Einleitung MSE gestern, heute, morgen
Eine Web-Dokumentation der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinMit voller Kraft? Muskeln und Skelett in den Arbeitswelten der Zukunft
Körper am LimitIndustrielle Revolution und Arbeitsschutz
Seitdem hat sich vieles verändert: Arbeiterbewegung, Gewerkschaften und Sozialpolitik sorgten für stetige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. Der Schutz vor Unfällen und Muskel-Skelett-Erkrankungen war dabei von Beginn an ein Kernthema des Arbeitsschutzes.
Muskeln und Skelett – kein Thema mehr?Neue Belastungen im Fokus
Körperliche Belastungen nehmen demgegenüber ab, und anstrengende Arbeiten werden durch neue Technologien, etwa Roboter, erledigt – so ein weit verbreitetes Bild.
Spielen Muskeln und Skelett überhaupt noch eine Rolle für den Arbeitsschutz?
AU-Fälle pro Jahr:
● 159.275 ♂
● 104.824 ♀
● 264.099 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Verletzungen und Funktionsstörungen im Schultergelenk – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch Arbeiten mit hohem Kraftaufwand, Heben von Lasten, viele Arbeitswiederholungen, Arbeiten über Schulterniveau, Hand-Arm-Vibrationen
AU-Fälle pro Jahr:
● 1.551.512 ♂
● 973.939 ♀
● 2.525.451 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Rückenschmerzen – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch Heben und Tragen schwerer Lasten
● Degenerative Verformung der Wirbelkörper (Spondylose)
AU-Fälle pro Jahr:
● 276.721 ♂
● 222.849 ♀
● 499.570 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Gelenkentzündungen und Sehnenscheidenentzündungen
● Erkrankungen der Sehnenansatzpunkte (Enthesiopathien) – z. B. „Tennisarm“
● Sonstige Krankheiten der Gelenkinnenhaut und der Sehnen
AU-Fälle pro Jahr:
● 49.330 ♂
● 71.307 ♀
● 120.637 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Schädigung einzelner Nerven (z. B. Karpaltunnelsyndrom) – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch Arbeiten mit hohem Kraftaufwand, häufig wiederholte Bewegungen, Hand-Arm-Vibrationen
● Verschleiß des Daumensattelgelenks (Rhizarthrose)
AU-Fälle pro Jahr:
● 30.088 ♂
● 19.199 ♀
● 49.287 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Knorpelschädigungen des Hüftgelenks (Koxarthrose) – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch körperliche Arbeit mit Lasten, landwirtschaftliche Tätigkeiten
AU-Fälle pro Jahr:
● 228.347 ♂
● 125.824 ♀
● 354.171 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Schädigung an der inneren Struktur des Knies (z. B. Kreuzbandriss, Meniskusverletzungen)
● Knorpelschädigung des Kniegelenks (Gonarthrose) – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch Arbeiten im Knien und Hocken, Heben von Lasten und Klettern/Steigen
Schulter
AU-Fälle pro Jahr:
● 159.275 ♂
● 104.824 ♀
● 264.099 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Verletzungen und Funktionsstörungen im Schultergelenk – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch Arbeiten mit hohem Kraftaufwand, Heben von Lasten, viele Arbeitswiederholungen, Arbeiten über Schulterniveau, Hand-Arm-Vibrationen
Rücken
AU-Fälle pro Jahr:
● 1.551.512 ♂
● 973.939 ♀
● 2.525.451 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Rückenschmerzen – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch Heben und Tragen schwerer Lasten
● Degenerative Verformung der Wirbelkörper (Spondylose)
Gelenke und Sehnen
AU-Fälle pro Jahr:
● 276.721 ♂
● 222.849 ♀
● 499.570 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Gelenkentzündungen und Sehnenscheidenentzündungen
● Erkrankungen der Sehnenansatzpunkte (Enthesiopathien) – z. B. „Tennisarm“
● Sonstige Krankheiten der Gelenkinnenhaut und der Sehnen
Hände
AU-Fälle pro Jahr:
● 49.330 ♂
● 71.307 ♀
● 120.637 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Schädigung einzelner Nerven (z. B. Karpaltunnelsyndrom) – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch Arbeiten mit hohem Kraftaufwand, häufig wiederholte Bewegungen, Hand-Arm-Vibrationen
● Verschleiß des Daumensattelgelenks (Rhizarthrose)
Hüftgelenk
AU-Fälle pro Jahr:
● 30.088 ♂
● 19.199 ♀
● 49.287 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Knorpelschädigungen des Hüftgelenks (Koxarthrose) – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch körperliche Arbeit mit Lasten, landwirtschaftliche Tätigkeiten
Knie
AU-Fälle pro Jahr:
● 228.347 ♂
● 125.824 ♀
● 354.171 gesamt
Erkrankungen mit beruflichem Bezug:
● Schädigung an der inneren Struktur des Knies (z. B. Kreuzbandriss, Meniskusverletzungen)
● Knorpelschädigung des Kniegelenks (Gonarthrose) – verursacht bzw. begünstigt z. B. durch Arbeiten im Knien und Hocken, Heben von Lasten und Klettern/Steigen
Forschung der BAuA zu MSE - Entwicklung von Praxishilfen
Zum AnfangForschung für die PraxisDie Leitmerkmalmethoden
Die Leitmerkmalmethoden und die hierfür entwickelten Formblätter sind ein gutes Beispiel: Sie bieten Praktikerinnen und Praktikern konkrete Hilfestellungen bei der Gefährdungsbeurteilung – ein direkter Weg von der Forschung in die Praxis.
