Trinkwasserqualität
In kaum einem anderen wasserwirtschaftlichen Aufgabengebiet sind die Auswirkungen auf den Menschen so unmittelbar wie beim Trinkwasser. Obwohl von den ca. 85 Litern Leitungswasser, die in Thüringen jeder Einwohner im Durchschnitt täglich verbraucht, nur wenige Liter tatsächlich verzehrt werden, ist Trinkwasser das am besten untersuchte und durch nichts zu ersetzende Lebensmittel Nr. 1.
Trinkwasser aus öffentlichen Versorgungsanlagen ist frei von
- Konservierungsstoffen
- Farbstoffen
- Aromastoffen
- Säuerungsmitteln
- Süßungsmitteln
- Antioxidantien
- Zusätzen wie Salze oder Kohlensäure u.v.m.
Es bedarf keiner Nährwert- oder Ballaststoffangabe – und das alles zu einem Preis von deutlich weniger als 0,01 Euro pro Liter. Welches andere Lebensmittel kann da mithalten?
Zuständig für die Überwachung der Trinkwasserqualität sind die Gesundheitsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte. Dort oder beim Wasserversorger selbst kann man Auskunft zur Trinkwasserqualität seines Versorgungsgebietes erhalten. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind die EU-Trinkwasser-Richtlinie und die (deutsche) Trinkwasserverordnung. Über 50 physikalische, biologische und chemische Parameter sind benannt und mit Grenzwerten belegt und unterliegen der staatlichen Überwachung. Diese Rechtsvorschriften für Trinkwasser sind ausführlicher und teilweise strenger als die Mineral- oder Tafelwasserverordnung.
Aus Gründen der Gesundheit oder der Qualität gibt es also keinen Anlass, auf den Trinkwassergenuss zu verzichten und stattdessen Mineralwasser oder Tafelwasser zu nutzen. Tafelwasser ist gewöhnliches Trinkwasser, dem Salze und Kohlensäure zugesetzt wurden. Im Mineralwasser sind diese Salze bereits natürlich enthalten, es wird nur mit Kohlensäure angereichert. Beide Wässer weichen deshalb geschmacklich vom Trinkwasser des örtlichen Wasserversorgers ab, sind aber deswegen nicht „gesünder“. Heilwasser muss zusätzlich nach dem deutschen Arzneimittelrecht zugelassen sein, seine Zusammensetzung und Reinheit wird besonders streng überwacht.
In Thüringen wurde dank umfangreicher Investitionen der kommunalen und der Fernwasserversorger inzwischen ein Qualitätsstand erreicht, der bis auf wenige Ausnahmen die Anforderungen der Trinkwasserverordnung erfüllt. Dennoch existieren noch befristete Anordnungen der Gesundheitsämter zur Verbesserung der Trinkwasserqualität in bestimmten kleinen Versorgungsgebieten. Es handelt sich dabei nicht um schwerwiegende Beeinträchtigungen, sondern meist um natürliche Vorkommnisse wie z.B. Quelltrübung nach starkem Niederschlag oder erhöhte Calcitlösekapazität des Grundwassers.
Die Investitionsförderung des TMUEN setzt an dieser Stelle an. Ziel ist es, flächendeckend eine gleichmäßig hohe Trinkwasserqualität zu gewährleisten. Investitionen in den Anschluss kommunaler Netze an die Fernwasserversorgung und in den erstmaligen Anschluss der so genannten Brunnendörfer an eine öffentliche Trinkwasserversorgung sind vorgesehen. Die Errichtung oder Sanierung privater Anlagen wird ebenfalls gefördert, soweit die Trinkwasserversorgung nicht durch kommunale Aufgabenträger erfolgt. Zukünftig wird die langfristig gesicherte Bereitstellung von sauberem Trinkwasser mit Blick auf den Klimawandels eine große Herausforderung für die Wasserwirtschaft darstellen. Dem entsprechend werden Mittel durch eine neue Förderrichtlinie des Landes bereitgestellt.
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Mehr Information
- EU-Trinkwasserrichtlinie
- Deutsche Trinkwasserverordnung
Fördermöglichkeiten für private Bauherren sowie kommunale Aufgabenträger der Trinkwasserversorgung
Richtlinie für die Förderung ausgewählter Vorhaben einer privaten beziehungsweise öffentlichen Trinkwasserversorgung sowie von Anlagen zum Erstanschluss an die Fernwasserversorgung im Freistaat Thüringen des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz (Förderrichtlinie Sonderprogramm Trinkwasserinfrastruktur ländlicher Raum).
