- Cannabis auf Rezept: Rahmenbedingungen
- Wie bekomme ich Cannabis auf Rezept?
- Genehmigungsantrag kann freiwillig gestellt werden
- Für welche Krankheiten kann ich Cannabis auf Rezept bekommen?
- Therapiebeginn mit Cannabis
- Cannabis auf Rezept – die Kosten
- Was tun, wenn ein Antrag auf Cannabis auf Rezept gestellt und abgelehnt wurde?
- Welche Ärztin oder welcher Arzt verschreibt Cannabis?
Nur schwerkranke Menschen haben die Möglichkeit, sich Cannabis auf Rezept verschreiben zu lassen. Voraussetzung dafür ist, dass die verfügbaren Standardtherapien bereits eingesetzt wurden und nicht ausreichend wirksam waren, nicht vertragen wurden oder nicht angewendet werden können. Die Cannabistherapie kommt daher für viele Menschen (noch) nicht in Betracht. Welche Möglichkeiten bleiben dann?
Cannabis auf Rezept: Rahmenbedingungen
Cannabis auf Rezept zu erhalten, ist in Deutschland seit 2017 möglich.
Vor der ersten Verordnung musste bislang ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Erst nachdem dieser genehmigt wurde, konnte die Ärztin oder der Arzt Cannabis verordnen. Seit dem 17.10.2024 benötigen Ärztinnen und Ärzte mit bestimmen Qualifikationen keine Genehmigung der Krankenkasse, um Cannabis verordnen zu können:
Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen
- Fachärztin/Facharzt für Allgemeinmedizin
- Fachärztin/Facharzt für Anästhesiologie
- Fachärztin/Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Angiologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie
- Fachärztin/Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie
- Fachärztin/Facharzt für Neurologie
- Fachärztin/Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin
- Fachärztin/Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
Zusatzbezeichnungen
- Geriatrie
- Medikamentöse Tumortherapie
- Palliativmedizin
- Schlafmedizin
- Spezielle Schmerztherapie
Wie bekomme ich Cannabis auf Rezept?
Grundsätzlich gilt: Nur Patientinnen und Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Cannabismedikamente auf Rezept. Dazu gehört in der Regel, dass alle Behandlungsoptionen ausgeschöpft wurden, die als Standard für die Behandlung einer bestimmten Erkrankung gelten (Standardtherapien).
Nur wenn Standardtherapien nicht (mehr) ausreichend wirksam sind oder nicht vertragen wurden, kommt eine Cannabistherapie auf Kosten der Krankenkasse in Betracht. Wenn eine Standardtherapie zwar zur Verfügung stehen würde, die Ärztin oder der Arzt aber nachvollziehbar begründen kann, dass diese – zum Beispiel wegen Kontraindikationen – nicht angewendet werden kann , ist die Kostenübernahme ebenfalls möglich.
Noch eine weitere Voraussetzung muss erfüllt sein: Es muss eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome bestehen. Hierfür sind zwar keine groß angelegten Studien erforderlich, allerdings muss ein gewisses Mindestmaß an wissenschaftlichen Daten vorhanden sein.
Wenn ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt wird, sollte der bisherige Behandlungsverlauf ausführlich geschildert werden. Die Krankenkassen lassen die Fälle häufig durch den Medizinischen Dienst begutachten. Ergibt das Gutachten, dass alle Voraussetzungen für eine Kostenübernahme erfüllt sind, wird der Antrag durch die Krankenkasse genehmigt.
Genehmigungsantrag kann freiwillig gestellt werden
Eine Verordnung von medizinischem Cannabis ist nur möglich, wenn andere Leistungen, die den Krankheitsverlauf oder die schwerwiegenden Symptome positiv beeinflussen können, nicht zur Verfügung stehen und wenn Aussicht auf einen positiven Effekt von Cannabisarzneimitteln besteht. Ob diese Voraussetzungen bei einer Patientin oder einem Patienten gegeben sind, kann im Einzelfall von der Krankenkasse bzw. vom Medizinischen Dienst anders bewertet werden als von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Deshalb können auch fachlich ausreichend qualifizierte Ärztinnen und Ärzten eine Genehmigung bei der Krankenkasse beantragen.
Für welche Krankheiten kann ich Cannabis auf Rezept bekommen?
Es muss eine schwerwiegende Krankheit vorliegen. Doch welche Krankheiten fallen in diese Kategorie? Das ist nicht so einfach zu beantworten. Zwar gibt es Listen, in denen mögliche Krankheiten verzeichnet sind, doch diese bieten nur einen Anhaltspunkt. Gesetzlich festgeschrieben sind sie nicht.
Das hat Vor- und Nachteile für Patientinnen und Patienten. Da keine schwere Erkrankung explizit ausgeschlossen ist, hat potenziell jede schwerkranke Person die Möglichkeit, eine Cannabistherapie zu erhalten. Andererseits ist die Beurteilung, ob noch sinnvolle und zumutbare Standardtherapien für die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten zur Verfügung stehen, oft schwierig.
Von März 2017 bis März 2022 fand die sogenannte Begleiterhebung statt. Ärztinnen und Ärzte, deren Patientinnen oder Patienten eine Cannabistherapie erhielten, mussten im Laufe der Therapie mehrmals einen Fragebogen ausfüllen. Ziel dieser Untersuchung war es, genauere Informationen darüber zu erhalten, für welche Krankheiten Cannabis am häufigsten eingesetzt wird, wie die Erfolgsraten der Behandlung sind, welche Cannabismedikamente angewendet werden und welche Facharztgruppen Cannabismedikamente vorwiegend verordnen.