DruckfrischNeue Leitmerkmalmethoden
- Ausübung von Ganzkörperkräften
- Körperfortbewegung
- Körperzwangshaltungen
Screening leicht gemachtLeitmerkmalmethoden und Gefährdungsbeurteilung
Sie können im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Gefährdungsbeurteilung verwendet werden, die
ein Grundpfeiler des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes darstellt.
Von der Forschung in die PraxisBeispiel Pflege
Im Bereich der beruflichen Pflege gibt es gute Beispiele dafür, wie vorhandenes Wissen über die Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen in den Einrichtungen vor Ort bekannt gemacht werden kann, um dort gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Denn dies ist dringend notwendig.
Beispielbereich Pflege
Physische Belastung in der PflegePrävention dringend nötig
Lange Arbeitszeiten, Schichtarbeit, zu wenige Pausen und hoher Zeit- und Leistungsdruck erhöhen das Risiko für Fehlbeanspruchungen sowie Muskel-Skelett-Erkrankungen zusätzlich.
In der beruflichen Pflege herrscht schon heute Personalmangel – Tendenz steigend.
Gesunde Arbeitsbedingungen sind deshalb hier besonders wichtig. Dabei spielt die Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen eine zentrale Rolle.
Einblicke in die PraxisBeobachtungen einer Pflegeexpertin
Im Gespräch erläutert sie, welche physische Belastung im Pflegeberuf existiert, wie diese reduziert werden kann und wie die Prävention von Muskel-Skelett- Erkrankungen gelingen kann.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?Ganz so einfach ist es leider nicht.
MSE in der Praxis am Beispiel Pflege
Zum AnfangZukunftsfragenDigitale Technologien als Lösung?
Aber wie sieht es in der Praxis aus? Welche intelligenten Unterstützungssysteme gibt es? Wie verändern sie die Arbeit und die Belastung von beruflich Pflegenden? Und können sie zur Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen beitragen?
ExoskeletteDie Zukunft der Prävention?
Dies gilt auch für die sogenannten Exoskelette, zu deren Wirkungen, Nutzen und potenziellen Gefahren beim Einsatz in der Pflege derzeit noch viele Fragen offen sind.
Praxistests für neue TechnikEXPERTISE 4.0
Die Praxistests werden durch Qualifizierungsmaßnahmen begleitet, in denen die sachgemäße und sichere Nutzung von Exoskeletten vermittelt wird. Über die Wissensplattform "WiQQi" werden die Ergebnisse des Projekts verbreitet und der Austausch zwischen thematisch interessierten Einrichtungen gefördert.
"EXPERTISE 4.0" ist ein Projekt der Bruderhaus Diakonie in Reutlingen, das im Rahmen der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) gefördert und von der BAuA fachlich begleitet wird.
Ausblick
Neue HerausforderungenDen digitalen Wandel begleiten
Die digitale Arbeitswelt bietet auch für die Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen neue Chancen und Perspektiven. Deshalb ist vorausschauende Forschung, die auch potenzielle Gefährdungen in den Blick nimmt, eine wichtige Aufgabe.
"Knochenjobs" der Zukunft?Muskeln und Skelett bleiben Thema
Die Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen ist deshalb eine Daueraufgabe für den Arbeits- und Gesundheitsschutz und die Forschung der BAuA – auch und gerade in der digitalen Arbeitswelt.
Dank
Wir danken Prof. Dr. Ute Latza, Dr. Marianne Schust,
Dr. Falk Liebers und Dr. Marlen Melzer für die fachliche Begleitung und ihre Mitwirkung in den Videos.