Ziel dieser Richtlinie ist die Anschlussgraderhöhung an eine dem Stand der Technik entsprechende Trinkwasserversorgung beziehungsweise deren Wiederherstellung zur qualitativen und quantitativen Sicherung der Bereitstellung von Trinkwasser.
Weitere Voraussetzungen zur Förderung, Antragsstellung und Bewilligung sind der entsprechenden Richtlinie zu entnehmen.
Geltungsdauer der Richtlinie: 31.12.2025 (Befristung bis 30.06.2024)
Wasserschutzgebiete
Grundsätzlich ist jegliche Verunreinigung von Grund- oder Oberflächenwasser zu vermeiden. In besonderem Maße gilt dies jedoch, wenn das Grundwasser zu Trinkwasser aufbereitet werden soll oder das Oberflächenwasser einer Trinkwassertalsperre zufließt. Zum Schutz dieses Wassers werden Wasserschutzgebiete ausgewiesen. Über den normalen Gewässerschutz hinaus sind in diesen Gebieten bestimmte Handlungen oder Vorhaben verboten oder nur beschränkt zulässig.
Die Wasserschutzgebiete werden dabei in drei gestaffelte Schutzzonen eingeteilt:
Schutzzone I
Unmittelbar um den Brunnen herum befindet sich die in der Regel eingezäunte Fassungszone (Schutzzone I), in der alle Handlungen verboten sind, die nicht unmittelbar der Wasserversorgung dienen. Dazu gehört bereits das unbefugte Betreten.
Schutzzone II
Es schließt sich die engere Schutzzone (Schutzzone II) an. Sie ist grundsätzlich so bemessen, dass das Grundwasser von ihrer äußeren Grenze bis zum Brunnen eine Fließzeit von 50 Tagen hat. In der engeren Schutzzone gilt eine Reihe von Verboten. Auffällig ist das Verkehrsverbot für Mineralöltankfahrzeuge mit dem Verkehrszeichen 269. Zusätzlich gibt es eine Reihe weiterer Untersagungen. Dies reicht von Erdwärmenutzung über Beschränkungen bei der landwirtschaftlichen Nutzung bis zur Neuanlage von Friedhöfen. Die obere Wasserbehörde legt in einer Rechtsverordnung für jedes Wasserschutzgebiet, je nach geologischen und hydrogeologischen Gegebenheiten, individuelle Schutzmaßnahmen fest.
Schutzzone III
Die weitere Schutzzone (Schutzzone III) umfasst das gesamte Einzugsgebiet der jeweiligen Wasserversorgungsanlage. Auch hier gelten Beschränkungen, die jedoch nicht so weitreichend sind wie in der Schutzzone II. So sind z. B. kleinere Heizölanlagen zulässig.
Ein Standort in der Schutzzone II ist mit Erschwernissen verbunden, die der Grundstückseigentümer im Interesse des Gemeinwohls zu dulden hat. Es ist deshalb Ziel der Wasserbehörden, die Gebiete mit diesen Erschwernissen nur soweit auszuweisen, wie es zum Schutz des Trinkwassers erforderlich ist. In der Vergangenheit wurden deshalb neben wenigen Neuausweisungen vor allem nicht mehr benötigte Schutzgebiete durch Rechtsverordnung aufgehoben.
Weitere Informationen zu Wasserschutzgebieten finden Sie auf den Seiten des Thüringer Landesamts für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) unter folgendem Link:
https://tlubn.thueringen.de/wasser/wsg-hqsg
Neben Karten findet man dort nun teilweise auch Verordnungstexte (siehe Beispiel für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt):
https://tlubn.thueringen.de/wasser/wsg-hqsg/karte-wsg-hqsg/slf
Benchmarking in der Wasserversorgung des Freistaates Thüringen
Benchmarking wird definiert als Vergleich von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen in Unternehmen.
Benchmarking in der Wasserversorgung ist aber nicht die Gegenüberstellung von Trinkwasserpreisen verschiedener Bundesländer. In oberflächlichen Untersuchungen belegt Thüringen dabei immer hintere Plätze. Professionelles Benchmarking ist mehr als ein Preisvergleich im Landesdurchschnitt oder unter gleich großen Städten. Es ist eine Untersuchung der Effizienz eines Versorgungsunternehmens durch Vergleich mit anderen Unternehmen. Voraussetzung ist, dass die zu untersuchenden Prozesse tatsächlich vergleichbar sind und dass die einzelnen Parameter in der Gesamtbetrachtung entsprechend gewichtet werden. Ziel ist die Optimierung einzelner Prozesse in einem Unternehmen. Am Ende lässt sich daraus aber auch eine Aussage ableiten, wie gerechtfertigt der Preis für das Produkt Trinkwasser ist.
