Zusammenfassung
Im Einleitungskapitel werden Hintergrund und Problemstellung der Studie vorgestellt sowie das zugrundeliegende Verständnis der zentralen Begriffe ländliche Räume, ländliche Entwicklung, Migration und Integration erläutert. Weiterhin werden die zentrale konzeptionelle Rahmung nach Ager und Strang (2008), deren Erweiterung sowie die multiperspektivische Umsetzung des vielschichtigen Konzepts in die Projektarchitektur erläutert. Ein Überblick über die Struktur des Sammelbands und die einzelnen Kapitel beschließt dieses Kapitel.
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Schlüsselwörter
1 Integration von Geflüchteten in ländlichen Räumen: Stand der Diskussionen
Die steigende Fluchtzuwanderung seit 2014 konfrontierte Kleinstädte und Dörfer in ländlichen Räumen mit Aufgaben der Integration und der Frage, wie gesellschaftliche Teilhabe erreicht werden kann. Diese Aufgaben wurden vielfach als große gesellschaftliche Herausforderungen wahrgenommen, wobei der Umgang mit diesen Herausforderungen variierte. Es gab Reaktionen von kurzfristig orientierter Nothilfe bis hin zu langfristig angelegter Integrationspolitik. Von einigen Kommunen und Landkreisen in ländlichen Regionen wurde die flüchtlingsbedingte Zuwanderung nicht ausschließlich als humanitäre Aufgabe, sondern explizit als Entwicklungschance im Kontext von Abwanderung, Alterung und Fachkräftemangel gesehen.
Die Migrations- und Integrationsforschung in Deutschland war bis 2015 überwiegend auf Großstädte und Metropolregionen ausgerichtet. Seitdem hat sich die Diskussion über spezifisch ländliche Fragen von Migration und Integration intensiviert (s. Deutscher Landkreistag 2016; Mehl 2017; Schammann et al. 2021).
Bei vielen Beiträgen der bisherigen Diskussion fällt allerdings auf, dass
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mitunter undifferenziert die besonderen Vorzüge des ländlichen Raums (im Singular) bei der Integration von Geflüchteten angepriesen werden und daraus pauschal eine Chance für beide, Geflüchtete und ländliche Regionen, im Sinne einer win-win-Konstellation abgeleitet wird;
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gleichermaßen eine Gegenperspektive zu finden ist, die ebenso pauschal besondere Nachteile behauptet, etwa eine per se fehlende Erfahrung mit „dem Anderen“, Misstrauen gegen Fremde aller Art oder in hohem Maße konservative Einstellungen, auch dies mit Bezug auf eine nicht weiter differenzierte Gebietskategorie „ländlicher Raum“;
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dabei nur wenige offenlegen, was sie unter „dem ländlichen Raum“ verstehen und viele Darstellungen ein erkennbar verkürztes und klischeebehaftetes Verständnis von ländlichen Räumen belegen;
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oftmals nur eine Perspektive, zum Beispiel die der Lokalpolitik oder von Ehrenamtlichen, eingenommen wird und kaum Bemühungen gemacht werden, Problemlagen aus verschiedenen Blickwinkel zu betrachten,
und
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häufig die Lebenswelten und Erfahrungen von Geflüchteten ausgeklammert bleiben.
Die Ursache für diese verkürzten Debatten in der Öffentlichkeit könnte darin liegen, dass vielen Beiträgen und Empfehlungen eine hinreichend breite empirische Grundlage fehlt. Vorliegende Arbeiten zu Migration in ländlichen Räumen, wie etwa die der Schader-Stiftung (2011, 2014), sind nicht selten als Forschungs-Praxis-Projekte auf der Grundlage von Interessenbekundungsverfahren entstanden, waren also auf in Integrationsbelangen besonders aktive Kommunen fokussiert. Auch das Forschungs-Praxis-Projekt „Vielfalt in den Zentren von Klein- und Mittelstädten“ des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) war so angelegt und basierte auf Interessenbekundungen der beteiligten neun Städte (Reimann et al. 2018). Durch die Entwicklung der Fluchtzuwanderung seit 2014 entstand indes eine neue Situation: Nahezu alle deutschen Kommunen, auch Kleinstädte und Landgemeinden sowie Bundesländer, in denen der Migrationsanteil bislang stark unterdurchschnittlich war, sahen sich seitdem intensiv mit Flüchtlingshilfe und Integrationsaufgaben konfrontiert.