Unser Dank gilt außerdem Doreen Tautenhahn für das Interview zum Pflegebereich.
Freundlicherweise haben uns die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege sowie die BruderhausDiakonie in Reutlingen mit Bildmaterial unterstützt.
Bildnachweise
- Startseite: iStock/guruXOOX
- Körper am Limit: William Bell Scott (gemeinfrei)
- Risikotätigkeiten - Manuelles Ziehen und Schieben von Lasten: iStock/kupicoo
- Risikotätigkeiten - Körperzwangshaltung: iStock/martin-dm
- Einblicke in die Praxis: Doreen Tautenhahn
- Einblicke in die Praxis - Wie lässt sich die körperliche Belastung von Pflegekräften reduzieren: Kaj Kandler / DGUV
- Einblicke in die Praxis - Was kann man tun, damit Hilfsmittel auch wirklich genutzt werden: BGW / Kröger und Gross
- Einblicke
in die Praxis - Sind neue Technologien die Lösung:
BruderhausDiakonie Reutlingen
- Exoskelette, Praxistests für neue Technik: beide BruderhausDiakonie Reutlingen
- Prävention von MSE – neue Entwicklungen und Herausforderungen; Schnittbild bei 00:24: EXTREME-PHOTOGRAPHER; Schnittbild bei 1:02: metamorworks
- Knochenjobs
der Zukunft:
iStock/serts
- Problemzonen: physische Belastung in der Arbeitswelt, Forschung für die Praxis, Druckfrisch, Screening leicht gemacht, Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, Zukunftsfragen und alle Schnittbilder in den Videos bis auf die genannten: BAuA
- Alle anderen Fotos: Völkner/Fotoagentur Fox
Heben, Halten, Tragen
Manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten
Manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten
- Heben (einschließlich Umsetzen oder Senken): Bewegen einer Last nach oben, auf gleicher Höhe oder nach unten
- Halten: Stabilisieren einer Last auf einer bestimmten Position
- Tragen: vorwiegend horizontaler Transport einer Last, die nicht den Untergrund berührt (Mitführen am Körper) über kurze Strecken
Beschäftigte mit Tätigkeiten wie beispielsweise
- Auf-/Abladen von Säcken
- Sortieren von Paketen, Beladung von Maschinen ohne Hebehilfen
- Kommissionieren
- Umladen palettierter Waren
- Richtarbeiten am Dach von Hand
- Kinderbetreuung in KITAs
- manueller Krankentransport (ohne Ziehen und Schieben von Betten, Rollstühlen etc.)
Bei ungünstiger Kombination von Häufigkeit der Vorgänge, Lastgewicht, Lastaufnahmebedingungen, Körperhaltung und -bewegung sowie belastenden Ausführungsbedingungen im Bereich der Kraftübertragung und -einleitung, der Hand-Armstellung, der Umgebungsbedingungen, der Kleidung und weiteren Faktoren
- Beispiel: 3 kg, Verräumen im unteren Regalbereich, 750 Mal pro Arbeitstag
- Beispiel: 15 kg, Verräumen im unteren Regalbereich mit häufiger Rumpfverdrehung und körperfernem Lastschwerpunkt, 220 Mal pro Arbeitstag
Was passiert im Körper?
- motorisch-biomechanische Beanspruchungen insbesondere im Bereich des unteren Rückens wie auch in den oberen und unteren Extremitäten
- Herz-Kreislauf-Beanspruchungen durch energetische Belastungen
Akute Beeinträchtigungen:
- unterer Rücken: Beschwerden, Schmerzen wie Lumboischialgien (ausstrahlend von Gesäß bis ins Bein) bei Verhebe-Ereignissen mit plötzlich auftretenden Überlastungen der Muskeln und Bänder des Rückens
- obere Extremitäten: Beschwerden und Schmerzen wegen Überbeanspruchungen der Muskulatur, der Bänder, der Schleimbeutel, der Sehnen sowie Sehnenansätze
- bandscheibenbedingte Erkrankungen der
Lendenwirbelsäule sowie der Halswirbelsäule
- Erkrankungen der Kniegelenke
- Veränderungen im Zusammenhang mit Druckerhöhungen im Bauchraum (z. B. Hernien = (Leisten-)Bruch) sowie an den Beinen (z. B. Krampfaderbildung an Waden)
Manuelle Arbeitsprozesse
Manuelle Arbeitsprozesse
- gleichförmige, sich wiederholende Bewegungsabläufe und Kraftaufwendungen der Hände und Arme, meist im Sitzen oder Stehen ausgeführt
- eventuell
Verwendung von Instrumenten, kleineren Werkzeugen oder handgeführten Maschinen
- Bearbeitung (Veränderung) des Arbeitsgegenstandes oder Bewegung von kleinen Gegenständen, zumeist bis ca. 3 kg
Beschäftigte mit Tätigkeiten wie beispielsweise
- Montagetätigkeiten
- Nähen
- Kassieren
- Schneiden
- Sortieren
- Pipettieren
- händisch Kontrollieren
Bei ungünstiger Kombination von: Dauer der Tätigkeit, Häufigkeit der Wiederholungen, Höhe der aufzubringenden Kräfte, Greifbedingungen, Stellung und Bewegung der Gelenke im Hand-Arm-Bereich, Körperhaltung und belastenden Ausführungsbedingungen (z. B. Kälte, Nässe oder Zugluft).