Es ließen sich bestimmt hundert Parameter finden, die auf die Kostenstruktur des Wasserversorgungsunternehmens und damit auf den Trinkwasserpreis Einfluss haben. In der gezielten Einflussnahme auf solche Parameter beweist sich das erfolgreiche technische und kaufmännische Handeln des Unternehmens. Beispielhaft seien als Denkanstoß folgende Parameter in Frageform genannt:
- Wie sind die topografischen Verhältnisse des Versorgungsgebietes? Handelt es sich um eine Ebene im Thüringer Becken oder eine Mittelgebirgsregion mit großen Höhenunterschieden? Muss das Rohwasser aus großer Tiefe gefördert werden oder läuft es „vom Berg“ aus zu?
- Hat das Rohwasser bereits Trinkwasserqualität oder muss es aufwendig aufbereitet werden? Wie wird es aufbereitet? Gibt es überhaupt nutzbare örtliche Wasservorkommen oder muss das Wasser von einem Vorlieferer bezogen werden?
- Müssen Nachteile von Landwirten im Trinkwasserschutzgebiet ausgeglichen werden?
- Wie ist die Siedlungsdichte? Wie viele Kunden entnehmen Wasser aus einem Kilometer Wasserleitung?
- Wie hoch sind die relativen Wasserverluste? Wie alt ist das Netz, wie hoch die Erneuerungsrate?
- Wie viel Vorsorge zur Havariesicherheit wird betrieben? Wie hoch ist der Vernetzungsgrad der Leitungen? Wie viele Absperrarmaturen werden betrieben?
- Zu welchen Bedingungen wurden vergangene Investitionen kreditiert? Stehen Fördermittel zur Verfügung? Zu welchen Konzessionen sind Energie und Kraftstoffe in der Region verfügbar?
- Arbeitet das Unternehmen mit Fachkräften, bildet es aus oder setzt es auf Leiharbeit?
Zur Gegenüberstellung der Effizienz von Wasserversorgungsunternehmen ermittelte die International Water Association (IWA) brancheninterne und international anerkannte Kennzahlen, die eine Vergleichbarkeit der Unternehmen ermöglichen. Eine Projektgruppe der Fachhochschule Schmalkalden und der interdisziplinär arbeitenden Agentur Rödl & Partner führte zwischen 2003 und 2008 anhand dieser Kennzahlen zwei Benchmarkingprojekte mit Thüringer Wasserversorgungsunternehmen durch. Unter Wahrung der Anonymität betrieblicher Daten wirkten am letzten Projekt 16 Teilnehmer mit, davon 12 Teilnehmer zum zweiten Mal. Die Projektgruppe fasste die wesentlichen Ergebnisse aus zwei abgeschlossenen Projektrunden wie folgt zusammen:
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Die Gesamtkosten bezogen auf die Netzabgabe gemessen in Kubikmeter liegen im bundesweiten Vergleich auf überdurchschnittlich hohem Niveau und sind im Zeitverlauf 2003 bis 2006 von 2,52 Euro auf 2,70 Euro pro Kubikmeter bzw. um jährlich 2,3 Prozent gestiegen. Der Kostenanstieg betrifft sowohl den Bereich der Kapitalkosten als auch die laufenden Kosten.
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Unter Berücksichtigung des spezifischen Wasserverbrauches und der durchschnittlichen Kosten pro Kubikmeter liegt die finanzielle Belastung des Endkunden pro Kopf und Jahr bei ca. 88 Euro und damit nur unwesentlich über den Durchschnittswerten in Baden-Württemberg, Bayern und Nordrheinwestfalen.
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Im Schnitt verbraucht jeder Thüringer Bürger ca. 90 Liter Wasser pro Tag. Der bundesweite Vergleichswert liegt bei 127 Liter pro Tag. Die Netzabgabe der betrachteten Unternehmen ist im Durchschnitt um etwa 3 Prozent im Vergleich der Jahre 2003 bis 2006 gesunken. Dies kann als eine der wesentlichen Ursachen für die vergleichsweise hohen Kostenkennzahlen gesehen werden.
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Im Zeitreihenvergleich der Personalkennzahlen ist ein rückläufiger Trend festzustellen. Insgesamt liegen die Ergebnisse noch immer über den bundesweiten Mittelwerten. Im Gegenzug dazu liegen allerdings die durchschnittlichen Personalkosten pro Mitarbeiter nach wie vor deutlich unterhalb der bundesweiten Vergleichswerte.