Vor diesem Hintergrund begann 2018 das Verbundforschungsvorhaben „Zukunft für Geflüchtete in ländlichen Regionen Deutschlands“, das darauf abzielt, die Integration Geflüchteter in ländlichen Regionen in Deutschland empirisch und aus verschiedenen Perspektiven zu untersuchen. Im Mittelpunkt standen die Forschungsfragen, unter welchen Voraussetzungen und wie humanitäres Engagement und ländliche Entwicklung erfolgreich verbunden werden können und wie dies von Politik und Zivilgesellschaft positiv beeinflusst werden kann. Dabei sollten explizit die Perspektive der Geflüchteten und die Vielfalt ländlicher Räume in Deutschland berücksichtigt werden. Weiterhin sollten aus den Projektergebnissen etwaiger politischer Handlungsbedarf abgeleitet und entsprechende Handlungsempfehlungen formuliert werden.Footnote 1 Mit vorliegender Publikation werden zentrale Ergebnisse des Projekts sowie die zugrundeliegenden theoretischen und methodischen Grundlagen in einer gemeinsamen Publikation vorgestellt.Footnote 2
Nachfolgend werden zunächst unser Verständnis zentraler Begrifflichkeiten geklärt sowie das Forschungsdesign und die konzeptionellen Grundlagen des Verbundvorhabens vorgestellt (s. Abschn. 1.2 und 1.3). Anschließend folgt die Erläuterung der Kriterien zur Auswahl der Untersuchungsregionen und -gemeinden in Abschn. 1.4. Das Kapitel endet mit einem verdichteten Überblick zum vorliegenden Sammelband (s. Abschn. 1.5).
2 Integration und ländliche Entwicklung: Begriffsverständnis und integrationsrelevante Spezifika ländlicher Räume
Im vorliegenden Buch wurden Integrationsfragen mit Aspekten zur ländlichen Entwicklung verknüpft. Deshalb erläutern wir hier zunächst unser Verständnis der Begriffe „ländliche Räume“ und „ländliche Entwicklungspolitik“ sowie der Begriffe „Migration“ und „Integration“.
2.1 Begriffsverständnis: ländliche Räume und ländliche Entwicklung
Sowohl in der wissenschaftlichen Diskussion wie auch im Rahmen von staatlichen Förderprogrammen und Planungsdokumenten werden ländliche Räume unterschiedlich definiert und abgegrenzt (s. Küpper 2020; Küpper und Milbert 2020; Weidinger und Kordel 2020). Ursächlich hierfür ist die Vielfalt ländlicher Räume, die eine Begriffsbestimmung, was als Gemeinsamkeit dieses Raumtyps gelten kann und diesen von den anderen Räumen unterscheidet, herausfordernd macht. Anstelle einer dichotomen Raumbetrachtung von „Stadt“ und „Land“ ist es angemessener, von einem Stadt-Land-Kontinuum auszugehen und von ländlichen Räumen im Plural zu sprechen. Als gemeinsames Kennzeichen bei der Bestimmung der Ländlichkeit kann auf siedlungsstrukturelle Aspekte fokussiert werden, die Vielfalt ländlicher Räume ist über zusätzliche Kriterien abzubilden. Wir folgen hier der für Deutschland entwickelten Typologie des Thünen-Instituts für Ländliche Räume, welche im ersten Schritt ländliche Räume von den übrigen Räumen abgrenzt (s. Küpper 2016) und als Kategorien zur Bestimmung der Ländlichkeit einer Region allein siedlungsstrukturelle Indikatoren heranzieht.Footnote 3 Zusätzlich zur Ländlichkeitsdimension wird als zweite Dimension zur Typisierung ländlicher Regionen die sozioökonomische Lage verwendet.Footnote 4 Der Thünen-Ansatz nutzt diese zwei Dimensionen, um neben dem nicht-ländlichen Raum vier Typen ländlicher Räume zu bestimmen. Dabei erlaubt die Kategorie „Ländlichkeit“ die siedlungsstrukturelle Unterscheidung in sehr ländlich und eher ländlich. Die Kategorie „sozioökonomische Lage“ wird differenziert nach guter und weniger guter sozioökonomischer Lage. Entsprechend dieser Typologie ergeben sich vier unterschiedliche Raumtypen ländlicher Räume.