- Beispiel
Montagearbeiten:
insgesamt drei Stunden pro Arbeitstag mit mittlerer Bewegungshäufigkeit (jeweils
30 Bewegungen pro Minute) mit hohen und sehr hohen Kräften, eingeschränkter bis erheblich
behinderter Krafteinleitung, schlechter Hand- / Arm-Stellung und Körperhaltung,
ungünstigen Ausführungsbedingungen und ungünstiger Arbeitsorganisation
Was passiert im Körper?
Vor allem kleinere Muskelgruppen des Hand-Arm-Systems werden beansprucht. Besonders problematisch ist dies, wenn keine wirksamen Erholungspausen gewährleistet sind.
Welche Beschwerden oder Erkrankungen können auftreten?Dauerhafte Schmerzen in den Händen, Armen und im Schulter-Nacken-Bereich – auch ohne nachweisbare strukturelle Gewebeschäden
- degenerative
Gelenkveränderungen (Arthrosen der Handgelenke = Zerstörung der Knorpelschicht, damit
einhergehend Knochenveränderungen)
- Kompressionssyndrom der Nerven (Karpaltunnelsyndrom und andere Kompressionssyndrome im Handgelenk und im Unterarm)
- Erkrankungen der Sehnen und Sehnenscheiden im Handgelenk und im Unterarm
- degenerative Erkrankungen der Schulter: Rotatorenmanschettensyndrom (Schleimbeutelentzündung im Schultergelenk und Sehnenentzündung der Muskulatur), Impingementsyndrom (Einklemmung von Schleimbeutel und Sehne)
- Schmerzsyndrome des Nackens mit Ausstrahlung in die Schulter durch degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule sowie durch Verspannungen der Schulter-Nacken-Muskulatur
Ganzkörperkräfte
Ganzkörperkräfte
- Aufbringen von hohen Kräften mit überwiegend
stationärer Kraftausübung
- Krafteinleitung überwiegend über die Hände, aber
auch Kraftfortleitung über Rücken, Beine und Füße möglich
- Tätigkeit kann üblicherweise nicht im Sitzen ausgeübt werden
Beschäftigte mit Tätigkeiten wie beispielsweise
- Gussputzen bei Einzelfertigung
- Bewegen von Absperrschiebern
- Arbeiten mit Winden/Flaschenzügen, Drucklufthämmern, Kettensägen
- Arbeiten mit Hebeln, Brechstangen oder Hebebäumen
- Kuppeln von Eisenbahnfahrzeugen
- Schaufeln, Betonabziehen
- Fenster einbauen
- Pflegetätigkeiten (Patiententransfer)
- Montagearbeiten mit überwiegend hohen Kräften
- Verschrauben großer Bauteile
- Schlagen mit der Hand
- Hämmern
- Bedienen von (Handhebel-)Pressen
- Arbeit mit Manipulatoren und vergleichbaren technischen Hilfsmitteln
- Bewegen von Lasten auf Rollenbahnen/Kugelbahnen bei geringer Körperfortbewegung
- Festmachen von Schiffen (in Häfen)
Bei ungünstiger Kombination von: Dauer der Tätigkeit, Bewegungshäufigkeit, Höhe der aufzubringenden Kräfte, Symmetrie der Kraftaufwendungen, Körperhaltung, Greifbedingungen, belastenden Ausführungsbedingungen (z. B. bzgl. Kraftübertragung und -einleitung, Hand-Armstellung, Umgebungsbedingungen, Kleidung etc.)
