Windenergie
Am 12. Juni 2024 verabschiedete der Thüringer Landtag das Windbeteiligungsgesetz - seit Juli ist es in Kraft. Es regelt verbindliche Einnahmen für die Kommunen durch Windräder im Umkreis.
Hier das wichtigste in Kürze:
Wie funktioniert das Windbeteiligungsgesetz?
Thüringens Kommunen profitieren verbindlich, wenn sich neue oder repowerte (technisch aufgerüstete) Windräder in einem Umkreis von 2500 Metern drehen und Strom erzeugen – mit einer Zahlung von den Betreibern der Windenergieanlagen von 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde Strom. Gerechnet auf eine 6 MW-Anlage mit 2.300 Volllaststunden beträgt der kommunale Anteil demnach bis zu 30.000 Euro jährlich. Bei einem Windpark mit beispielsweise 8 Anlagen ergibt sich daraus eine jährliche Einnahme für die Kommune von rund über 200.000 Euro.
Wie viele Windkraftanlagen (WEA) gibt es derzeit in Thüringen und wie viele Anträge wurden für künftige Anlagen gestellt?
In Thüringen sind rund 870 WEA in Betrieb (s. Dashboard Startseite). 2024 wurde bisher rund 20 Anlagen neu genehmigt, rund 100 Anlagen sind in einem laufenden Genehmigungsverfahren. Das neue Gesetz gilt bereits für die schon genehmigten (aber noch nicht in Betrieb genommen oder repowerten) Anlagen. Unter „Wussten Sie schon?“ der Landesenergieagentur ThEGA finden Sie ebenfalls die die aktuelle Anzahl an Windrädern in Thüringen und weitere Zahlen und Fakten: Servicestelle Windenergie
Warum Windenergie?
Die Windenergie ist von entscheidender Bedeutung für die Energiewende, auch in Thüringen. Für mehr regionale Wertschöpfung, mehr Unabhängigkeit von fossilen Importen und mehr Klimaschutz.
Schon 2021 hat das Bundesverfassungsgericht in seinem wegweisenden Urteil entschieden: Klimaschutz hat Vorrang zum Schutz künftiger Freiheiten. Der Ausbau der Erneuerbaren muss dabei rechts- und versorgungssicher und preisstabil sein.
Häufige Fragen und Antworten zum Thema Windenergie
Grundlage für das Errichten von Windenergieanlagen ist die Regionalplanung. Hier entscheiden in Thüringen die vier regionalen Planungsgemeinschaften, die sich aus den beteiligten Kommunen bilden, in den Teilplänen „Windenergie“ darüber, welche Gebiete als Vorranggebiete bzw. Eignungsgebiete eingestuft werden. Erst diese Ausweisung von Windvorranggebieten ermöglicht den Bau im Außenbereich. Aktuell sind rd. 0,4% der Landesfläche als Windvorranggebiete ausgewiesen.
In Thüringen gibt es 4 Planungsregionen (Nord-, Mittel-, Südwest- und Ostthüringen). Für diese stellt die jeweilige regionale Planungsgemeinschaft den Regionalplan – frühere Bezeichnung Regionale Raumordnungspläne (RROP) – auf. Die Planungsregion besteht aus mehreren Landkreisen und außer in Nordthüringen jeweils 2 kreisfreien Städten. Das heißt, die Landkreise vertreten die kommunale Ebene.
Der Windenergieerlass Thüringen ist eine wesentliche Hilfe für Planungsgemeinschaften. Er erleichtert ihnen den hoch komplexen Abwägungsprozess und beschleunigt somit die Verfahren zur Aufstellung der neuen Teilpläne Wind. Der Erlass regelt die Rahmenbedingungen für den Ausbau der Windenergie in Thüringen und ist die Arbeitsgrundlage für die Regionalen Planungsgemeinschaften bei der Bestimmung der Vorranggebiete für Windenergie.
Häufig wir die Debatte auf vermeintliche Gefahren für Vögel und Insekten gelenkt. Bei letzteren ist klar: Viele Insekten, die Teil der Nahrungskette von Feldvögeln oder Blütenbestäuber sind, erreichen die Rotorblatt-Höhen gar nicht. Vielmehr ist das Insektensterben durch Ackergift oder Versiegelung tatsächlich gravierend und die zu lösende Aufgabe für mehr Insektenschutz.
Auch Argumente zum Schutz von Vögeln lassen außer Acht: Das Risiko von Rotorschlag ist klein gegenüber den Gefahren durch Bebauung, Verkehr und Landwirtschaft. Aktuelle Forschungen der EU-Kommission (Life-Eurokite-Projekt) zeigen: Die größte Gefahr für den Greifvogel ist nicht das Windrad, sondern Giftköder, d.h. die illegale direkte Vergiftung zur Tötung von Raubtieren, Nutztieren und Wildtieren (Füchse, Wölfe, Korviden usw.), sowie die indirekte Vergiftung durch Pestizide und die Sekundärvergiftung durch den Verzehr vergifteter Nagetiere durch Rodentizide auf dem Ackerland, insbesondere in den Überwinterungsgebieten in Frankreich und Spanien. Auch der Rückgang der Weideviehhaltung und die Intensivierung der Landwirtschaft, die zu chemischer Verschmutzung, Homogenisierung der Landschaften und ökologischer Verarmung führen, bedrohen die Art. Dennoch: Auch die Planung kann und muss Rücksicht auf vermeidbare Risiken nehmen. Das passiert entspr. der gesetzlichen Regelungen durch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) oder eine UVP-Vorprüfung und hängt u.a. von der Anzahl der geplanten Anlagen ab.
