„Setz‘ mir einen großen Schuss“, bat Perry seinen Assistenten
Die Ermittlungsakten zum Fall Matthew Perry zeigen eindrücklich, wie viel Ketamin der US-Schauspieler vor seinem Tod konsumierte. „Wie in einem schlechten Film“ habe sich einer der beschuldigten Ärzte gefühlt. Eine Rekonstruktion der letzten Tage vor der fatalen Injektion.
Nach der Verhaftung von fünf Personen werden immer mehr Details zum Tod von „Friends“-Star Matthew Perry bekannt. Der Schauspieler war am 28. Oktober 2023 an einer Überdosis gestorben. Unter den Festgenommenen sind zwei Ärzte und Perrys persönlicher Assistent Kenneth Iwamasa.
Die Tage und Stunden vor Perrys Tod in einem Whirlpool in Los Angeles lassen sich nun durch die Gerichtsdokumente und die Gutachten der Gerichtsmediziner nachverfolgen.
30. September: Perry und sein persönlicher Assistent, Kenneth Iwamasa, treffen sich in ihrem gemeinsamen Wohnort im Stadtteil Pacific Palisades in Los Angeles mit dem Arzt Salvador Plasencia. Perry wird zwar von seinem Hausarzt mit Ketamin wegen seiner Depressionen behandelt, aber die verschriebene Menge reicht ihm nicht. Plasencia schickt eine SMS an einen befreundeten Arzt, Mark Chavez, der sich bereit erklärt, Ketamin zu besorgen.
„Ich frage mich, wie viel dieser Idiot wohl zahlen wird“, schreibt Plasencia an Chavez. Ausgetauscht werden mindestens vier Fläschchen Ketamin, für die Plasencia von Perrys Assistenten 4.500 Dollar in bar erhält. Plasencia gibt Perry zwei Ketamin-Injektionen und weist Iwamasa ein. „Wie ein schlechter Film“ habe sich das angefühlt, schreibt der Arzt später an seinen Freund.
2. Oktober: Iwamasa bestellt bei Plasencia mehr Ketamin, das er „Dr. Pepper“ nennt. Plasencia liefert und injiziert es Perry.
4. Oktober: Iwamasa spritzt Perry zum ersten Mal selbst. Er schreibt dem Arzt, dass er „die richtige Stelle“ gefunden habe, bei seinen Versuchen jedoch viel verbraucht habe und mehr benötige. Plasencia fragt Chavez an, in der Hoffnung, Perrys „Anlaufstelle“ zu werden.
6. Oktober: Iwamasa bestellt nach, Plasencia liefert.
8. Oktober: Bei einem nächtlichen Treffen in einem Einkaufszentrum in Santa Monica verkauft Plasencia Iwamasa weitere vier Ampullen Ketamin für 6.000 Dollar in bar.
10. Oktober: Iwamasa fährt Perry zu einem Treffen mit dem Arzt auf einem öffentlichen Parkplatz in Long Beach. Der Schauspieler kauft mehr Ketamin und erhält noch im Auto eine weitere Injektion. Am selben Tag besorgt sich Iwamasa noch mehr Ketamin von einer weiteren Quelle und wendet sich an Erik Fleming, einen Bekannten von Perry.
11. Oktober: Fleming schreibt Iwamasa, dass er Ketamin von einer Bekannten bekommen kann. „Es ist tolles Zeug – er probiert es einmal, und wenn er mehr will, liefere ich“, schreibt Fleming. Die Frau, Jasveen Sangha, ist bei ihren Kunden als „Ketamin-Königin“ bekannt. Sie handele nur mit „High End“-Kunden und Promis, schreibt Felming. „Wenn das Zeug nicht gut wäre, würde sie ihr Geschäft verlieren.“
12. Oktober: Plasencia fährt zu Perrys Haus, wo er 21.000 Dollar in bar auch für frühere Ketaminkäufe erhält. Er setzt Perry eine weitere Spritze. Der Schauspieler erstarrt und sein Blutdruck steigt. Laut dem Assistenten sagt der Arzt danach zu ihm: „Lassen Sie uns das nicht noch einmal machen.“
13. Oktober: Perry bekommt eine Probe von Sanghas Ketamin. Er bittet um 25 Fläschchen, für die er 5.500 Dollar zahlen würde. Fleming liefert es einen Tag später in Perrys Haus ab.
Am oder um den 20. Oktober herum: Perry erhält seine letzte legale Ketaminbehandlung von seinem Hausarzt, wie eine Zeugin aus Perrys persönlichem Umfeld den Ermittlern sagt. Früher sei Perry alle zwei Tage behandelt worden, aber da die Depression „unter Kontrolle“ schien, sei die Zahl der Behandlungen reduziert worden. Sie hätte geglaubt, Perry sei seit 19 Monaten nüchtern.
25. Oktober: Iwamasa bittet Fleming um weitere 25 Fläschchen Ketamin für 6.000 Dollar. Iwamasa verabreicht Perry mindestens sechs Spritzen mit Ketamin.
26. Oktober: Iwamasa verabreicht Perry erneut mindestens sechs Spritzen mit Ketamin.
27. Oktober: Der Assistent verabreichte dem Schauspieler erneut mindestens sechs Ketamin-Spritzen. Nach zwei Wochen Pause meldet sich Plasencia bei Iwamasa: „Ich weiß, dass ihr eine Pause machen wolltet. Ich habe neue Vorräte.“
Der letzte Tag
Gegen 8:30 Uhr: Auf Anweisung von Perry gibt der Assistent ihm eine Injektion mit Ketamin von Sangha.
Gegen 11 Uhr: Perry spielte Pickleball, wie Iwamasa den Ermittlern erzählt. Spätere Aussagen dazu widersprechen sich aber.
Gegen 12:45 Uhr: Iwamasa gibt Perry eine zweite Spritze. Der Schauspieler schaut einen Film.
Kurz vor 13.30 Uhr: Iwamasa setzt Perry seine dritte und letzte Spritze, während Perry in seinem Whirlpool im Garten sitzt. „Setz‘ mir einen großen Schuss“, erinnert sich Iwamasa an Perrys Worte. Der Assistent verlässt Perry, um Besorgungen zu machen.
Gegen 16 Uhr: Bei Iwamasas Rückkehr findet er Perry mit dem Gesicht nach unten im Whirlpool. Er zieht Perry auf die Treppe und wählt den Notruf. Minuten später treffen Sanitäter ein und erklärten Perry für tot. Laut Gerichtsmedizin ist Ketamin die Hauptursache für seinen Tod, Ertrinken eine Nebenursache.
Iwamasa hat sich der „Verabredung zum Ketaminhandel“ schuldig bekannt. Auch Fleming steht zu seiner Schuld, ihm wird der Handel mit Ketamin mit Todesfolge vorgeworfen. Beide kooperieren mit der Staatsanwaltschaft.
Der Arzt Chavez hat zugestimmt, sich der „Verabredung zum Ketaminhandel“ schuldig zu bekennen. Plasencia und Sangha, die beiden Hauptverdächtigen der Ermittlungen, haben sich hingegen in mehreren Anklagepunkten für nicht schuldig erklärt. Plasencias Anwalt Stefan Sacks sagte am Donnerstag, dass alles, was sein Mandant tat, im besten medizinischen Interesse von Perry war. Sanghas Anwalt lehnte einen Kommentar ab.