- Beispiel Schaufeln: insgesamt 100 Minuten pro Arbeitstag Schaufeln von Lasten unter 4 kg, 15 Bewegungen pro Minute, mit häufiger Rumpfverdrehung und für das Schaufeln typischer Handhaltung sowie Griffgestaltung
Was passiert im Körper?
Hohe Kräfte der Muskeln führen zu einer Beanspruchung mit Wirkungen auf
- die Muskulatur in den oberen und unteren Extremitäten sowie dem Rücken
- die Gelenke der oberen und der unteren Extremitäten
- die Wirbelsäule
- die Kompression an den Kontaktpunkten (z. B.
Hände, Handballen)
- das Herz-Kreislauf-System (bei hohen
Ausübungshäufigkeiten)
- Beschwerden und Schmerzen im Bereich des unteren Rückens, in den oberen Extremitäten (Schultern, Arme, Hände) und in den unteren Extremitäten (Knie, Beine)
- Rücken: diverse lumbale Schmerzsyndrome wie Kreuzschmerzen, Hexenschuss, Ischiassyndrom (ausstrahlend von Gesäß bis zum Bein), Schmerzsyndrom bei Bandscheibenvorfall
- Druckschädigung des Nervs im Karpaltunnel (Karpaltunnelsyndrom)
·
- Gefäßschädigungen mit Durchblutungsstörungen im Bereich der Hand
Manuelles Ziehen und Schieben von Lasten
Manuelles Ziehen und Schieben von Lasten
- Fortbewegen einer Last durch menschliche Kraft auf rollendem Hilfsmittel mit Körperfortbewegung
- Zug
an der Last durch Hände und Arme (Ziehen)
- Druck des Körpers über die Arme und Hände gegen die Last (Schieben)
Beschäftigte in Bereichen, bei denen folgende rollende Hilfsmittel verwendet werden:
- Schubkarren, Sackkarren, Mülltonnen
- Wagen mit verschiedenen Rollenanordnungen, ggf. mit Deichsellenkung
- rollfähige Betten
- Hängebahnen, Hängekrane
Bei ungünstiger Kombination von Lastgewicht, Flurförderzeug, Fahrwegbeschaffenheit, Dauer bzw. Weglänge, Körperhaltung sowie weiteren Faktoren, beispielsweise:
- 1.100 kg Ladung mit einem Gabelhubwagen auf nicht optimalem Fahrweg, 500 m Weglänge pro Tag
- 250 kg Krankenhausbettentransport (zentrale Desinfektion), optimaler Fußboden, enge Durchfahrten, 10 km Weglänge pro Tag
- 110 kg Müllcontainer unter wechselnden Straßenverhältnissen, hohe Bewegungsgeschwindigkeit, enge Passagen, 4 km Weglänge pro Tag
Was passiert im Körper?
Das manuelle Ziehen oder Schieben von Lasten führt durch Krafteinsatz des Körpers zu einer Beanspruchung mit Wirkungen auf
- die Gelenke der oberen und der unteren
Extremitäten,
·
- die Wirbelsäule und
- das Herz-Kreislauf-System
- Beschwerden im unteren Rücken, in den Knien, den Schultergelenken sowie den Unterarmen und Ellenbogen
- Rücken: diverse lumbale Schmerzsyndrome wie Kreuzschmerzen, Hexenschuss, Ischiassyndrom (ausstrahlend von Gesäß bis zum Bein), Schmerzsyndrom bei Bandscheibenvorfall
- Schulter: Rotatorenmanschettensyndrom (Schleimbeutelentzündung im Schultergelenk und Sehnenentzündung der Muskulatur), Impingementsyndrom (Einklemmung von Schleimbeutel und Sehne)
Körperfortbewegung
Körperfortbewegung
Bewegung des Körpers zu einem Arbeitsort oder an einem Arbeitsbereich
Wer ist betroffen?
