbefinden und Gesundheit bei der Arbeit. Es kann je nach Ausprägung eine zentrale Ressource oder auch einen Belastungsfaktor für die Beschäftigten darstellen - siehe auch baua: Bericht "Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Führung".
Die zunehmende Anforderungsvielfalt lässt aber auch die Führungskräfte selbst nicht unberührt. Sich ständig und immer schneller wandelnde Arbeitswelten und betriebliche Restrukturierungsprozesse stellen neue Herausforderungen und Belastungen für Führungskräfte dar: Sie müssen sich und ihr Führungsverständnis immer wieder hinterfragen und an veränderte Ansprüche anpassen. Zudem verändern sich auch die Anforderungen der Beschäftigten an ihre Führungskräfte, wie die aktuelle Internetanalyse "Die Notwendigkeit von Führung in einer digitalisierten Arbeitswelt - eine Netnografie" der BAuA zeigt.
Während bereits bedeutsame Zusammenhänge zwischen dem Führungsverhalten und der psychischen Gesundheit der jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachgewiesen werden konnten, steht die Gesundheit der Führungskräfte selbst selten im Fokus der Forschung. Zudem ist zwar bereits erwiesen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Führungsverhalten und der Gesundheit der Beschäftigten besteht, jedoch sind die Mechanismen dahinter noch unklar.
Rolle der organisationalen Rahmenbedingungen
Führungshandeln hängt im hohen Maße von den organisationalen Rahmenbedingungen ab, in denen die Führungskraft agiert. Zu diesen Rahmenbedingungen gehören unter anderem strukturelle Merkmale wie Unternehmensgröße, Branchenspezifika oder Personalentwicklungsprozesse. Darüber hinaus spielen das Organisationsklima sowie kulturelle Aspekte wie die Fehler- und Kommunikationskultur eine zentrale Rolle. Diese Rahmenbedingungen bestimmen die Handlungsmöglichkeiten von Führungskräften. Sie wirken sich sowohl auf die Arbeitsbedingungen als auch mittelbar auf die Leistung und die Gesundheit von Führungskräften und Beschäftigten aus. Ebenso dürfen die aktive Rolle und die Möglichkeiten der Einflussnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht außer Acht gelassen werden. Dies gilt für die Gesundheit genauso wie für die erfolgreiche Umsetzung organisationaler Ziele.
BAuA-Schwerpunkt "Führung und Organisation im Wandel"
Die Themen rund um den Wandel in Organisationen und die damit einhergehenden Implikationen für Führungskräfte stellen einen neuen, langfristigen BAuA-Forschungsschwerpunkt. Die Rolle von Führungskräften und deren Interaktion mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen erforscht und Gestaltungsempfehlungen für die Praxis abgeleitet werden, die Führungskräften den Umgang mit der Veränderung im Unternehmen und ihrer eigenen Rolle erleichtern. Unsere Führungsforschung steht in engem Zusammenhang mit laufenden und bereits abgeschlossenen Forschungsprojekten zu den Themen Restrukturierung, Psychische Gesundheit sowie Digitalisierung der Arbeitswelt.