Elektromobilität: Sind die Ziele bis 2030 noch erreichbar?
Die Politik hat die Prämie für Elektroautos gestrichen, der Absatz schwächelt. Werden die Ziele für den Verkehr nun verfehlt? Eine Standortbestimmung.
E-Autos ohne Förderung: Absatz eingebrochen
Zukunfts-Chancen: Was den E-Auto-Markt in Schwung bringen könnte
Rahmenbedingungen: Grünstrom und Ladeinfrastruktur
Analyse: Was kosten E-Autos im Betrieb?
Für Klimaschutz im Verkehr ist auch der Umstieg vom Verbrenner aufs E-Auto wichtig. Dieser Wandel aber stockt. Damit stellt sich die Frage: Sind die Ziele für die Elektromobilität noch zu erreichen?
E-Auto-Verkaufszahlen sinken
Zwar schwächelt auch der Pkw-Gesamtmarkt wegen hoher Inflation und politischer Unsicherheit. Der Absatz von E-Autos ist aber besonders stark gesunken. Nur 276.390 reine Elektrofahrzeuge (BEV) wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 neu zugelassen und damit 28,6 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum. Der Anteil der BEV an den Pkw-Neuzulassungen im Gesamtmarkt betrug lediglich 13,1 Prozent.
Der Rückgang an Zulassungen erklärt sich vor allem dadurch, dass die staatliche Umweltprämie für Elektroautos zum Stichtag 18. Dezember 2023 beendet worden ist. Um E-Autos in nennenswerter Zahl loszuschlagen, geben die Autohersteller immerhin Rabatte. Bisher hat das aber nicht dazu geführt, den gestrichenen Bonus zu kompensieren und die Absatzzahlen auf das Niveau des Vorjahres zu heben.
Das Verhältnis zwischen privat und gewerblich zugelassenen Autos, hat sich mit dem Wegfall der Kaufprämie gedreht. Gab es 2023 mehr private Zulassungen als gewerbliche, liegen 2024 die gewerblichen Käufe vorn.
Das 15-Millionen-Ziel
Das politische Ziel von 15 Millionen Elektroautos im Pkw-Bestand bis zum Jahr 2030 steht im Koalitionsvertrag. Er ist die Basis für die Arbeit der Bundesregierung. Der erhoffte Hochlauf der Elektromobilität gilt als wirksamste Maßnahme, um beim Klimaschutz im Verkehr voranzukommen.
Diejenigen, die sich inzwischen für ein E-Auto entschieden haben, stellen aktuell eine kleine Minderheit dar. Nur rund 1,5 von 49 Millionen Pkw im Bestand (zum 1.7.2024) sind reine Elektroautos (BEV).
Rechnerisch müssten von nun an in jedem Jahr rund 1,7 Millionen E-Fahrzeuge neu zugelassen werden. Und das bei insgesamt zuletzt rund 3 Millionen Neuzulassungen. Deutlich mehr als jedes zweite Auto mit elektrischem Antrieb zu verkaufen – das erscheint momentan utopisch. Und auch, wenn der Anteil verkaufter E-Autos erst im Lauf der kommenden Jahre, dafür aber immer schneller, steigen sollte, braucht es viel Fantasie, um an die 15 Millionen zu glauben.
Neueste Prognosen zum Hochlauf der Elektromobilität variieren zwischen sieben Millionen und knapp elf Millionen zugelassenen batterieelektrischen Fahrzeugen bis 2030. Das Umweltbundesamt (UBA) rechnet optimistisch mit 10,7 Millionen E-Autos zum Ende des Jahrzehnts.
Reicht der grüne Strom?
Damit die Antriebswende für Klimaschutz etwas bringt, braucht es nicht nur Elektrofahrzeuge, sondern auch viel grünen Strom. Bei der Diskussion um Stromerzeugung und -verbrauch kommt es oft zu Missverständnissen. Um sich gesellschaftlich zu verständigen, ist daher eine einvernehmliche Datenbasis zum Stromverbrauch notwendig. Die hat das Umweltbundesamt definiert (siehe Hinweiskasten unten).