Beschäftigte mit Tätigkeiten wie beispielsweise
- Möbeltransport, Sperrmülltransport ohne
Transporthilfen
- Krankentransport
- Besteigen von Turmdrehkranen, Sendeanlagen
- Kontrollbegehungen in Kanälen
- Gehen auf der Baustelle bzw. im Wasserbau
- Wartungsarbeiten an Beleuchtungsanlagen
- Wartungsarbeiten an Feuerstätten
- Wartungsarbeiten in Schächten/Tanks/Kanälen
Bei ungünstiger Kombination von. Dauer der Tätigkeit, Art der Fortbewegung, mitbewegtem Lastgewicht, Lage des Lastschwerpunktes, Rumpfhaltung, Fahrweg und Geschwindigkeit (bei Benutzung von Fahrrädern o.ä.) sowie weiteren ungünstigen Ausführungsbedingungen
- Beispiel Paketzustellung/Sperrmüllentsorgung: insgesamt 100 Minuten pro Arbeitstag normale Treppe steigen mit Lasten zwischen 3 kg und 10 kg, Last körpernah mit den Händen gehalten oder auf der Schulter getragen
- Beispiel Postzustellung: insgesamt 150 Minuten pro Arbeitstag Fahrrad fahren ohne Elektroantrieb, mittlere Geschwindigkeit, Gesamtgewicht 50 kg, gelegentlich extreme Klimaeinflüsse (Hitze, Wind, Schnee), eingeschränkter Fahrweg, z.B. in bergigem Gelände mit unbefestigten Wegen und defektem oder nicht vorhandenem Elektroantrieb
Was passiert im Körper?
- kardiopulmonale
Beanspruchung durch vorwiegend dynamische Muskelarbeit, welche eine hohe
Energiebereitstellung erfordert
- Überbeanspruchungen
vor allem im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems
- Beanspruchungen der unteren Extremitäten (Hüfte/Oberschenkel, Knie und Sprunggelenk/Füße) sowie des unteren Rückens
- Schmerzen/Missempfindungen
im Bereich des unteren Rückens/der Lendenwirbelsäule und in unteren
Extremitäten (Hüfte/Oberschenkel, Knie, Sprunggelenke/Füße)
- Häufungen
von Entzündungen der Schleimbeutel, der Sehnen und Sehnenansätze, oder
Häufungen von Krampfadern (Varizen)
- im Kniebereich: Schädigung des Meniskus und Arthrosen (Zerstörung der Knorpelschicht und damit einhergehende Knochenveränderungen)
Körperzwangshaltung
Körperzwangshaltung
- Körperzwangshaltungen sind anstrengende
Körperhaltungen, die durch den Arbeitsprozess vorgegeben sind und
ununterbrochen (einmalig für mehr als eine Minute, wiederholt für mehrere
Sekunden) eingenommen werden
- Unterbrechung liegt nur dann vor, wenn eine ungünstige Haltung durch eine entspannte Haltung wie aufrechtes Stehen oder variables Sitzen unterbrochen werden kann oder eine entspannte Haltung geringfügig variiert werden kann
- Von Körperzwangshaltungen bei der Arbeit können gleichzeitig und unabhängig voneinander betroffen sein: der untere und obere Rücken, die Schultern und Oberarme einschließlich des Nackens sowie die Kniegelenke und Beine / Füße
Beschäftigte mit Tätigkeiten wie beispielsweise
- Fliesenlegen
- Eisenflechten (Betonbau)
- Handschweißen
- Arbeiten an Fließbändern, Deckenmontage, Trockenbau, Elektrik etc.
- Gurkenernte im Liegen
- dauerhafte Arbeit am Mikroskop
- Mikrochirurgie
- Arbeiten im Inneren von Kesseln, Tanks,
Schächten, Schiffsdoppelböden usw.
Bei ungünstiger Kombination von: Dauer der Tätigkeit, Zeitanteil der Zwangshaltungen an dieser Tätigkeit, Art der Zwangshaltung, belastenden Ausführungsbedingungen (z. B. Rumpfverdrehung, keine Abstützung des Oberkörpers bei Vorneigung, Nässe, Kälte, Zugluft etc.)
- Beispiel
Erntearbeiten:
insgesamt 160 Minuten Liegen auf dem Rücken mit Armen über Kopf bei
Reparaturarbeiten oder Liegen auf dem Bauch mit Armen vor / unter dem Körper
- Beispiel Sortiertätigkeiten am Band: insgesamt 190 Minuten Arme angehoben unter Schulterhöhe bzw. körperfern im Stehen / Sitzen
Was passiert im Körper?