Unter ländlicher Entwicklung können in einem weiten Sinne Aktivitäten politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Akteur*innen verstanden werden, die auf eine Verbesserung der sozioökonomischen Lage der jeweiligen Region abzielen. Ein enges Verständnis der Politik der ländlichen Entwicklung würde dagegen auf die Politiken des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) im Rahmen der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union fokussieren. Für die hier verfolgten Fragestellungen wäre das ELER-Verständnis ländlicher Entwicklungspolitik teilweise für die Verbundprojektbelange nicht relevant (Agrarstruktur- und -umweltpolitik), aber teilweise auch zu eng ausgelegt, da viele Politikbereiche raumrelevant sind.Footnote 5 Wir fokussieren daher innerhalb des breiten Bereichs der ländlichen Entwicklungspolitik (s. Weingarten 2020; Becker et al. 2020) auf den Handlungsbereich Abwanderung und demographischer Wandel und deren Folgen, weil dort direkte Synergien zwischen Migration/Integration und ländlicher Entwicklung verortet werden: Abwanderung und demographischer Wandel in Form einer sinkenden Bevölkerungszahl und einer starken Zunahme des Anteils Älterer werden u. a. als Herausforderung für die soziale Infrastruktur (nicht ausreichende Tragfähigkeit und damit Gefährdung von Nahversorgung und Daseinsvorsorgeeinrichtungen; erhöhter Bedarf im Pflege- und Gesundheitssektor), den Wohnungsmarkt (Leerstände und Wertverfall) und für den Arbeitsmarkt (Fachkräftemangel) thematisiert (s. Knorr 2005; Arens und Krajewski 2020; Krajewski und Steinführer 2020). Weiterhin beinhaltet der demographische Wandel auch die Komponente des „Bunter-Werdens“, die auch als Chance, die eine vielfältiger werdende Gesellschaft bietet, thematisiert wird. Integrationspolitik, die sich als Beitrag zur ländlichen Entwicklung versteht, zielt darauf ab, Bevölkerungsabnahme und Alterung durch Zuwanderung zumindest teilweise zu kompensieren, betont die Chancen einer diverser werdenden Gesellschaft und verfolgt damit eine Strategie des Gegensteuerns zum demographischen Wandel (s. Küpper 2011). Für die vorliegende Studie werden mithin unter ländlicher Entwicklung Aktivitäten politischer und gesellschaftlicher Akteur*innen verstanden, die das Thema Migration und Integration in dem o. g. Sinn rahmen, aber nicht zwangsläufig im Zusammenhang mit der ländlichen Entwicklungspolitik im ELER-Sinne stehen.
2.2 Begriffsverständnis: Migration und Integration
Auch die anderen beiden zentralen Begriffe in unserem Projekt, nämlich die Integration von Geflüchteten bzw. Migration, bedürfen einer genaueren Definition, basierend auf dem aktuellen wissenschaftlichen und politischen Diskurs.
Migration wird üblicherweise als räumliche Bewegung definiert, mit der ein Wohnsitzwechsel verbunden ist (Glorius 2018). Dieser erfordert eine Neuorientierung der Migrant*innen hinsichtlich ihres sozialräumlichen Umfeldes. Manche Migrationstypologien klammern Fluchtmigration aufgrund ihres Zwangscharakters aus und unterscheiden im Wesentlichen nach Motiven für freiwillige Migration, wie etwa Arbeit, Bildung, oder Familienzusammenführung (Glorius 2018). In der jüngeren Migrationsforschung hat sich jedoch die Erkenntnis durchgesetzt, dass Migrationsentscheidungen überwiegend aus mehreren Motiven erfolgen, sodass sich die einzelnen Typen kaum trennscharf definieren lassen. Ein auch politisch und planerisch relevantes Unterscheidungskriterium für Migrant*innen ist ihre rechtliche Stellung, die durch den Aufenthaltstitel definiert wird. Daraus ergeben sich wichtige Differenzierungen hinsichtlich der Teilhabe am Arbeitsmarkt, der politischen Partizipation und der Zugriffsmöglichkeiten auf wohlfahrtsstaatliche Angebote (BAMF 2021). Dies ist insbesondere für geflüchtete Menschen relevant, deren Entfaltungsmöglichkeiten je nach Stand und Ergebnis des Asylverfahrens differieren. Während Geflüchtete mit einem Flüchtlingsstatus oder der Erteilung politischen Asyls einen sicheren (wenn auch zeitlich zunächst befristeten) Aufenthaltstitel und vollen Zugang zu Arbeitsmarkt und Integrationsangeboten haben, trifft das auf Personen, die sich noch im Asylverfahren befinden oder denen lediglich eine Duldung ausgesprochen wurde, nicht zu. Um die Betrachtung von Ankommens- und Integrationsverläufen nicht einseitig auf den jeweiligen Status zu beziehen, sondern die geflüchteten Menschen aus der Perspektive der Migrations- und Integrationsforschung zu sehen und die relevanten konzeptionellen Ansätze entsprechend anzuwenden, nutzen wir in vorliegender Publikation den statusneutralen Begriff der „Geflüchteten“.
Integration ist nicht nur in seiner Bedeutung umstritten, sondern wird von zahlreichen Aktivist*innen und Migrationsforschenden ganz grundsätzlich abgelehnt. Sie erkennen in seiner Verwendung die sprachlich fixierte Maxime, dass sich Migrant*innen einer „Aufnahmegesellschaft“ anzupassen hätten. Aus diesem Grund präferieren sie Termini wie „Teilhabe“, „Inklusion“, „Partizipation“ oder „Zusammenhalt“. In den Sozialwissenschaften ist der Integrationsbegriff jedoch nicht unbedingt normativ belegt und auch nicht zwingend mit Migration verbunden. Integration meint vielmehr ganz allgemein einen permanenten Prozess zur Herstellung von Zusammenhalt einer Gesellschaft. Bereits aus einer solchen Basisdefinition lassen sich zwei wichtige Schlussfolgerungen ableiten: Erstens ist Integration kein Zustand, sondern ein Prozess. Dies bedeutet auch: Aussagen zum „Stand der Integration“ sind Momentaufnahmen, das Ringen um Zusammenhalt ist dauerhaft. Zweitens betrifft Integration niemals nur einzelne Personen, wie beispielsweise Migrant*innen, sondern beschreibt Prozesse, in die die gesamte Gesellschaft involviert ist. Es geht also um einen gesamtgesellschaftlich verantworteten Prozess zur Herstellung von individueller Teilhabe (social inclusion) und sozialem Zusammenhalt (social cohesion, s. Schammann und Gluns 2021, S. 24). Schwerpunkt dieses Bandes ist die individuelle Teilhabe Geflüchteter, operationalisiert über das Integrationsmodell nach Ager und Strang (2008; s. Abschn. 1.2.3). Besonders bei der Betrachtung der Einstellung der Aufnahmegesellschaft wird aber auch die Dimension des Zusammenhalts bedeutsam.
