piwik no script img

Bitkom-Umfrage zur DigitalisierungGefühlte Überforderung

Eine Studie zeigt: Eine nennenswerte Zahl an Menschen fühlt sich von der Digitalisierung überfordert. Was nun?

22 Prozent der Befragten sagen, es geht ihnen zu schnell mit der Digitalisierung Foto: Marcus Brandt/dpa

Berlin taz | Ein Drittel der Menschen in Deutschland gibt an, dass die Digitalisierung ihnen Angst macht, 41 Prozent fühlen sich von digitalen Technologien überfordert. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die der Digitalverband Bitkom am Mittwoch vorgestellt hat. Sie verdeutlicht auch das Ausmaß der Spaltung, was die Haltung zu digitalen Technologien angeht. Demnach sagen zwar 22 Prozent der Befragten, ihnen gehe es zu schnell mit der Digitalisierung – doch 59 Prozent der Befragten finden, es gehe zu langsam.

Interessant ist auch der Grund, den Menschen für die Nichtnutzung digitaler Technologien angeben. Auf Platz eins mit 70 Prozent liegt hier die Sorge um die Sicherheit der persönlichen Daten. Fehlendes technisches Wissen wurde nur in einem Drittel der Fälle genannt.

„Wir dürfen hier keine Bevölkerungsgruppe außen vor lassen“, sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst bei der Vorstellung der Zahlen. Die Verantwortung liege auf allen Ebenen: Die Arbeitgeber seien mit Schulungen und Weiterbildungsangeboten in der Pflicht, die Politik mit der Regulierung, im Bildungssystem müssten Informatik und der Umgang mit Technik früh Thema sein und auch in Familien gehöre das Thema auf die Tagesordnung. „Digitale Technologien werden unseren Alltag bestimmen – mit uns oder ohne uns“, so Wintergerst.

Doch genau dagegen wehren sich zunehmend Menschen. So startete der Verein Digitalcourage im Mai eine Petition dafür, ein Recht auf analoges Leben ins Grundgesetz aufzunehmen. Denn ein Leben ohne digitale Geräte oder auch nur ohne Smartphone wird immer eingeschränkter – oder teurer: So zahlen Bankkund:innen, die ihre Bankgeschäfte vor Ort erledigen wollen, meist mehr als für eine Online-Kontoführung. Die Deutsche Bahn stellt ihre Bahncards von Plastikkarte auf App um. Und die Terminvereinbarung mit Arztpraxen verlagert sich zunehmend vom Telefon auf Online-Plattformen.

Mit der Verankerung eines Rechts auf analoges Leben im Grundgesetz „gäbe es ein einklagbares Recht auf einen alternativen analogen Weg“, sagte Rena Tangens von Digitalcourage der taz zum Start der Petition.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • "Interessant ist auch der Grund, den Menschen für die Nichtnutzung digitaler Technologien angeben. Auf Platz eins mit 70 Prozent liegt hier die Sorge um die Sicherheit der persönlichen Daten"

    Dies sind keine irrationale Sorgen. Dies ist durch Experten voll und ganz belegt. Fragen Sie einmal jemand vom Chaos Computer Club hierzu. Oder fragen Sie sich einfach einmal einen "digital native" (einen Nutzer auf gut Deutsch, der von Programmieren nur sehr wenig Ahnung hat), was da im Hintergrund der Apps so alles abläuft.

    Bei Digitalisierung wird IT Expertenwissen mit reiner Anwendung ohne Wissen verwechselt. Das letztere aber führt zu Kontrollverlust gerade im digitalen Zeitalter.



    Ein reifes Verhalten ist dememtsprechend die freiwillige Einschränkung undurchsichtiger digitaler Dienste und nicht die Erweiterung wie es natürlich gewisse Lobbygruppen oder konsumberauschte Klientel fordern.

    • @Werner2:

      Das begründet sehr gut ein Recht auf Transparenz.



      Ihr Argument führt aber nicht dazu, dass der Staat ein Recht auf analoge Vorgehensweise untersützten muss.

      Um auch hier einen Vergleich zu ziehen, der wie immer hinkt:



      Sie wissen auch nicht, wer welche Telefonate abhört (ob digital oder analog spielt keine Rolle). Dennoch ist es Unsinn vom Staat das Recht einzufordern, dass jeder einen persönlichen Boten bekommt.

      • @CR43:

        Wer verlangt denn, dass jeder einen persönlichen Boten bekommt?



        Bleiben Sie bei den Argumenten, statt die Argumente gegen die Sie sprechen mit unsinnigen Vergleichen ins lächerliche zu ziehen.



        Und ein Telefonat abzuhören ist ein aktiver Bruch der Datenschutzgesetze, während bei vielen digitalen Anwendungen ganz bewusst und automatisiert maschinell auswertbare Daten zu Drittfirmen übertragen und dort auf unbestimmte Zeit gespeichert werden. (Und als Nutzer muss ich dem sogar zustimmen, um die Anwendung nutzen zu können.)



        Da keinen Unterschied zu erkennen, zeugt auch von ein klein wenig Naivität.

  • Das wäre jetzt genauso wie die Forderung auf das Recht der Analphabeten auf eine Welt, in der man nicht lesen und schreiben können muss und jeder das Recht auf einen Vorleser hat.