Die Ergebnisse der Erhebung wurden in einem Bericht zusammengefasst. Die häufigsten Krankheitssymptome und Erkrankungen, die mit einer Cannabistherapie behandelt wurden, waren:
- chronische Schmerzen
- Tumorerkankungen
- Spastik
- Anorexie (Magersucht)/Wasting (ungewollte Gewichtsabnahme)
- Multiple Sklerose
- Übelkeit und Erbrechen
In mehr als drei Viertel aller Fälle wurden Cannabisarzneimittel für die Behandlung chronischer Schmerzen verschrieben. Über alle Anwendungsbereiche hinweg betrachtet, wurde mit Abstand am häufigsten das Cannabismedikament Dronabinol (THC) eingesetzt, ferner Cannabisblüten, Nabiximols (Sativex® Spray zur Anwendung in der Mundhöhle; enthält Cannabisextrakt mit THC und CBD) und Cannabisextrakte in flüssiger Form zum Einnehmen.
THC (Tetrahydrocannabinol) ist der Hauptwirkstoff der Cannabispflanze und wirkt in hoher Konzentration psychoaktiv. CBD (Cannabidiol) ist der zweite wichtige Cannabiswirkstoff. CBD wirkt nicht psychoaktiv und kann die negativen Effekte von THC dämpfen. Zudem hat es eine entzündungshemmende Wirkung.
Therapiebeginn mit Cannabis
Anders als bei vielen anderen Medikamenten muss die Dosierung für alle Betroffenen individuell gefunden werden. Um Rauschzustände durch enthaltenes THC zu vermeiden, wird in der Regel mit einer sehr geringen Dosis begonnen. Ist diese gut verträglich, wird sie langsam erhöht, bis die gewünschte Wirkung ausreichend ist.
Sollten Sie sich mit einem verschriebenen Präparat nicht wohlfühlen, die Nebenwirkungen unangenehm sein oder die Beschwerden nicht (ausreichend) gelindert werden, sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. Manchmal dauert es, bis der Körper sich an die Behandlung gewöhnt und Nebenwirkungen nachlassen. In einigen Fällen kann auch eine andere Dosierung oder ein anderes Präparat sinnvoll sein. Übrigens können Sie sich als Patientin oder Patient nicht aussuchen, welches Cannabismedikament Sie gerne hätten. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt wird Ihnen ein in Ihrem Fall passendes und gut handhabbares Mittel verordnen.
Ihr kostenfreier Newsletter für ein gesünderes Leben
Jetzt unverbindlich anmelden und monatlich Gesundheitsthemen mit wertvollen Tipps erhalten und über exklusive Barmer-Services und -Neuigkeiten informiert werden.
Newsletter abonnieren
Cannabis auf Rezept – die Kosten
Vielleicht fragen Sie sich, welche Kosten für medizinisches Cannabis auf Sie zukommen, wenn die Voraussetzungen für eine Verordnung auf einem Kassenrezept bei Ihnen erfüllt sind. Grundsätzlich übernimmt Ihr Versicherer die Kosten. Wie bei allen Medikamenten, müssen Sie jedoch die gesetzliche Zuzahlung („Rezeptgebühr“) entrichten. Diese beträgt zehn Prozent des Preises für das Medikament, jedoch mindestens 5,00 und höchstens 10,00 Euro. Dort lesen Sie auch, unter welchen Bedingungen Sie sich von der Zuzahlung befreien lassen können.
Was tun, wenn ein Antrag auf Cannabis auf Rezept gestellt und abgelehnt wurde?
Ihr Antrag auf Kostenübernahme wurde abgelehnt? Wie bereits beschrieben, sind die Kriterien streng. Die Ablehnung bedeutet, dass die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Lehnt die Krankenkasse die Kostenübernahme ab, haben Sie die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsschreibens Widerspruch einzulegen. Der Widerspruch sollte begründet sein. Das heißt, Sie sollten schriftlich Stellung dazu nehmen, warum Sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind. Wir raten Ihnen, Ihrem Widerspruch eine ärztliche Stellungnahme beizufügen.
Die Bearbeitungsdauer von Widersprüchen hängt von vielen Faktoren ab. Wenn der Medizinische Dienst hinzugezogen wird, kann es länger dauern. Ergeben sich keine neuen Erkenntnisse, bleibt es bei der Entscheidung der Krankenkasse und Ihr Widerspruch wird umgehend an den Widerspruchsausschuss weitergeleitet.
Dieser trifft innerhalb weniger Wochen eine abschließende Entscheidung. Wenn der Ausschuss einem Widerspruch nicht abhelfen konnte, haben Versicherte anschließend die Möglichkeit, Klage beim zuständigen Sozialgericht zu erheben. Dies ist ebenfalls kostenlos. Örtlich zuständig ist grundsätzlich das Sozialgericht, in dessen Bezirk die Klagenden zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz oder Aufenthaltsort haben.
Welche Ärztin oder welcher Arzt verschreibt Cannabis?
Außer Zahn- und Tierärzten darf jede Haus- und Facharztpraxis Cannabisarzneimittel verordnen.
Wenn Sie glauben, dass bei Ihrer schweren Erkrankung eine Therapie mit Cannabis in Frage kommen könnte, besprechen Sie dies bitte mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.