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Förderung von Kleinkläranlagen in Thüringen

Saubere Gewässer und faire Kostenverteilung

In Thüringen verfügen heute nur etwa 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger über eine den rechtlichen Vorgaben genügende Abwasserentsorgung. Zum Vergleich: Bundesweit beträgt der Anschlussgrad an zentrale Abwasserentsorgungsanlagen mehr als 90 Prozent.

Kleinkläranlage
Kleinkläranlagen sind Anlagen zur Behandlung häuslichen Abwassers, die für einen täglichen Abwasseranfall von nicht mehr als acht Kubikmeter und 50 Einwohnerwerte bemessen sind. Foto: 123RF.com

Damit wird das Abwasser von rund 430.000 Bürgerinnen und Bürgern immer noch nach unzureichender Behandlung in veralteten Kleinkläranlagen in unsere Gewässer eingeleitet. Neben dem weiteren Ausbau der kommunalen Abwasserbeseitigung in den nächsten Jahren werden auch künftig weiterhin Kleinkläranlagen an den Stand der Technik anzupassen sein.

Richtlinie zur Förderung von Kleinkläranlagen im Freistaat Thüringen

Ziel dieser Richtlinie ist, zum Schutz der Gewässer und zur Umsetzung des § 57 WHG den Anteil der dem Stand der Technik entsprechenden Kleinkläranlagen zu erhöhen und somit die Abwasserreinigung durch Kleinkläranlagen zu verbessern.

  • Dem Stand der Technik entsprechende Kleinkläranlagen.

    • Ersatzneubau oder Nachrüstung von Kleinkläranlagen für ein oder mehrere Grundstücke, die dauerhaft nicht an einen kommunalen Kanal oder eine kommunale Abwasserbehandlungsanlage angeschlossen werden.
    • Neubau von Kleinkläranlagen im Rahmen der kommunalen Abwasserbeseitigung.
    • Bau von Schmutzwasserkanälen ab den Grundstücksgrenzen im öffentlichen Raum bei der Errichtung von Gruppenkleinkläranlagen (Kleinkläranlage für mehrere Grundstücke).
    • Bauherren (Grundstückseigentümer oder Erbbauberechtigte) von Kleinkläranlagen, soweit diese Kleinkläranlagen nicht Bestandteil der öffenlichen Abwasseranlage sind
    • kommunale Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung für öffentliche Kleinkläranlagen (z. B. als Gruppenlösungen) und für Beratungs- und Organisationsleistungen
    • Zuschuss

    Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Form einer Projektförderung als Festbetragsfinanzierung gewährt. Zuschuss in Höhe von:

    • 2.500 EUR für 4 EW + 250 EUR je weiterem EW für Ersatzneubau
    • 1.250 EUR für 4 EW + 125 EUR je weiterem EW für Nachrüstung
    • 500 EUR für 4 EW + 75 EUR je weiterem EW bei weitergehenden Reinigungsanforderungen zusätzlich
    • 250,00 EUR je lfd. m Schmutzwasserkanal im öffentlichen Raum von den Grundstücksgrenzen bis zur Kleinkläranlage bei Gruppenkleinkläranlagen zusätzlich
    • bei Errichtung Gruppenkleinkläranlagen im Rahmen der kommunalen Abwasserbeseitigung Erhöhung des Zuschusses für die Gruppenkleinkläranlagen um 10 %

Download: Formulare & Anträge

Abwasserentsorgung in Thüringen: Fragen & Antworten

Einsatz von Kleinkläranlagen

  • Die Abwasserentsorgung gehört nach § 2 Absatz 2 der Thüringer Kommunalordnung zu den Aufgaben des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden.  Die Gemeinden entscheiden daher im Rahmen des ihnen zustehenden kommunalen Selbstverwaltungsrechts über die Ausgestaltung der öffentlichen Abwasser-entsorgungseinrichtung unter Einhaltung der gesetzlichen Regelungen im eigenen Ermessen und unterliegen dabei nach § 117 Abs. 1 Thüringer Kommunalordnung allein der Rechtsaufsicht, die sich darauf beschränkt, die Erfüllung der gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit im staatlichen Interesse zu überwachen. Eine Fachaufsicht des Landes über die kommunalen Abwasserbeseitigungspflichtigen gibt es folglich nicht.