    Nicht umsetzbar.



    Die Freunde der Analogie dürfen gerne der in Ihrer Welt verharren, nur muss der Staat sie nicht in dieser Welt gesondert schützen.

    • @CR43:

      Es stellt sich leider die Frage, wer der Analphabet ist, solange Sie nicht klare Informationen erhalten, was mit Ihren Kommunikations-Metadaten sowie Bewegungsmuster Metadaten passiert, an wen diese weitergereicht werden und wie diese verknüpft werden. Haben Sie diese Informationen? Können Sie programmieren und haben Sie Zugang zu dem Quellecoder all Ihrer Apps auf Ihrem Endgerät?

      Vlt kann Ihnen da der CCC erste Hinweise geben. Es soll sogar gute Videos hierzu im .. Internet.. geben.

      Information ist Macht. Und Informationen über Sie bedeuten ein Macht-und Kontrollverlust für Sie. So lange dem so ist, ist jeder Lebensstil, der einen solchen Kontrollverlust minimiert nicht nur legitim, sondern sogar ratsam.



      Schade, wenn man selbst so wenig wirklich über die Hintergründe weiß, sich aber nur an den vordergründigen Vorteilen erfreuen möchte und dann noch diejenigen, die ein wenig mehr nachdenken, mit Analphabeten vergleicht.

    • @CR43:

      Gestern wollte ich ein neues Smartphone kaufen, und stand dumm da, weil ich kein Bargeld bei mir hatte.



      Der Kartenleser war kaputt.



      Ich bin sehr froh, dass der nächste Bankautomat nicht weit war und Barzahlung noch eine Option darstellte.



      Analoge Alternativen sollten immer möglich bleiben.

      • @Herma Huhn:

        Ja schade. Kommt vor.



        Oder wie gerade im Bus in HH erlebt: App zum Bezahlen der digitalen Fahrkarte funktioniert (Busse in HH nehmen weder Bargeld noch Kreditkarten, sondern nur eine spezielle Prepaid-Card).



        Das heißt nicht, dass jeder Anbieter von z.B. Terminen neben der App etc. auch einen analogen Weg anbieten MUSS. Das wäre die Konsequenz einer staatlichen Regelung in Ihrem Sinne.



        Um es mal ad absurdum zu führen: Sie wollen sich das Recht zur analogen Anmeldung von rein digitalen Veranstaltungen (z.B. webbased Vortrag) erkämpfen. Das ist in meinen Augen ziemlicher Unfug.

        • @CR43:

          Da übertreiben Sie aber die Forderung mit Absicht ins Lächerliche.



          Eine Veranstaltung, die digital angeboten wird, analog buchen zu können, verlangt doch niemand.



          Es geht um das Recht analoge Dienstleistungen auf analogem Wege in Anspruch nehmen zu können.



          Dass man so etwas dazuschreiben muss, zeigt, wie wenig diskussionsbereit manche Menschen sind.

  • Meist bedeutet "Digitalisierung", dass man gezwungen wird, allen Nutzungsbedingungen von Google zuzustimmen, sich ein Google-Konto anzulegen, zuzustimmen, dass "zur Optimierung der Benutzererfahrung" alle derzeitigen und zukünftigen persönlichen Daten an 1207 Partnerunternehmen weitergegeben werden, usw.



    Und das in Zeiten der DSGVO, in Zeiten, in denen die EU Milliarden ausgibt, um unabhängiger von den US-Großkonzernen zu werden.



    Das ist keine Digitalisierung, das ist Enshitification. Die Leute, die das nicht mitmachen wollen, sind nicht zu doof - ganz im Gegenteil.

    Eine Pflicht zur Webseite wäre das Mindeste!

    • @Limonadengrundstoff:

      Dann müssen wir wohl mal das Google-Monopol zerschlagen.



      Wäre ich sehr dafür.

  • Digitalcourage hat natürlich recht, zu fordern, dass man auch ohne Smartphone am Leben teilhaben kann.



    Aber das heisst ja bei weitem nicht, dass das Digitalgegner wären.



    Hier wird mal wieder all zu sehr vereinfacht. Ich bin für eine analoge Teilhabe, würde jedoch niemals auf den Computer verzichten wollen. Man kann digitale Medien nutzen, mit Schreibprogrammen arbeiten, sogar Informatikerin sein, ohne dass man es in Ordnung findet, alle paar Jahre ein noch funktionsfähiges Smartphone wegzuschmeissen, nur um annnähernd sicher zu sein, dass es noch Updates bekommt, um z.B. günstiger Bahntickets zu kaufen. Die Argumentation der Bahn mit den Kosten für die Automaten ist so durchsichtig wie lächerlich. Auch die Digitalinfrastruktur für die Onlineabrechung kostet Unsummen, ein fairer Vergleich wird aber garnicht angestrebt, da man nur per Smartphone neben der Kundenidentität gleich noch Standort und Zusatzinformationen abgreifen und ggf. verkaufen kann. Es darf nicht teuerer sein, anonym am Leben teilzuhaben. Und es muss auch für Menschen, die aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen kein Smartphone besitzen, möglich sein, sonst ist alle Barrierefreiheit ein Witz.

    • @Sonja Bleichle:

      +1