2.3 Analyserahmen und integrationsrelevante Spezifika ländlicher Räume
Den Analyserahmen der vorliegenden Studie bildet das Integrationsmodell von Ager und Strang (2008). Es zeigt, dass Integration verschiedene Bereiche des Lebensalltags adressiert, die gleichzeitig miteinander interagieren. Der Zugang zu Arbeit, Gesundheitsleistungen, Bildung oder Wohnraum sind zentrale Felder für Integration. Dieser wird zum einen durch rechtliche Rahmenbedingungen und zum anderen durch soziale Verbindungen zwischen Geflüchteten und der Lokalbevölkerung sowie zur eigenen ethnischen, kulturellen oder religiösen Gemeinschaften erzielt oder behindert. Soziale Interaktionen wiederum werden durch die Aneignung von Sprache, lokalem und kulturellem Wissen sowie Geborgenheit und Sicherheitsaspekten unterstützt. In Ergänzung zum Integrationsmodell von Ager und Strang zeigen andere Studien (Bose 2014; Rösch et al. 2020; Scheible und Schneider 2020), dass insbesondere räumliche Mobilität in ländlichen Räumen für die Erreichbarkeit von Orten, die im Lebensalltag von Geflüchteten bedeutsam sind (z. B. Sprachkurs, Jobcenter, Gebetsstätten), wichtig für Integration vor Ort ist. Um dieses Spezifikum ländlicher Räume abzubilden, wurde das Integrationsmodell um den Aspekt räumliche Mobilität ergänzt (s. Abb. 1.1).
Ausgehend vom Integrationsmodell nach Ager und Strang ergeben sich spezifische Herausforderungen, aber auch Chancen für Integration in ländlichen Räumen. Auf den besonderen Ausgangsbedingungen liegt ein besonderes Augenmerk unserer Analyse.
Als besondere Bedingungen für Integration in ländlichen Räumen wurden herausgearbeitet:
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Ländliche Siedlungsstruktur: Die ländliche Siedlungsstruktur bringt weite Entfernungen und das Problem, diese bewältigen zu müssen, mit sich. Daher ist der Bereich der Alltagsmobilität von besonderer Relevanz, insbesondere für den Zugang zu Infrastrukturen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Arbeitsmarkt sowie für Angebote der Grundversorgung und Daseinsvorsorge.
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Spezifika des ländlichen Wohnungsmarktes: Wohnungsleerstand in schrumpfenden und peripher gelegenen ländlichen Kommunen kann den Zugang zu verfügbarem Wohnraum erleichtern. Demgegenüber lässt der hohe Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern als strukturelles Merkmal von Ländlichkeit auf einen Wohnungsmarkt schließen, der stärker auf Eigentümer*innen als auf Mieter*innen ausgerichtet ist.
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Weniger Anknüpfungspunkte zu eigener ethnischer, religiöser oder kultureller Gruppe: Geringer Migrantenanteil an der Bevölkerung verringert die Chancen auf Bindungen mit eigener ethnischer Gruppe, die das Ankommen und die Orientierung erleichtern.
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Administrative Ressourcen sind begrenzt: Landgemeinden und Kleinstädte verfügen über geringere finanzielle und personelle administrative Ressourcen als Gebietskörperschaften mit höheren Einwohnerzahlen. Viele Dörfer haben ihre politische und administrative Eigenständigkeit durch eine Zentralisierung kommunaler Zuständigkeiten ganz eingebüßt, sind Ortsteile von Flächengemeinden geworden und auf „die Funktion von Wohndörfern am Rande flächenmäßig wachsender Klein- und Mittelstädte“ (Steinführer 2018, S. 71) reduziert worden. Wesentliche Zuständigkeiten für integrationsrelevante Politikfelder liegen beim Landkreis.
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Kurze Wege im Sozialen: Insbesondere in ländlichen Räumen sind die Zugänge zu Verwaltung und Entscheidungsträgern mit geringen Hürden verbunden und ein hohes Maß an bürgerschaftlichen Engagement vorhanden. Jedoch gibt es in manchen Regionen geringere Erfahrungen mit Zuwanderung und einer vielfältiger werdenden Gesellschaft.