  • Das Oberverwaltungsgericht in Weimar hat dazu folgendes erklärt: „Der Einrichtungsträger bestimmt durch sein Planungskonzept, wie er die öffentliche Einrichtung aus-gestalten will und welche Vorteile den jeweiligen Grundstücken durch die Möglichkeit der Inanspruch-nahme der Entwässerungseinrichtung geboten werden sollen. Dieses Organisationsermessen kommt dem kommunalen Aufgabenträger auch bei der Entscheidung über technische Detaillösungen zu. Ob er bei der Planung und Herstellung der Kanalisation in jeder Hinsicht die zweckmäßigste und kostengünstigste Lösung gewählt hat, steht nicht zur Entscheidung des Gerichts.

    Der Aufgabenträger hat bei der Ausgestaltung einer Abwasseranlage eine Vielzahl objektiver Gegebenheiten wie Bodenverhältnisse, Topografie, Straßen- und Leitungsverläufe, aber auch ein Geflecht teilweise widerstreitender öffentlicher und privater Interessen zu berücksichtigen. Diesen vielfältigen Interessen kann er nur gerecht werden, wenn es ihm überlassen bleibt, wo und wie er seine Kanalisation baut. Ihm kommt mithin ein als Planungsermessen bezeichneter Gestaltungsspielraum zu. Seine Grenzen findet dieser Gestaltungs-spielraum erst dann, wenn der Aufgabenträger ihn ohne sachlichen Grund, d. h. willkürlich zu Lasten der Anschlusspflichtigen ausgenutzt hat.

    Die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft hat es daher auch in der Hand zu bestimmen, ob sie die Grundstückseigentümer im Freispiegelkanalsystem entwässert oder ob sie aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen eine Druckentwässerung oder Unterdruck-entwässerung für vorzugswürdig hält. Sie ist insbesondere nicht gehindert, bei der Entscheidung über das Entwässerungssystem vorrangig die aus ihrer Sicht kostengünstigste Lösung zu wählen und das gegenläufige Kosteninteresse der Eigentümer der daran angrenzenden Grundstücke zurückzustellen.“ (Urteil 4 KO 823/14 vom 30.11. 2017)

  • Unter anderem enthält der § 47 Absatz 3 des Thüringer Wassergesetzes folgende Vorgaben:

    • Das Abwasser aus Siedlungsgebieten (Ortschaften oder Ortsteile) ist durch Abwasseranlagen des kommunalen Abwasserbeseitigungspflichtigen zu entsorgen, wenn das Siedlungsgebiet mehr als 200 Einwohner umfasst.
    • Abwasser aus Siedlungsgebieten, in denen weniger als 200 Einwohner erfasst sind, ist durch Abwasseranlagen des kommunalen Abwasserbeseitigungspflichtigen zu beseitigen, wenn wasserwirtschaftliche Gründe dies erfordern.
    • Die kommunalen Abwasserbeseitigungspflichtigen haben § 53 Abs. 2 Satz 1 der Thüringer Kommunalordnung (Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) zu beachten.

    Diese Regelung ist das Ergebnis von Abstimmungen zwischen der Landesregierung, Wirtschaftsverbänden, den kommunalen Spitzenverbänden und den Regierungsfraktionen des Thüringer Landtages und stellt insoweit einen Kompromiss dar.

     

  • Eine verpflichtende Vorgabe für eine öffentliche Abwasserentsorgung von Siedlungsgebieten bestimmter Größen gab es vor 2019 im Thüringer Wassergesetz nicht. Die kommunalen Abwasserbeseitigungs-pflichtigen konnten vormals von den Grundstückseigentümern, unabhängig von der Größe des Siedlungs-gebietes, per Satzung eine Vorbehandlung des häuslichen Abwassers verlangen. Diese Möglichkeit besteht heute nicht mehr. Durch die unter Ziffer 1 beschriebene Regelung hat sich die Anzahl der Grundstückseigentümer, für die Kleinkläranlagen als Dauerlösung in Betracht kommen, deutlich reduziert.

