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Lärm durch zu laute MotorenHärtere Regeln gegen Motorradlärm

Nach einem taz-Bericht fordert die Umweltbundesamt-Chefin schärfere Prüfungen. Das Kraftfahrtbundesamt soll strenger beaufsichtigen.

Hamburger Motorradtage vom 23.-25. Februar – wie hoch die Lärmbelastung dort wohl ist? Foto: dpa

Berlin taz | Nach einem taz-Bericht über unnötig laute Motorräder und Autos fordert das Umweltbundesamt (UBA) jetzt Konsequenzen. „Die EU sollte die Geräuschprüfung bei der Typzulassung von Motorrädern und Personenkraftwagen verschärfen“, sagte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger der taz. „Wir brauchen Lärmgrenzwerte auch für Geschwindigkeiten über 80 Kilometer pro Stunde sowie für alle Motordrehzahlen.“ Zudem müsse das zuständige Kraftfahrt-Bundesamt die Angaben der Hersteller zur Lautstärke überprüfen.

„Manche Fahrerinnen und Fahrer wollen sich durch Lärm profilieren. Das können wir nicht gutheißen, denn Straßenverkehrslärm geht auf Kosten der Gesundheit anderer“, sagte Krautzberger. Chronische Lärmbelastungen können dem bundeseigenen Robert-Koch-Institut zufolge Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arterienverkalkung verursachen, außerdem Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkte.

BMW und andere Konzerne bauen ihre Motorräder und Autos laut einem taz-Bericht vom 10. Februar absichtlich so, dass sie lauter sind, als zum Fahren nötig wäre. Die Unternehmen bestätigten, dass sie in den Auspuff mehrerer Modelle Klappen einbauen. Diese dienen dazu, bei den im Zulassungstest geprüften Drehzahlen den Lärm zu verringern. Insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten sind die Fahrzeuge aber lauter. Denn viele Kunden legen Wert auf eine möglichst große Lautstärke. Auspuffklappen haben zum Beispiel Deutschlands meistverkaufter Motorradtyp, die BMW R 1200 GS, oder Autos von Volkswagen, Audi, Mercedes und Porsche.

„Bisher sind die Messbedingungen realitätsfern, sodass die Fahrzeuge im realen Betrieb oft lauter sind als im Zulassungstest“, bestätigte jetzt auch UBA-Chefin Krautzberger. Versuche des baden-württembergischen Verkehrsministeriums haben gezeigt, dass manche Motorräder doppelt so viel Geräusch­emis­sionen abgeben, wenn die Tester die Prüfbedingungen etwas veränderten, damit diese praxisnäher sind.

Ergebnisse in eineinhalb Jahren

Hier will das Umweltbundesamt nun nachlegen: „Derzeit führen wir ein Forschungsprojekt durch, um wissenschaftlich fundiert zu ermitteln, wie wirksam die Typprüfvorschriften für Motorräder und Pkw wirklich sind“, sagte Krautzberger. „Mit Ergebnissen rechnen wir in etwa eineinhalb Jahren.“

Das Umweltbundesamt glaubt aber auch, dass das be­stehende Recht besser umgesetzt werden kann. Denn Krautzberger sagte der taz: „Wir wünschen uns, dass das Kraftfahrtbundesamt (KBA) seine vorhandenen Handlungsspielräume nutzt. So können zu laute Fahrzeuge und Bauteile aus dem Verkehr gezogen werden.“ Neben den behördlichen Prüfungen bei ungefähr 50 Kilometer pro Stunde ist derzeit eine zusätzliche Geräuschprüfung bei 20 bis 80 Kilometer pro Stunde zu bestehen.

BMW und andere Konzerne bauen Motorräder und Autos extra so, dass sie lauter sind als nötig

Dies allerdings wird nicht von den Behörden selbst geprüft, die Hersteller müssen nur bescheinigen, dass sie diese Vorschriften einhalten. „Das KBA sollte bei Verdacht auf Nichteinhaltung nachmessen und die Herstellerangaben prüfen“, rät Krautzberger.

Das KBA beantwortete eine Anfrage der taz dazu nicht. Der Verband der Automobilindustrie wies die UBA-Forderung nach neuen Vorschriften zurück. „Die Geräuschgesetzgebung wurde vor zwei Jahren umfassend reformiert. Die erste Stufe der neuen Gesetzgebung ist in Kraft, weitere Senkungen sind bereits beschlossen. Daher ist die Forderung nach einer Verschärfung bereits erfüllt“, teilte Verbandssprecher Eckehart Rotter der taz mit.