3 Multiperspektivisches Forschungsdesign und Projektarchitektur
Basierend auf dem vielschichtigen Verständnis von Integration nach Ager und Strang wählten die Autor*innen konsequent einen multiperspektivischen Ansatz als Forschungsdesign, der im Hinblick auf die untersuchten Personengruppen, die regionale wie inhaltliche Fokussierung, die verschiedenen theoretisch-konzeptionellen und methodischen Zugänge sowie der disziplinären Ausrichtung der Forschungsarbeiten ausdifferenziert (s. Abb. 1.2). Dieser multiperspektivische Ansatz greift die vielfältigen Verflechtungen und komplexen Interaktionen der Migrations- und Integrationsforschung mit anderen Bereichen auf und gestattet einen vielschichtigen Blick auf Integrationsaktivitäten in ländlichen Räumen.
Das methodische Vorgehen entspricht der in erster Linie empirischen Ausrichtung des Projekts und umfasst unterschiedliche Erhebungsinstrumente wie persönliche und telefonische Interviews, teils verschränkt mit visuellen Elementen der Datenerhebung, Fokusgruppengespräche, eine standardisierte Bevölkerungsbefragung sowie statistische Auswertungen von Sekundärdaten und Erreichbarkeitsanalysen. Damit flossen in die Studie eine Vielzahl selbst erhobener qualitativer und quantitativer Daten sowie quantitative Daten der Statistik ein. Insgesamt wurden Interviews mit 192 Geflüchteten, 153 Personen aus Politik, Verwaltung und Wohlfahrtsverbänden zur „Integrations-/Migrationspolitik“ sowie 81 Akteur*innen der Zivil- und Aufnahmegesellschaft geführt. Ferner wurden zehn Fokusgruppendiskussionen mit Geflüchteten und sieben regionale Validierungs-Workshops organisiert und gestaltet (s. Tab. 1.1). Für die Bevölkerungsbefragung wurden 4000 Personen in 40 ländlichen Gemeinden der Untersuchungslandkreise angeschrieben, die Rücklaufquote lag bei 23 % (n = 904). Die sekundär-statistischen Auswertungen erfolgten für 20 Indikatoren in acht integrationsrelevanten Dimensionen (z. B. Arbeitsmarkt, Bildung, Gesundheit, Wohnraum, Demographie), außerdem wurden Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) sowie ein Korpus an lokalen Pressetexten analysiert. Grundlage für diese multiperspektive Ausrichtung waren die multidisziplinären Kenntnisse und das Erfahrungswissen der beteiligten Wissenschaftler*innen aus sieben Wissenschaftsdisziplinen.
Das gewählte Forschungsdesign ermöglicht eine breite und valide empirische Datenbasis zur Beantwortung der Forschungsfragen, erfordert aber zugleich eine stark integrierte Projektorganisation, die die notwendige Arbeitsteilung mit einer Verschränkung der verschiedenen Perspektiven und regionalen empirischen Erhebungen vereinbar macht. Für die Umsetzung wurden vier Dimensionen – Integrationspotenziale ländlicher Räume, Perspektive Geflüchteter, lokale Integrationspolitik und Rolle der Aufnahmegesellschaft – gewählt sowie ein breit angelegter regionaler Zugang in acht ländlichen Untersuchungslandkreisen in vier Bundesländern (s. Abschn. 1.4) vereinbart. Dabei wurde festgelegt, dass jeder Partner eine der vier Dimensionen sowie die empirischen Arbeiten in einem Bundesland (s. Abb. 1.3) verantwortet. Für die jeweiligen Dimensionen wurde durch die Partner der konzeptionell-theoretische Zugang entsprechend der Fragestellungen und disziplinären Verortung gewählt (z. B. Agency, ISDA-Framework, Rezeptivität). Die regionale Verantwortung für die Landkreise in Niedersachsen lag beim Thünen-Institut, für die Landkreise in Hessen bei der Universität Hildesheim, für die Landkreise in Bayern bei der Friedrich Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und für die Landkreise in Sachsen bei der Technischen Universität Chemnitz. Sie beinhaltete die empirische Datenerhebung für alle vier thematischen Dimensionen in einem Bundesland.
Die enge Verschränkung der inhaltlichen disziplinären und disziplinübergreifenden Datenerhebungen in den Untersuchungslandkreisen erfordert einen engen Austausch, eine intensive Zusammenarbeit sowie einen kontinuierlichen strukturierten Dialog. Daher wurden verschiedene Elemente der Qualitätssicherung im Verlauf der Studie etabliert, die co-learning unter den Beteiligten förderte (z. B. Knowledge-Transfer-Workshops, regionale Validierungs-Workshops sowie Feedback-Schleifen mit den Regionalverantwortlichen).
Basierend auf dieser Architektur der Studie und den vielfältigen empirischen Datenerhebungen wurden drei Schlüsselkategorien entwickelt, die die übergreifenden Ergebnisse der Studie synthetisieren (s. Abschn. 1.5).
