D21-Digital-Index 2023/2024
Der D21-Digital-Index misst die Anpassungs- und Zukunftsfähigkeit der Digitalen Gesellschaft. Er gibt Auskunft darüber, inwiefern die Digitalisierung verschiedene Lebensbereiche bereits durchdrungen hat und wie gut die Bürger*innen in der Lage sind, mit den Anforderungen des digitalen Wandels umzugehen. Er zeigt, inwieweit verschiedene Bevölkerungsgruppen mit diesem Wandel Schritt halten und von ihm profitieren können oder ob sie Gefahr laufen, in Zukunft abgehängt zu werden.
Im Fokus steht in diesem Jahr der digitale Wandel als Treiber für weitere Transformationsprozesse, etwa bei der Wertschöpfung, beim Informations- und Kommunikationsverhalten oder beim ökologischen Wandel. Denn unsere Gesellschaft befindet sich in Umbrüchen. Der D21-Digital-Index begleitet sie in dieser Transformation seit über 10 Jahren. Aktuell erleben wir eine technologische Revolution hautnah mit: Generative Künstliche Intelligenz hat in Rekordzeit die Massen erobert und findet Einzug in Privat-, Berufsleben und Schulen. Diese Technologie verändert aber auch vermeintliche Gewissheiten. Sie hat – im Positiven wie im Negativen – wahrhaft disruptiven Charakter. Diese Entwicklung ordnen wir in der aktuellen Studie an verschiedenen Stellen ein.
Mit dem D21-Digital-Index geben wir den Entscheider*innen in Politik und Wirtschaft, aber auch Zivilgesellschaft und Wissenschaft ein kraftvolles Instrument an die Hand, um Handlungsbedarfe zu identifizieren, zielgerichtete Maßnahmen abzuleiten und Aussagen über deren Wirkung zu treffen. Digitalisierungsziele bringen nur dann einen Mehrwert, wenn sie auch an gesellschaftlichen Nutzen gekoppelt sind und wir damit die Digitale Gesellschaft zum Positiven verändern können.
Der D21-Digital-Index ist eine Studie der Initiative D21, wird durchgeführt von Kantar und gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Zentrale Ergebnisse im Überblick
- Digitale Gesellschaft: Deutsche Gesellschaft wird digitaler – aber steht der Digitalisierung skeptischer gegenüber.
- Resilienz im digitalen Wandel: Fähigkeit, zukünftig mit dem digitalen Wandel Schritt zu halten, nimmt in fast allen Bevölkerungsgruppen ab
- Information und Kommunikation: Schon jede*r Dritte nutzt KI-Dienste wie z. B. ChatGPT oder DeepL, doch kompetenter Umgang fällt vielen noch schwer.
- Digitale Wertschöpfung: Nur gut jede*r Zweite sieht eigene*n Arbeitgeber*in im digitalen Wandel (inter-)national gut aufgestellt.
- Digitaler und grüner Wandel: Bürger*innen wünschen sich mehr Transparenz und Aufklärung, um in Zukunft nachhaltiger digital zu leben.
Digital-Index: Der Digitalisierungsgrad der deutschen Gesellschaft liegt bei 58 von möglichen 100 Punkten (+1 zum Vorjahr) und befindet sich damit im Mittelfeld. Den höchsten Säulenwert erreicht die Indexsäule Zugang, vor den Digitalkompetenzen. (S. 14)
Typologie der Digitalen Gesellschaft: Für die große Mehrheit der Bürger*innen ist Digitalisierung ein fester Bestandteil des eigenen Lebens. 49 Prozent gehören zur Digitalen Mitte (-6 PP), 35 Prozent sogar zu den Digitalen Profis (+ 5 PP). Nur 15 Prozent sind Digitale Vermeider*innen. (S. 16)
Digital-Index und Resilienz im digitalen Wandel: Ein hohes Maß an Digitalität (Digital-Index) alleine reicht nicht aus, um auch zukünftig (Resilienz) zu den Gruppen der Gesellschaft zu zählen, die besonders vom technologischen Fortschritt profitieren können. So droht neben den Digitalen Vermeider*innen auch die Ablehnende Mitte perspektivisch den Anschluss zu verlieren, obwohl sie momentan gut mit dem digitalen Wandel mithält (S. 15)
Digitale Spaltung: In Bezug auf den Digitalisierungsgrad bleiben die bekannten soziodemografischen Gräben zwischen den Bildungsniveaus, den Generationen, den Geschlechtern sowie den Einkommensschichten weitestgehend bestehen. (S. 19)
Mehrheit bleibt resilient im digitalen Wandel: 61 Prozent der Bürger*innen verfügen derzeit über wichtige Resilienzfaktoren, die ihnen helfen, sich den stetigen Veränderungsprozessen durch die Digitalisierung anzupassen. (S. 22)
Aber: Resilienz nimmt in fast allen Bevölkerungsgruppen ab – besonders stark bei denjenigen, die den steigenden Anforderungen mit Rückzug statt mit proaktiver Anpassung begegnen. „Fit for the Future“ trifft vor allem auf die Aufgeschlossene Mitte und die Zuversichtlichen Profis zu. (S. 23)