Die gute Nachricht: Es geht voran mit dem Anteil der erneuerbaren Energien (EE-Anteil). Betrug dieser zur Jahrtausendwende 6,3 und im Jahr 2010 magere 17,1 Prozent, hat sich der Prozentsatz im Jahr 2020 immerhin schon auf 45,2 Prozent gesteigert. Im Jahr 2023 stammten rund 52 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbarer Energie und sein Anteil wird weiter steigen. Denn der Ausbau geht voran.
Trotzdem bleibt das Ziel für 2030 mit 80 Prozent sehr ambitioniert.
Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur
Ein viel beklagter Punkt ist die mangelnde Infrastruktur für Elektroautos, sei es in ländlichen Regionen, entlang der Autobahnen oder in den Städten. Aber auch hier hat es in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gegeben.
Trotzdem ist die Lücke zum Ziel von 2030 extrem groß.
Ob eine Million Ladepunkte zur flächendeckenden Versorgung nötig sind oder ob eine kleinere Anzahl genügt, darüber gibt es unter Experten unterschiedliche Einschätzungen.
Nach Ansicht des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wären zwischen 100.000 und 250.000 öffentliche Ladepunkte in 2030 ausreichend. Die "Nationale Plattform Zukunft der Mobilität" kam in ihren Berechnungen auf Bedarfswerte zwischen 107.000 und 631.000 Ladepunkte. Die "Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur" beziffert den Bedarf in seiner neuesten Studie auf 380.000 bis 680.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte. Davon sollten idealerweise 55.000 bis 90.000 HPC-Ladepunkte sein, die über 150 kW Ladeleistung haben.
Die politische Zielmarke von einer Million muss nach der Einschätzung von Fachleuten also nicht unbedingt erreicht werden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Ladepunkte zu Hause und in Unternehmen Einfluss hat auf die notwendige öffentliche Ladeinfrastruktur. Je mehr die Leute zu Hause oder am Arbeitsplatz laden, desto weniger laden sie an einer öffentlichen Säule. Und die öffentlichen Säulen müssen sich für die Betreiber ja auch wirtschaftlich rechnen.
Eine gute Flächenabdeckung und Schnelllademöglichkeiten auf Reisen sind unerlässlich, wenn sich Elektroautos beim Kunden durchsetzen sollen. Entlang der Autobahnen kommt man heute mit sorgfältiger Planung und einem für die Langstrecke geeigneten E-Auto schon ganz gut zurecht. Für die Versorgung in Städten und Gemeinden sowie auf dem Land sieht die Situation dagegen noch eher schlecht aus. Hier ist man meist auf die Wallbox zu Hause und (wenn möglich) auf das Laden beim Arbeitgeber angewiesen.
Kosten für das Elektroauto
Über den Erfolg von Elektroautos in der breiten Masse entscheiden vor allem die Kosten. Größter Nachteil ist der im Vergleich zum Pkw mit Verbrenner höhere Kaufpreis. Im Schnitt sind Elektroautos in der Anschaffung sehr viel teurer als ein Auto derselben Marke bzw. derselben Modellreihe mit Benzin- oder Dieselmotor.
Schaut man auf die Gesamtkosten, schneiden E-Autos grundsätzlich weder besser noch schlechter ab als Autos mit Verbrennungsmotor. Hier kommt es auf das jeweilige Modell, aber auch auf die Entwicklung der Kraftstoffpreise und der Ladekosten an, die sich individuell unterscheiden können. Wer ausschließlich öffentlich lädt, hat in der Regel höhere Kosten als beim Laden an der eigenen Wallbox. Kostenseitig besonders attraktiv wird das Elektroauto, wenn der genutzte Strom von der eigenen PV-Anlage stammt. Eine Win-Win-Situation für Umwelt und Verbraucher.
Hoffnung auf Besserung?