4 Auswahl der Untersuchungsregionen
Zentraler räumlicher Fokus der Untersuchungen waren ländliche Landkreise – und innerhalb dieser Landkreise insbesondere auch kleinere Gemeinden und Kleinstädte. Dabei wurden jeweils zwei Landkreise in den Bundesländern Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen empirisch untersucht. Mit der Auswahl dieser vier Bundesländer wird eine ausgewogene Varianz angestrebt. Zum einen soll die Vielfalt der Flüchtlingspolitik im deutschen Föderalismus erfasst werden, ohne forschungspraktische Aspekte wie beispielsweise die Erreichbarkeit der Gesprächspartner*innen in den Untersuchungslandkreisen oder den erheblichen Mehraufwand, den eine größere Anzahl untersuchter Bundesländer verursachen würde, unberücksichtigt zu lassen. Zum anderen sollen Varianzen bezüglich der geografischen Verteilung, der formalen Zuständigkeiten (Landkreis/Kommune vs. Regierungsbezirk), der fakultativen Umsetzung von Bundesgesetzen wie der Wohnsitzauflage sowie Unterschiede im Hinblick auf gesellschaftliche Integrationserfahrungen und sozioökonomische Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Durch die Wahl von Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen können auch unterschiedliche parteipolitische Konstellationen (je zweimal Regierungsbeteiligung von CDU, SPD und GRÜNEN sowie CSU-Regierung)Footnote 6 und Verwaltungsstrukturen (Rolle der Landesregierung, Existenz Integrationsressort) in den Blick genommen werden.
In den genannten Bundesländern wurden nach Möglichkeit zwei Landkreise ausgewählt, die dem Raumtyp „sehr ländlich“ zuzuordnen sind. Die beiden Landkreise sollten keine Extremfälle in Sachen Ländlichkeit und sozioökonomische Lage darstellen, sich in ihrer sozioökonomischen Lage aber nach Möglichkeit unterscheiden. Nach Kontaktaufnahme mit einer Vorauswahl von Landkreisen, in die auch die kommunalen Spitzenverbände der betroffenen Bundesländer und auf Bundesebene einbezogen wurden, wurden die Landkreise Neustadt a.d. Aisch-Bad Windsheim sowie Regen in Bayern, der Landkreis Waldeck-Frankenberg und der Werra-Meißner-Kreis in Hessen, die Landkreise Vechta und Northeim in Niedersachsen sowie die Landkreise Bautzen und Nordsachsen in Sachsen ausgewählt. Abb. 1.4 zeigt, wie diese Untersuchungslandkreise nach ihrer sozioökonomischen Lage und ihrem Grad der Ländlichkeit auf Grundlage der Thünen-Typologie einzuordnen sind.
Die gleichfarbigen Punkte in Abb. 1.4 zeigen Ländlichkeit und sozioökonomische Lage der anderen ländlichen Landkreise im jeweiligen Bundesland an und verdeutlichen damit die relative Position der Untersuchungslandkreise im Bundesland sowie bezogen auf die vier Bundesländer insgesamt. Im Freistaat Sachsen wurden mit den Landkreisen Nordsachsen und Bautzen zwei Landkreise ausgewählt, die als eher ländlich nach Thünen-Typologie einzustufen sind, da es in Sachsen keine Landkreise gibt, die unter die Typologie „sehr ländlich“ fallen. Letzteres ist auf die im Bundesvergleich stark überdurchschnittliche Größe der sächsischen Landkreise zurückzuführen.
Unterhalb der Ebene des Landkreises wurden jeweils in fünf Kommunen (ggf. Ortsteile) qualitative und quantitative Erhebungen durchgeführt. Kriterien für die Auswahl der Kommunen waren a) weniger als 20.000 Einwohner*innen in der Gemeinde und nach Möglichkeit keine Kreisstadt sowie b) in der Gemeinde leben GeflüchteteFootnote 7 In der nachfolgenden Abb. 1.5 ist die Lage der acht Untersuchungslandkreise in Deutschland abgebildet, weitere Informationen s. Anhang.
5 Ergebnisdarstellung und Aufbau der Studie
Die Herausforderung in der Darstellung der Ergebnisse liegt darin, übergreifende, generalisierbare Befunde herauszuarbeiten, aber zugleich auch die Komplexität lokaler Situationen und die multiple Verwobenheit von Ursachen und Wirkungen exemplarisch aufzuzeigen. Hierzu sind bereits in der Analyse verschiedene Wege denkbar: einerseits die Konzentration auf die einzelnen Datenpakete, die zunächst intensiv analysiert und erst danach mit den anderen Datenpaketen und -ergebnissen des Projekts verschnitten werden, oder andererseits eine fallbezogene Berücksichtigung aller Daten, die in einer Lokalität oder Region erhoben wurden. Wir haben uns für die erstere entschieden, um die verschiedenen disziplinbezogenen Perspektiven und Methoden angemessen zur Geltung zu bringen. Im Ergebnis sind Ergebnisdarstellungen aus unterschiedlichen Perspektiven entstanden, die aber alle eine kursorische Beschreibung und Ableitung von generalisierbaren Befunden mit der dichten Beschreibung einzelner Situationen, Themen oder Fallstudien verbinden.