Ein Grenzwert für alle Drehzahlen ist bislang aber nicht geplant, sodass die Hersteller weiter tricksen können, indem sie den Lärm nur in solchen Situationen senken, die dem Test ähneln. Auch dass die Behörden nur bei niedrigen Geschwindigkeiten testen, hält die Lobbyorganisation der Autoindustrie für ausreichend: „Die Lärmgrenzwerte beziehen sich explizit auf 50 Stundenkilometer, um das besonders sensible innerstädtische Fahren effizient zu regulieren. Ein Test bei 80 Stundenkilometer ist daher nicht zielführend.“ Darauf, dass Motorräder auf einigen Raserstrecken mit Anwohnern oft doppelt so schnell unterwegs sind, ging der Sprecher nicht ein.

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12 Kommentare

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  • Ich empfehle auch ausdrücklich, die Software genauer anzuschaun auf unterschiedliches Verhalten real und auf dem Rollenprüfstand...da wird nämlich auch getrickst, nichit nur mit den Klappen, sondern auch gang banal mit der Motorleistung, die in diesem Moment nicht geprüft wird.

    Da nutzt eine reine Hallenprüfung gar nichts, wenn die real wie Diesel die Messung verfälschen.

     

    Und wie etliche "Sportwagen" zu ihrer Zulassung gekommen sind mit leeren Auspuffanlagen, die klingen wie ne Colabüchse, frag ich mich auch. Zum Kotzen.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Mein Gott, ist diese Merkelregierung feige. Das Kuschen vor den Dieselbetrügern hat wohl nicht gereicht, um endlich eine politische Verantwortung umzusetzen.

    Nur, weil warscheinlich 95% der Motorradraser CDU-Wähler sind, wird noch nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit kontrolliert. Viel trauriger gehts nicht.

  • Lärm zu machen ist für Kleinkinder die einzige Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu gewinnen. Bei manchen bleibt es dabei.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."Manche Fahrerinnen und Fahrer wollen sich durch Lärm profilieren. Das können wir nicht gutheißen".

    Und wodurch profilieren sich die Hersteller?!

  • Jetzt wollen sie uns das auch noch nehmen. Wenn meine Ducati Monster nicht dieses Monstergeräusch hätte, wenn ich aus meiner Garage fahre, was wäre dann das für ein armseliges Motorrad.

    • @Nico Frank:

      & erst das Steuerketteklappern!

      Goillewelle! Newahr! Auch klar!

    • @Nico Frank:

      Bleiben Sie doch einfach in der Garage, dann ist der Sound noch geiler!

       

      Apropos armselig...was meinen Sie, wie viele Ihrer Nachbarn und Ortsmitbewohner diesen Sound geil finden? Egal? Ok...so kann man allen Motorradfahrern einen tollen Gefallen tun.

  • Booey - geil! Ja & wie? TÜV & so -

    ABE-Kasper???

     

    Wieso? No Problem!

    Alle vo'm TÜV- abgenommen!

     

    (ps Wernersen bröselt noch ein drauf -

    "Rote Nummer & A' schlecken!")

     

    So geht das.

     

    (ps find solch fotoshopfottos ja lustig -

    &

    Topfreiniger metal im Topf - ja alles klar! Girlandenmäßig! Woll!)

     

    Aber - frauman zeigt - wieder mal!

    Koa Ahnung - nich! Nö.

    Da liegen die Probleme nun wirklich nich!

    &

    Die! Vorlage - zum Abwinken. Newahr!

  • Das ist so ein grober Unfug. Ich finde auch Haushaltsgeräte unerträglich laut und frage mich, wann es endlich einen leisen Staubsauger gibt. Der Zusammenhang zwischen Leistung und Lautstärke funktioniert doch bloß im Prolgehirn.

    • @emanuel goldstein:

      Ziemlich leise Staubsauger - und zum Beispiel auch Handrührgeräte etc. - gibt es bereits, bei Haushaltsgeräten entdecken die Hersteller das gerade als Verkaufsmerkmal. Ich habe meine ganze Küchen- und Waschmaschinenausrüstung nach Lärmwerten zusammengesucht und bin sehr zufrieden.

      Bei Staubsaugern, schauen Sie mal bie Electrolux.

    • @emanuel goldstein:

      Ich glaube kaum das sich die Konstruteure der DTM und Formel 1 Autos technischen Aufwand betreiben um die Autos lauter zu machen.

      Leistung und Lautstärke stehen schon in einem starken Zusammenhang.

      Was nicht bedeuten muss das die Straßenversionen eine derartige Lautstärke entwickeln müssen um die gewünschte Leistung zu entwickeln.

      • @Baidarka:

        "Leistung und Lautstärke stehen schon in einem starken Zusammenhang. "

         

        Völliger Blödsinn. Das ist nur gefühlt so. Ich weiss von einem Test mit Enduro-Auspuffanlagen, die gefühlt "Mehrleistung" brachten, im Leistungstest hinterher ist nahezu nichts übrig geblieben davon.