- Arbeiten in Rumpfbeugehaltung: erhöhte
Haltungsbelastungen des Rückens im Stehen oder Sitzen durch das Halten des
Oberkörpers in Vorneigung/Vorbeugung, besonders, wenn keine Abstützung möglich
- Arbeiten mit angehobenen Armen / Händen: erhöhte Haltungsbelastungen von Nacken, Oberarmen und Schultern im Stehen, Sitzen oder Liegen
- Arbeiten im Knien oder vergleichbare Belastungen: erhöhte Haltungsbelastungen der unteren Extremitäten (Knie / Füße), wirken von den anderen regionalen Haltungsbelastungen weitgehend unabhängig
Bei Rückenbelastungen:
- akute Überlastungen der Muskeln und Bänder mit
der Folge von Rückenbeschwerden und unspezifischen Schmerzen im Bereich des
unteren Rückens
- chronische Rückenschmerzen mit Bewegungseinschränkungen
- Überlastungen der Muskeln sowie der Gelenk- und
Bandstrukturen (Schmerzen, Beschwerden, Funktionseinschränkungen) im Bereich
der Schultern, der Arme, des Nackens und oberen Rückens, Kopfschmerzen
- Schmerzsyndrome im Bereich des Nackens mit Ausstrahlung in die Schulter durch chronische Funktionsstörungen und bei degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie durch chronische Funktionsstörungen der Schulter-Nacken-Muskulatur
- degenerative Erkrankungen der Schulter: Rotatorenmanschettensyndrom (Schleimbeutelentzündung im Schultergelenk und Sehnenentzündung der Muskulatur), Impingementsyndrom (Einklemmung von Schleimbeutel und Sehne)
- Überlastungen der Muskel- und Bandstrukturen mit
Funktionsstörungen der Kniegelenke sowie Reizungen und Entzündungen der
Schleimbeutel
- Arthrosen der Kniegelenke (Zerstörung der Knorpelschicht und damit
einhergehende Knochenveränderungen)
- Meniskusschäden der Kniegelenke
- chronifizierte Entzündungen der Schleimbeutel
1. Physische Belastung in der Pflege
Zum Anfang4. Einsatz von Hilfsmitteln
Was kann man tun, damit Hilfsmittel auch wirklich genutzt werden?
Doreen Tautenhahn, Pflegekraft und Praxisanleiterin
2. Belastungsfolgen
Welche Folgen hat diese Belastung?
Doreen Tautenhahn, Pflegekraft und Praxisanleiterin
5. Ergonomisches Arbeiten
Wie kann ergonomisches Arbeiten in der Pflege gefördert werden?
"Ergonomisches Arbeiten in der Pflege ist immer ein langfristiges Ziel."
Doreen Tautenhahn, Pflegekraft und Praxisanleiterin
3. Reduzieren von Belastung
Wie lässt sich die körperliche Belastung von Pflegekräften reduzieren?
Doreen Tautenhahn, Pflegekraft und Praxisanleiterin
6. Neue Technologien
Sind neue Technologien die Lösung?
Doreen Tautenhahn, Pflegekraft und Praxisanleiterin
Zwangshaltungen
Knien
Knien
Arbeiten im ein- oder beidseitigen Knien, in der Hocke, im Fersensitz, Kriechen im Vierfüßlergang
Über das Knie
Das Kniegelenk mit seinen zahlreichen Bändern und der umgebenden Muskulatur ist das größte Gelenk des Körpers. Als Scharniergelenk lässt es sich beugen und strecken. Ohne Knie könnten wir nicht stehen, gehen, laufen, springen oder kriechen. Das Kniegelenk kann eine Menge aushalten, es ist das robusteste Gelenk des Körpers – und doch anfällig für Verletzungen und Verschleiß.
Wer ist betroffen?
z. B. Beschäftigte in den Bereichen
- Fliesen-, Boden-, Teppich-, Parkett-, Estrich-, Natur- und Kunststeinlegen
- Pflaster-, Dachdecker-, Installateur-, Maler- und Betonbauarbeiten
- Schweißer- und Rangierarbeiten
- Bergbau, Schiffbau und Gartenbau
Tätigkeiten im Knien, in der Hocke oder im Kriechen, die mindestens eine Stunde pro Schicht durchgeführt werdenZusätzliches Risiko durch hohe Kraftaufwendungen aus dem Kniegelenk (z. B. mit Lasten aus dem Knien aufstehen)
Welche Beschwerden können auftreten?
- auf Dauer: Arthrose der Kniegelenke
- bei regelmäßigem, häufigem Kraftaufwand aus den Kniegelenken: Schädigung des Innenmeniskus
- beim Kriechen oder Knien: Entzündungen der Schleimbeutel, Schädigung des Peronaeus-Nervs, dadurch im schlimmsten Fall (meist vorübergehende) Muskellähmungen in den Unterschenkeln oder Füßen
Arbeiten über Schulterniveau
Arbeiten über Schulterniveau
Arbeiten mit den Händen über Schulterniveau oder über dem Kopf ohne wirksame Unterbrechung oder Belastungswechsel über einen längeren Zeitraum
Was passiert im Körper?