  • Wenn ein Siedlungsgebiet weniger als 200 Einwohner hat, diese Grenze auch nach der Prognose des Thüringer Landesamtes für Statistik für die Bevölkerungsentwicklung bis 2035 nicht überschritten wird und wenn keine wasserwirtschaftlichen Gründe vorliegen, kann der kommunale Abwasserbeseitigungs-pflichtige auf der Basis einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung selbstständig entscheiden, mit welchen Anlagen die Abwasserbeseitigung dauerhaft erfolgen soll. Unter den genannten Voraussetzungen können dies auch Kleinkläranklagen sein. Der kommunale Abwasserbeseitigungspflichtige ist aber nicht daran gehindert, öffentliche Anlagen auch dann errichten, wenn er rechtlich dazu nicht verpflichtet ist.

  • Die Art der technischen Anlagen zur Abwasserentsorgung in jedem einzelnen Siedlungsgebiet legt das Abwasserbeseitigungskonzept des kommunalen Abwasserbeseitigungspflichtigen fest. Es wird von der Gemeinde bzw. vom Zweckverband aufgestellt und vom Gemeinderat bzw. von der Verbandsver-sammlung beschlossen. Mitglieder der Verbandsversammlung sind die Bürgermeister der Mitglieds-gemeinden. Die zuständige untere Wasserbehörde und das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz geben Stellungnahmen zum Abwasserbeseitigungskonzept ab. Nach der Novelle des Thüringer Wassergesetzes von 2019 sind alle Abwasserbeseitigungskonzepte bis zum 30. Juni 2021 zu überarbeiten.

  • Vollbiologische Kleinkläranlagen müssen die Anforderungen des Anhang 1 der Abwasserverordnung erfüllen. Sie sind das Ergebnis langjähriger Forschung, Entwicklung und vielfältiger Eignungsprüfungen. Kleinkläranlagen sind für die Behandlung von häuslichen Abwässern konzipiert. Zum häuslichen Abwasser gehört auch das durch den Gebrauch von Handspülmitteln und Geschirrspültabs erzeugte Abwasser. Bei Einhaltung der Dosierungsempfehlungen der Hersteller dieser Mittel kommt es grundsätzlich nicht zu Störungen der Biologie in Kleinkläranlagen. Solche Anlagen sind grundsätzlich geeignet, auch das Abwasser aus 1- und 2-Personen-Haushalten ordnungsgemäß zu reinigen. Bei Auswahl geeigneter Anlagen sollte der kommunale Abwasserbeseitigungspflichtige die Grundstückseigentümer beraten. Im Einzelfall kann auch eine abflusslose Grube geeignet sein.

  • Kleinkläranlagen können entsprechend der Richtlinie zur Förderung von Kleinkläranlagen im Freistaat Thüringen vom 18. Juli 2018, zuletzt geändert am 30. November 2020 (ThürStAnz. Nr. 50/2020, S. 1752), gefördert werden.

    Für eine Standard-Kleinkläranlage mit einer Größe von bis zu 4 Einwohnerwerten beträgt die Förderung 2.500 Euro, zuzüglich 250 Euro je weiterem Einwohnerwert. Die Festbeträge sind bereits 2018 im Zuge der Fortschreibung des Thüringer Wassergesetzes angehoben worden. Bis dahin betrug der Festbetrag für die Standard-Kleinkläranlage lediglich 1.500 Euro.

    Gefördert werden können auch Gruppen-Kleinkläranlagen für mehrere Grundstücke sowie dazugehörige Leitungen im öffentlichen Raum. Die Förderung ist auch in Form eines Darlehens möglich. Für die Antragstellung wenden sich die Grundstückseigentümer an ihren kommunalen Abwasserbeseitigungs-pflichtigen.

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