Untergliedert ist der Sammelband in vier übergreifende Teile und neun Kapitel. Die Ergebnisdarstellung knüpft an den vorstehenden ersten und einführenden Teil der Studie an und besteht aus drei weiteren Teilen und acht Kapiteln.
Im zweiten Teil dieses Sammelbandes beleuchten wir die Themen Integration und Teilhabe in den ländlichen Untersuchungsregionen aus verschiedenen Perspektiven.
In Kap. 2 untersuchen wir integrationsrelevante Rahmenbedingungen in und zwischen den Untersuchungslandkreisen, um eine vergleichende Einordnung der jeweils spezifischen Ausgangssituation zu ermöglichen. Die Analyse stützt sich auf 20 soziökonomische Indikatoren in acht Bereichen, die sich an den Kategorien von Ager und Strang orientieren. Im Kapitel wird außerdem die Erreichbarkeit wichtiger Orte in den Landkreisen auf der Grundlage eines GIS-gestützten Modells für verschiedene Verkehrsmittel (zu Fuß, Fahrrad, Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Personenkraftwagen (Pkw)) analysiert.
Kap. 3 bündelt Erkenntnisse zu den Erfahrungen von Geflüchteten hinsichtlich ihres Lebensalltags in ländlichen Räumen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Als empirische Datengrundlage dienen partizipativ-orientierte, qualitative Interviews mit Geflüchteten und Fokusgruppengespräche. Fokussiert werden Exklusions- und Inklusionsprozesse in den Bereichen Wohnen, Bildung, Arbeit und Gesundheit.
Lokale Politiken zu Migration und Integration werden in Kap. 4 betrachtet. Dabei wird die Entstehung ländlicher Politiken exemplarisch anhand ausgewählter Integrationsdimensionen sowie in ihrem übergreifenden Steuerungsanspruch analysiert. Auf Grundlage des ISDA-Framework (Schammann et al. 2021) werden Ausprägungen lokaler Migrationspolitik in ländlichen Räumen zum einen hinsichtlich übergeordneter Steuerung (Governance) und zum anderen für spezifische lokale Migrationspolitiken in den Bereichen Wohnen, Bildung, Arbeit und Gesundheit untersucht.
Die Rolle der Aufnahmegesellschaft für die Integration von Geflüchteten in ländlichen Regionen wurde unter der konzeptionellen Rahmung lokaler Rezeptivität untersucht (s. Kap. 5). In die Befunde gehen zentrale empirische Ergebnisse aus einer quantitativen Bevölkerungsbefragung, leitfadengestützten Interviews und lokaler Mediendiskurse ein.
Im dritten Teil analysieren wir Schlüsselbereiche der Integration und verbinden dabei die verschiedenen Forschungsperspektiven miteinander.
Die Schlüsselkategorie Bleibeorientierung und Haltestrategien fokussiert erstens die Bleibeorientierung von Geflüchteten in ländlichen Wohnorten. Dafür werden sowohl statistische Daten aus dem Ausländerzentralregister (AZR) als auch narrative Interviews analysiert. Neben der Frage, wie viele bleiben und wer bleibt, werden auch strukturelle Rahmenbedingungen und individuelle Konstellationen, die das Bleiben wahrscheinlicher machen, thematisiert. Zweitens diskutieren die Autor*innen, inwiefern Haltestrategien von der Lokalpolitik artikuliert werden. Drittens wird adressiert, inwiefern „Bleiben“ und „Halten“ mit Einstellungen der Lokalbevölkerung zusammenhängt (s. Kap. 6).
Kap. 7 untersucht Alltagsmobilität und Erreichbarkeit als spezifisch ländliche Faktoren für die Teilhabechancen von Geflüchteten aus verschiedenen Perspektiven (lokale Bevölkerung, Geflüchtete, lokale Politik und Verwaltung). Dabei bestätigt sich der angenommene zentrale Stellenwert von gelingender Alltagsmobilität für Teilhabechancen, weil diese den Zugang zu vielen integrationsrelevanten Bereichen ermöglicht oder erschwert. Gezeigt wird auch, dass entsprechende Inklusions- bzw. Exklusionsprozesse strukturell und individuell begründet sind und durch die wachsende Handlungsbefähigung der Geflüchteten im Zeitverlauf (Agency) sowie durch fördernde Aktivitäten von lokaler Politik und Zivilgesellschaft positiv beeinflusst werden können.