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Die hohe Versorgungssicherheit zeigt sich sowohl in einer konstant hohen durchschnittlichen Behälterkapazität sowie anhand der Tatsache, dass bei den teilnehmenden Unternehmen nahezu keine Versorgungsunterbrechungen von mehr als 12 Stunden auftraten, von der zumindest ein Prozent der versorgten Bevölkerung betroffen war.
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Bedingt durch den allgemeinen Zustand der Netzinfrastruktur sind sowohl die technischen (gemessen in Kubikmeter pro Kilometer Leitungsnetz und pro Stunde) als auch die kaufmännischen Wasserverluste (prozentualer Anteil der nicht verkauften Wassermenge) als hohe Verlustraten einzustufen. Die deutlich rückläufige Entwicklung dieser Kennzahlenwerte im Zeitverlauf zeigt allerdings, dass die ergriffenen Maßnahmen der Wasserversorgungsunternehmen zur Leitungserneuerung positive Wirkung entfalten.
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Die Netzerneuerungsrate des Jahres 2006 liegt deutlich über der des Jahres 2003. Mit einem Wert von 1,8 Prozent erreichen die thüringischen Wasserversorger einen bundesweiten Spitzenwert. Unter Berücksichtigung des Netzzustandes und der Wasserverluste erscheint dieser Wert sinnvoll und unter nachhaltigen Aspekten notwendig. Anhand der deutlich rückläufigen Schadensraten lässt sich zudem die Wirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen nachweisen.
Fernwasserversorgung
Technische Wasserversorgungssysteme als Zivilisationsmerkmal sind in Thüringen seit über 1000 Jahren bekannt und teilweise bis heute überliefert und betriebsbereit. Die ersten leitungsgebundenen Wasserversorgungssysteme dienten der Versorgung von Klöstern und Burgen. Das Quellwasserwerk Peterborn in Erfurt mit seiner 3 km langen Bleileitung aus dem Jahre 1136 gilt als älteste erhaltene Anlage nichtrömischen Ursprungs.
Später wurden größere Distanzen durch die Anlage von Grabensystemen überwunden, die Trink- und Löschwasser aus niederschlagsreichen in niederschlagsarme Regionen transportierten. Als Beispiel dafür kann der Leinakanal im Kreis Gotha dienen, der seit 1369 als ein 28,6 km langes künstliches Gewässer die Stadt Gotha versorgt.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden durch Industrialisierung, Bevölkerungszuwachs in den Städten und hygienische Anforderungen neue Versorgungsstrategien erforderlich. Öffentliche Schöpfstellen oder individuelle Hausbrunnen reichten nach Quantität und Qualität nicht mehr aus und es entstanden die ersten städtischen Wasserleitungsnetze. In Weimar etwa wurde 1883 das öffentliche Trinkwassernetz in Betrieb genommen.
Aber schon zuvor, im Jahre 1803, führte der steigende Bedarf zu ersten Überlegungen, Fernwasser nach Erfurt heranzuführen. Für Erfurt wurden 1874 eine Grundwasseranreicherung bei Wechmar, ein Wasserwerk und eine 21 km lange Leitung realisiert.
Der weiter steigende Bedarf in anderen Thüringer Städten auf 45 bis 60 Liter pro Einwohner und Tag führte vor der Wende zum 20. Jahrhundert zu Überlegungen zum Talsperrenbau. 1905 und 1906 gingen die Talsperren Nordhausen und Gotha in Betrieb und versorgten mit 15 bzw. 30 km langen Fernleitungen jeweils ca. 30.000 Einwohner.
Die wesentlichen Anlagen zur Fernwasserversorgung wurden aber nach 1950 errichtet. Die Trinkwassertalsperren, die gleichzeitig auch dem Hochwasserschutz dienen, befinden sich alle im niederschlagsreichen Mittelgebirgsraum.
Von 1960 bis heute entstanden drei technisch nicht verbundene große Fernwassersysteme, die den mitte/nördlichen, den östlichen und den südlichen Thüringer Raum versorgen.
Von wesentlicher struktureller Bedeutung für die Thüringer Wasserversorgung war die so genannte „Fernwasserfusion“ zum 01.01.2003 unter Moderation des TMLFUN. Der Fernwasserzweckverband Nord- und Ostthüringen trat der Thüringer Talsperrenverwaltung bei. Die neu entstandene Anstalt des öffentlichen Rechts trägt seither den Namen Thüringer Fernwasserversorgung (TFW). Durch Synergie-Effekte ist ein leistungsstarkes Unternehmen entstanden, dessen reduzierter Fernwasserpreis eine deutliche Entlastung der regionalen Aufgabenträger gegenüber der vorherigen Situation im Interesse der Kunden ermöglicht.