Basiskompetenzen als wichtigster Treiber: Bislang konnte der Digital Skills Gap in der Gesellschaft aber nicht geschlossen werden – jeder*m Zweiten fehlen Basiskompetenzen. (S. 26)
KI erhöht die Bedeutung von Resilienz: Mehr als die Hälfte der Schüler*innen hat bereits KI-Anwendungen genutzt. Aber auch in der übrigen Bevölkerung nimmt die Bedeutung von KI zu. Weniger verbreitet ist jedoch das Bewusstsein für die Implikationen, die KI mit sich bringt. (S. 28)
Generative KI – Anforderungen an die Informationskompetenz der Bürger*innen steigen: So wird ChatGPT am häufigsten genutzt, um Texte zu schreiben und Informationen zu finden; deren Richtigkeit können viele aber nicht beurteilen. (S. 36)
Herausforderungen für das Informationsverhalten durch neue Technologien: 62 Prozent sind schon einmal mit Desinformation in Kontakt gekommen. Nur 22 Prozent können KI-generierte Inhalte überhaupt erkennen. (S. 37)
Einfluss der Digitalisierung auf die Demokratie: Jede*r Fünfte vermutet in der Digitalisierung eine Gefahr für die Demokratie; deutlich mehr sehen die Chancen für gesellschaftliche Teilhabe in Form von Online-Aktivismus und Ehrenamt als Möglichkeit, der eigenen Stimme Gehör zu verschaffen. (S. 39)
Angst vor Anfeindungen: Jede*r Vierte zieht sich aus digitalen Debattenräumen zurück. Eine große Mehrheit von 73 Prozent spricht sich für verbindliche Regeln in sozialen Netzwerken aus. Die meisten sehen den Staat als unabhängigen Akteur in der Verantwortung, diese Regeln aufzustellen. (S. 39)
Vertrauen in Zukunftsfähigkeit der eigenen Organisation: Nur 54 Prozent sehen den eigene*n Arbeitgeber*in im digitalen Wandel (inter-)national gut aufgestellt (-4 PP). Vor allem Menschen mit Handwerks- sowie mit Lehrtätigkeit zweifeln daran. (S. 43)
Beschäftigungschancen in einer immer digitaleren Arbeitswelt: 43 Prozent der Berufstätigen sehen die Unternehmen in der Verantwortung, ihre Mitarbeitenden durch Weiterbildungen auf die Anforderungen des digitalen Wandels vorzubereiten. Der Anteil derer, die von den Arbeitgeber*innen finanzierten Angebote nutzen, stagniert jedoch seit Jahren auf einem geringen Niveau (2023: 18 Prozent). (S. 45)
Vogel-Strauß-Effekt bei Substituierbarkeitspotenzial: Berufstätige unterschätzen die Auswirkungen des Arbeitsweltwandels auf ihr Berufsleben. Während 76 Prozent von ihnen glauben, bis 2035 könnten ganze Berufe verschwinden, denken nur 23 Prozent, dies könne sie selbst betreffen. Die Notwendigkeit der eigenen Weiterentwicklung wird also vielfach unterschätzt. (S. 43)
Bildung als Baustein für Sicherung des zukünftigen Wohlstands: Das Vertrauen ins Bildungssystem sinkt. Dass Schulen Schüler*innen die notwendigen digitalen Kompetenzen vermitteln, um auf dem sich wandelnden Arbeitsmarkt zukünftig international mithalten zu können, glauben nur 28 Prozent der Bürger*innen – 2019 waren es noch 36 Prozent. (S. 44)
Nutzung des Wirkungspotenzials: Vor allem die Politik (79 Prozent) nutzt aus Sicht der Bürger*innen ihre Handlungskraft für einen nachhaltigen digitalen Wandel noch nicht genug. Und auch die Mehrheit (68 Prozent) derjenigen, die in wirtschaftlichen Maßnahmen und Investitionen den größten Hebel sehen, attestiert der Wirtschaft, diesen noch nicht ausreichend zu nutzen. (S. 50)
Wechselwirkungen zwischen digitalem und grünem Wandel: Ein großer Teil der Bürger*innen kann den Einfluss ihres digitalen Verhaltens auf die Umwelt nicht einschätzen. Entsprechend schwer fällt es ihnen, ihr Verhalten zum Schutz der Umwelt zu ändern. 47 Prozent haben bisher keine der abgefragten digitalen Möglichkeiten genutzt, um Umwelt und Klima zu schützen. (S. 53)
Schlüssel für gemeinsamen Weg zur Zwillingstransformation: Vor allem die digital Kompetentesten und digital Affinsten glauben, dass Bürger*innen selbst noch nicht genug tun. Daher sehen gerade sie mehr Transparenz über die Auswirkungen des digitalen Verhaltens als hilfreichste Maßnahme für Klima und Umwelt an. (S. 54)
Anreize statt Kosten: Die Menschen wünschen sich von der Politik konkrete Unterstützung bei der Aufgabe, in Zukunft nachhaltiger digital zu leben. Ein Recht auf Reparatur digitaler Geräte oder gar Prämien und Rabatte für nachhaltiges digitales Verhalten werden deutlich mehr begrüßt als Maßnahmen, die mit individuellen Kosten verbunden sind. (S. 54)