Der Faktor des sozialen Wohlbefindens gilt als Voraussetzung zum Aufbau von positiven Bindungen, welche wiederum den längerfristigen Verbleib an dem ländlichen Wohnort fördern können (s. Kap. 8). Die hier vorgestellten Ergebnisse widmeten sich der Frage, wie das soziale Wohlbefinden von Geflüchteten gefördert werden kann bzw. wodurch es eingeschränkt wird. Diese Frage wird aus der Perspektive verschiedener Akteursgruppen (Geflüchteten, lokale Bevölkerung, Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung) untersucht. Das Kapitel diskutiert Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Betrachtung sowie die Konsequenzen, die daraus resultieren. Hervorgehoben wird die zentrale Bedeutung ehrenamtlicher Unterstützer*innen, die in ihrer Brückenfunktion strukturelle und institutionelle Hindernisse thematisieren sowie strukturelle Diskriminierung und Rassismus zu kompensieren suchen.
Im abschließenden vierten Teil fassen wir zentrale Ergebnisse des Verbundforschungsprojekts zusammen und reflektieren unsere Erfahrungen im Hinblick auf zukünftige Forschungsbemühungen.
In Kap. 9 geht es zunächst um Relevanz und Spezifika der Integrationsdimensionen sowie der vermittelnden Faktoren für die Teilhabe von Geflüchteten in ländlichen Räumen. Im zweiten Schritt reflektieren wir unsere Methoden, Theorien und Konzepte im Lichte der Projekterfahrungen und stellen die aus unseren empirischen Ergebnissen abgeleiteten Handlungsempfehlungen in kompakter Form dar.
Notes
- 1.
Hinzuweisen ist auf ein 2020 abgeschlossenes Projekt des BAMF-Forschungszentrums (Rösch et al. 2020), das darauf abzielt, Faktoren zu identifizieren, „die für gelungene Integrationsprozesse und einen dauerhaften Verbleib von Geflüchteten in ländlichen Räumen entscheidend sind“ (Rösch et al. 2020, S. 4) und sich explizit zum Ziel setzte, die Vielfalt ländlicher Landkreise in Deutschland zu berücksichtigen. Der quantitative Teil der Studie zeigt erstmalig Erkenntnisse zur räumlichen Verteilung von Geflüchteten auf Grundlage einer Auswertung des Ausländerzentralregisters (AZR) in Deutschland. Die Ergebnisse des qualitativen Teils der Studie, die auf 48 Interviews in sechs Landkreisen in sechs Bundesländern basieren, waren aus Kapazitätsgründen auf die Kreisebene begrenzt und konnten daher die interne Heterogenität der Landkreise nicht berücksichtigen.
- 2.
Detaillierte Informationen zum Projekt sind auf der Projekthomepage www.gefluechtete-in-laendlichen-rauemen.de zu finden.
- 3.
Die Ländlichkeit einer Region ist umso größer, „je geringer die Siedlungsdichte, je höher der Anteil land- und forstwirtschaftlicher Fläche, je höher der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser, je geringer die Bevölkerungszahl im Umkreis besiedelter Flächen und je abgelegener die Region von großen Zentren ist“ (Küpper 2020, S. 6).
- 4.
Die sozioökonomische Lage einer Region ist tendenziell umso besser, je niedriger die Arbeitslosenquote, der Anteil der Schulabgänger*innen ohne Abschluss und der Wohnungsleerstand, je höher die Löhne, das Einkommen, die kommunale Steuerkraft, die Lebenserwartung von Männern und Frauen und je mehr junge Menschen im Saldo zuwandern (s. Küpper 2016, S. 12–21).
- 5.
„Für [ländliche] Entwicklung im Sinne eines zielorientierten Einwirkens ist es wichtig, dass eine Vielzahl von Politikmaßnahmen raumwirksame Auswirkungen hat und damit – intendiert oder unbeabsichtigt – Einfluss nimmt, wie sich ländliche Räume entwickeln. Die explizit als „Politik zur Entwicklung ländlicher Räume“ bezeichnete 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik – ein Hybrid aus Agrar-, Umwelt- und Regionalpolitik (…) ist nur eine dieser für ländliche Räume relevanten Politiken“ (Weingarten 2015, S. 25).
- 6.
Die parteipolitische Zusammensetzung der Landesregierungen gibt den Stand zu Projektbeginn Anfang 2018 wieder.
- 7.
Zum Zeitpunkt der Datenerhebung sollten Geflüchtete mit anerkannten Schutzstatus anwesend sein. Einen Anhaltspunkt bildeten Daten aus dem AZR. Um diese zu validieren, wurden Hintergrundgespräche mit Akteur*innen aus Haupt- und Ehrenamt auf Landkreisebene und den Kommunen geführt.
Literatur
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Fick, J., Glorius, B., Kordel, S., Mehl, P., Schammann, H. (2023). Integration von Geflüchteten: Herausforderungen und Potenziale für ländliche Räume. In: Mehl, P., Fick, J., Glorius, B., Kordel, S., Schammann, H. (eds) Geflüchtete in ländlichen Regionen Deutschlands. Studien zur Migrations- und Integrationspolitik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36689-6_1
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