Die Fernwassernetze und die zugehörigen Aufbereitungsanlagen werden seitdem von zwei Fernwasserunternehmen betrieben - dem Fernwasserzweckverband (FWZ) Südthüringen und der Thüringer Fernwasserversorgung (TFW).
Beide Fernwasserunternehmen sind dabei nur Vorlieferanten der örtlichen Wasserversorger. Mit Fernwasser werden in Thüringen ca. 1,2 Millionen Einwohner (Stand Juli 2009) ganz oder teilweise versorgt. Die mit dem Klimawandel möglicherweise einhergehenden Veränderungen der Grundwasserneubildung machen langfristig strategische Überlegungen zur Heranführung von Fernwasser auch in bisher nicht erschlossene Gebiete erforderlich.
Derzeit (2009) befindet sich das Fernwassersystem Ostthüringen in Umstrukturierung. Bedingt durch in dieser Größenordnung nicht vorhersehbaren Bedarfsrückgang und der nicht befriedigenden Rohwasserqualität des Talsperrensystems Weida/Zeulenroda/Lössau ist vorgesehen, diese Trinkwassertalsperren künftig anders zu nutzen und die Fernwasserversorgung Ostthüringens vollständig aus der Talsperre Leibis/Lichte und dem Wasserwerk Zeigerheim sicherzustellen.
Notfallvorsorge
Havarie, Notfall, Krisensituation, Katastrophe – eine Folge für den Verbraucher kann die Unterbrechung der öffentlichen Wasserversorgung sein. Dank der guten Vorbereitung, welche alle Verantwortlichen immer wieder in Theorie und Praxis üben, ist die stabile öffentliche Wasserversorgung in Thüringen auch auf Behinderungen gut vorbereitet. Wer aber ist zuständig, wenn es doch zu einer Störung kommt?
Havarien sind neben den planmäßigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten die häufigste Ursache für Lieferunterbrechungen. Es handelt sich dabei um Störungen in den Anlagen des Wasserversorgungsunternehmens, die in aller Regel kurzfristig erkannt und behoben werden. In den einzelnen Versorgungsgebieten betreiben die Wasserversorger für solche Fälle eine Bevorratung, die über mehrere Stunden, oft bis zu einem vollen Tag, die Versorgung gewährleistet. Kontrollen, vorbeugende Maßnahmen und der alltägliche Umgang mit den Anlagen versetzen die Unternehmen in die Lage, Havarien in aller Regel schnell und oft von der Mehrheit der Kunden unbemerkt, in den Griff zu bekommen.
Ein Notstand ist ein Großschadensereignis, z.B. infolge eines Unglücksfalls, welches nicht mehr allein vom Wasserversorger beherrschbar ist. Auch naturbedingte Ursachen, wie z.B. lange anhaltende Trockenheit oder Überschwemmung (Naturkatastrophen), können zu Notfallsituationen führen. Die Komplexität der Störung macht es erforderlich, dass mehrere unterschiedliche Einrichtungen über einige Tage mit der Wiederherstellung des Normalzustandes befasst sind und koordiniert werden müssen. Aber auch die Vorbereitung auf derartige Lagen muss interdisziplinär erfolgen. Zuständig dafür sind auf der Grundlage des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes die Landkreise und kreisfreien Städte, welche dann auch die Landesbehörden einbeziehen. Beispielsweise sind in den Hochwassernachrichtendienst (Land) die Wasserversorger einbezogen (Kommune).
Krisensituationen waren in der Vergangenheit fast ausschließlich auf den Verteidigungsfall bezogen. Daraus resultiert die Zuständigkeit des Bundes. Die Bedrohungslage hat sich allerdings in den vergangenen 20 Jahren verschoben. In Europa gehen Bedrohungen eher von terroristischen Angriffen oder Naturkatastrophen als von kriegerischen Auseinandersetzungen aus. Die Verantwortung für den Schutz von kritischer Infrastruktur im Krisenfall wird daher vom Bund und immer mehr gemeinsam mit den Ländern wahrgenommen. Federführende Behörde ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).
In Krisensituationen kann es dazu kommen, dass eine leitungsgebundene Wasserversorgung mitunter über Wochen nicht mehr möglich ist. Auf der Grundlage des Wassersicherstellungsgesetzes von 1965 werden deshalb vom Bund finanziert und von den Kommunen geplant insbesondere in Ballungsräumen Notwasserbrunnen unterhalten. Auskunft dazu erteilt ein Faltblatt des BBK, welches auf den Internetseiten des Bundesamtes abrufbar ist.