Die Meinungen zum Elektroauto gehen weit auseinander. Während die einen behaupten, Elektroautos würden sich gegenüber dem Pkw mit Verbrennungsmotor nie durchsetzen, erklären viele E-Auto-Erfahrene, dass sie nie mehr ein Auto mit Verbrennungsmotor fahren würden. Das sind die Extrempositionen.
Was müsste passieren, damit die Elektromobilität in Deutschland sich auch bei skeptischen Menschen durchsetzt? Ist ein Turning-Point denkbar, wo – ähnlich wie beim Smartphone – Kundinnen und Kunden in Scharen zu den elektrischen Angeboten der Hersteller greifen? Stirbt der Verbrenner als old fashioned und technologisch rückständig irgendwann aus, wie es beim "unsmarten" Mobiltelefon oder bei analogen Fotoapparaten passiert ist?
Es gibt durchaus Trends und gute Gründe, die dem Thema Elektroauto in den nächsten Jahren Schwung verleihen werden:
Akkus werden immer besser: Fortschrittliche Batterien führen zu höheren Reichweiten und kürzeren Ladezeiten.
Öffentliche Ladeinfrastruktur entwickelt sich: Um das Laden von Elektrofahrzeugen einfacher und bequemer zu machen, wird in Ladesäulen investiert. An Autobahnen, in städtischen Gebieten und an öffentlichen Orten wie Einkaufszentren und Parkplätzen. Auch Automobilhersteller bauen eigene Netze auf. So folgen Porsche, Audi und Mercedes dem Beispiel Teslas.
Modellangebot wächst: Die Automobilhersteller haben ihre Produktion von Elektrofahrzeugen deutlich erhöht und bringen kontinuierlich neue Modelle auf den Markt. Auch die zum Teil langen Lieferzeiten sollen reduziert werden. All das trägt dazu bei, die Auswahl für Verbraucherinnen und Verbraucher zu erweitern und die Verfügbarkeit von Elektroautos zu verbessern.
Anschaffungspreise sinken: Die Kosten für Elektrofahrzeuge und Batterien sinken, was sie für eine breitere Bevölkerungsschicht erschwinglicher macht.
Akzeptanz für E-Autos wächst: Die öffentliche Wahrnehmung von Elektrofahrzeugen hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen die Vorteile von Elektroautos, darunter niedrige Betriebskosten, geringere Umweltauswirkungen und ein hoher Fahrkomfort.
Fazit
2023 hat der Verkehr (gesamt) rund 146 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente ausgestoßen. Das sind rund 13 Millionen Tonnen mehr, als die Politik als Zielmarke für den Sektor einst festgelegt hatte. Und während die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie und Gebäude ihre Ziele jeweils (über-)erfüllt haben, ist der Sektor Verkehr der einzige, der es deutlich verfehlt. Und sich voraussichtlich noch weiter vom Zielpfad entfernt, wenn sich hier nicht bald mehr tut in Richtung elektrifizierte Mobilität.
EE-Anteil wovon? Verbrauch oder Erzeugung? Brutto oder netto? Die Definition
Wer vom Anteil erneuerbarer Energie beim Strom spricht, muss klar machen, was genau damit gemeint ist. Sind es x Prozent vom Stromverbrauch oder von der Stromerzeugung? Und wie wird der Strom gerechnet, der zwar erzeugt, aber nicht abgenommen werden konnte oder auf dem Weg zum Verbraucher verloren ging?
Das Umweltbundesamt bezieht sich auf den sogenannten Bruttostromverbrauch, der wie folgt definiert wird: "Der Bruttostromverbrauch umfasst den von sogenannten Letztverbrauchern wie Industrie oder privaten Haushalten verwendeten Nettostromverbrauch sowie den Eigenverbrauch der Kraftwerke und die Netzverluste."
Da der Begriff Bruttostromverbrauch damit das Stromsystem vollständig abbildet, wird er bevorzugt als politischer Zielindikator verwendet. Der ADAC folgt ausdrücklich dieser Begriffsbestimmung.
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