- hohe statische Muskelbeanspruchungen mit unzureichender Sauerstoffversorgung der Muskulatur
- hohe Belastung des Schultergelenks
z. B. Beschäftigte in den Bereichen
- Malerarbeiten
- Trockenbau
- Verputzen
- Automobilmontage und -reparatur
- Tätigkeiten mit den Händen über Schulterniveau
oder über dem Kopf ohne wirksame Bewegungsmöglichkeit, die mindestens eine
Stunde pro Schicht ausgeführt werden
- zusätzliche Gefährdung durch das Halten von Materialien oder Werkzeugen in dieser Haltung
- Muskelermüdung und schmerzhafte Muskelverspannungen in Rücken, Nacken, Schultern und Armen
- Einschränkung der Leistungsfähigkeit
- schmerzhafte funktionelle Einschränkungen insbesondere im Rücken-, Nacken- und Schulterbereich
- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- bei Überkopfarbeiten: Schwindelerscheinungen
Erzwungene Rumpfbeuge
Erzwungene Rumpfbeuge
Arbeiten mit gebeugtem oder verdrehtem Rumpf über einen längeren Zeitraum mit deutlicher Abweichung von der Ruheposition
Was passiert im Körper?
hohe statische Muskelbeanspruchungen mit unzureichender Sauerstoffversorgung der Muskulatur
Wer ist betroffen?
z. B. Beschäftigte mit diesen Tätigkeitsprofilen:
- Arbeit in niedrigen Räumen (z. B. Kraftwerksanlagen, Rohrleitungen, Behälter)
- Arbeit auf Fußbodenniveau (z. B. Spargelstechen, Erdbeerernte)
- Maurer
- Eisenflechter
Wann spricht man von einer Gefährdung?
Tätigkeiten mit gebeugtem oder verdrehtem Rumpf ohne wirksame Unterbrechung oder Belastungswechsel, die mindestens eine Stunde pro Schicht durchgeführt werden
Welche Beschwerden können auftreten?
- Muskelermüdung und schmerzhafte Muskelverspannungen in Rücken, Schultern, Armen oder Beinen, die die Leistungsfähigkeit einschränken
- starke Belastung v. a. der Lendenwirbelsäule und der Hüftgelenke
- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- auf Dauer: schmerzhafte funktionelle Einschränkungen v. a. im unteren Rückenbereich
Erzwungenes Stehen
Erzwungenes Stehen
Arbeiten im Stehen über einen längeren Zeitraum ohne wirksame Unterbrechung oder Belastungswechsel
Wer ist betroffen?
z.B. Beschäftigte in den Bereichen
- Krankenhaus (Operieren)
- Arbeit an Montagebändern
- Zerlegearbeitsplätzen (Fleischverarbeitung)
Tätigkeiten im erzwungenen Stehen ohne wirksame Bewegungsmöglichkeit, die insgesamt mindestens vier Stunden pro Schicht ausgeführt werden
Welche Beschwerden können auftreten?
- Muskelermüdung und schmerzhafte Muskelverspannungen, v. a. im Rücken
- Einschränkung der Leistungsfähigkeit
- auf Dauer: schmerzhafte funktionelle Einschränkungen des gesamten Bewegungsapparats
- Kreislaufbeschwerden
- Verhinderung des venösen Blutrückflusses aus den Beinen, dadurch Begünstigung von Krampfadern
- Auslösen oder Verstärken von Knie- und Hüftgelenksbeschwerden
Erzwungenes Sitzen
Erzwungenes Sitzen
Arbeiten im Sitzen über einen längeren Zeitraum ohne wirksame Unterbrechung oder Belastungswechsel
Was passiert im Körper?
hohe statische Muskelbeanspruchungen mit unzureichender Sauerstoffversorgung der Muskulatur
Wer ist betroffen?
z. B. Beschäftigte in den Bereichen
- Bus-, Bahn- und Kraftfahrer
- Uhrmacherei
- Mikroskopie
- Callcenter
Tätigkeiten in erzwungener Sitzhaltung ohne wirksame Bewegungsmöglichkeit, die mindestens zwei Stunden pro Schicht ausgeführt werden
Welche Beschwerden können auftreten?
- Muskelermüdung und schmerzhafte Muskelverspannungen in Rücken, Schulter oder ArmenEinschränkungen der Leistungsfähigkeit
- auf Dauer: schmerzhafte funktionelle Einschränkungen des gesamten Bewegungsapparats
- Auslösen oder Verstärken von Hüftgelenksbeschwerden
- Schwellung der Beine durch erschwerten Rücktransport des Blutes, dadurch langfristig Gefäßschädigung und gesenkte körperliche Fitness