Beim Naturschutz allgemein definiert der aktuell geltende Thüringer Windenergieerlass aus dem Jahr 2016 als Empfehlung an die Planungsgemeinschaften harte und weiche Tabuzonen. Der Nationalpark Hainich, Naturschutzgebiete, das europäische Schutzgebietssystem „Natura 2000“ nach der FFH-Richtlinie sowie weite Bereiche der Biosphärenreservate und Naturparke sind großteils außen vor. In einigen Naturparken, Landschaftsschutzgebieten und im Biosphärenreservat Rhön macht das TMUEN den Planungsgemeinschaften allerdings das Angebot, für die Energiewende notwendige Vorranggebiete durch Änderung der Rechtsgrundlagen zuzulassen. Die Initiative zur Nutzung des im Erlass näher beschriebenen Rahmens liegt bei der Region selbst, die auch die Alternativen prüfen und abwägen muss.
Bürgerinnen, Bürger und Kommunen sollen bei der Ausgestaltung der Energiewende in den Regionen umfassend beteiligt werden. Zur Unterstützung bei Fragen des Ausbaus der erneuerbaren Energien steht die Servicestelle Wind bei der Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur zur Verfügung. Der Bau und der anschließende Betrieb der Windenergieanlagen können Arbeitsplätze schaffen. Die Wertschöpfung reicht von der Herstellung von Motoren- und Getriebeteilen für Windenergieanlagen, modularen Rotorbestandteilen und Spezialwerkzeugen bis hin zur Montage und Wartung – aber auch intelligente Wechselrichter und Speichertechnologien. Zudem zahlt der Betreiber Gewerbesteuer. Diese Einnahmen kommen der Kommune zugute. Ist die Gemeinde auch Grundstückseigentümer, so erzielt sie zusätzliche Einnahmen aus Pachtzahlungen. Kommunen wollen den Windenergieausbau. Denn wo Wind geerntet wird, profitieren Gemeindekassen durch Pacht- und Gewerbesteuereinnahmen. Hinzu kommt, dass Betreiberfirmen im Umkreis von 2,5 Kilometer zur Windanlage flächenanteilig mit 0,2 ct/kWh am Ertrag beteiligt werden können.
o Siegel Faire Windenergie: Siegelpartner verpflichten sich entsprechend der Leitlinie, eine direkte finanzielle Beteiligung für Thüringer Bürger:innen, Unternehmen und Kommunen anzubieten. Wie sie das umsetzen, ist nicht starr geregelt. Stattdessen lässt die Leitlinie Raum für die beste Lösung vor Ort – von vergünstigten Stromtarifangeboten für Anrainer über die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft usw.
o Bundesgesetzgebung (das EEG) sieht vor, dass Firmen, die Windenergie ausbauen, Anrainerkommunen mit 0,2 Cent/kWh erzeugten Windstroms am Gewinn beteiligen können. Als Anrainerkommunen gelten die Gemeinden, die sich im Umkreis von 2.500 m zum Turm der Windenergieanlage befinden. Mit der EEG-Novelle der Ampelkoalition soll diese finanzielle Beteiligungsmöglichkeit ausgeweitet werden auf Bestandsanlagen.
o Außerdem sieht die EEG-Novelle der Bundesregierung vor, dass Bürgerenergiegesellschaften bei Windenergieprojekten bis 18 MW und bei PV-Vorhaben bis 6 MW vom Gebot, an Ausschreibungen teilnehmen zu müssen, befreit werden. Das ist ein wichtiger Schritt zur Entbürokratisierung und Akteursvielfalt. Denn mit der Einführung des Ausschreibungssystems wurde es für Bürgerenergiegesellschaften immer schwieriger zu bestehen in der Konkurrenz zu professionellen Projektierfirmen.
Unternehmen wollen den Windenergieausbau, um Energiepreise in Schach zu halten. Die Thüringer Landesenergieagentur ThEGA berät zu Einsatzmöglichkeiten, Potenzialermittlung, Förderungen und Bürgerbeteiligung.
Ja und es ist langfristig günstiger und mit mehr regionaler Wertschöpfung verbunden als der Status Quo. Das zeigt die Studie "So geht’s" der Hochschule Nordhausen.
Nach 20 bis 30 Jahren haben Windenergieanlagen das Ende ihrer Lebensdauer erreicht und werden rückgebaut oder repowert. DAs Umweltbundesamt hat für den Rückbau zusammengestellt, welche rechtlichen Vorgaben dafür gelten und was darüber hinaus noch beachtet werden sollte, damit die Umwelt möglichst wenig belastet wird und die enthaltenen Materialien bestmöglich recycelt werden können: