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Behördenmessung Grundwasser kaum mit Antibiotika aus Tierhaltung belastet

Schweine und Geflügel erhalten Antibiotika und scheiden die Stoffe wieder aus. Wie stark verunreinigt die belastete Gülle das Grundwasser? Messungen an 48 Orten in Deutschland geben Entwarnung.
Geflügelhaltung: 1619 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben

Geflügelhaltung: 1619 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben

Foto: Carmen Jaspersen/ picture alliance / dpa
Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv. Warum ist das wichtig?

Antibiotika aus der Tiermast gelangt nur selten ins Grundwasser. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA)  in vier Bundesländern, die am Freitag in Dessau-Roßlau veröffentlicht wurde.

An 39 von 48 Messstellen wurden demnach keinerlei Wirkstoffe gefunden. An sieben Standorten in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen fanden sich im Grundwasser sehr geringe Antibiotika-Rückstände, an zwei weiteren Stellen waren die Werte erhöht. Das UBA untersuchte jeweils zwei Proben auf 23 Wirkstoffe.

Antibiotika werden in der Intensivtierhaltung in großem Umfang eingesetzt, vor allem bei Schweinen und Geflügel, aber auch bei Rindern. Nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden 2012 in Deutschland rund 1619 Tonnen Antibiotika an Tierärzte abgegeben, das entspricht etwa dem Zwei- bis Dreifachen des Antibiotikaeinsatzes in der Humanmedizin (630 Tonnen).

Einen Großteil der Stoffe scheiden die Tiere mit dem Kot und Urin unverändert wieder aus. Kommt derart belastete Gülle auf die Felder, gelangen die Arzneimittel auch in die Umwelt. Wie sie dort wirken, ist nicht abschließend geklärt.

Trinkwasser problemlos

Zwar könne hinsichtlich der Grundwasserbelastung zunächst Entwarnung gegeben werden, betonte UBA-Vizepräsident Thomas Holzmann. Dennoch rät er, Grenzwerte einzuführen. Bisher gibt es für Tierarzneimittel weder einen Grenzwert in der Grundwasserverordnung noch in der Trinkwasserverordnung.

Deshalb sollte "aus Vorsorgegründen" der geltende Grenzwert für Pflanzenschutzmittel-Rückstände im Grundwasser auch auf Tierarzneimittel übertragen werden, forderte Holzmann. Über das bestehende Bund-Länder-Messnetz könnten zumindest unter gefährdeten Böden regelmäßig Proben genommen werden. Die Länder könnten dann im Einzelfall einschreiten.

Das Hauptproblem für das Grundwasser in Deutschland ist nach wie vor die zu hohe Nitratbelastung. Nitrat gelangt mit zu viel stickstoffhaltigem Dünger auf die Felder oder stammt aus der Gülle der Mastställe und den Gärrückständen der Biogasanlagen.

Rund die Hälfte aller Grundwasser-Messstellen in Deutschland zeigen laut UBA derzeit erhöhte Nitratkonzentrationen; ein Teil des Grundwassers hält gar die vorgegebene Qualitätsnorm nicht ein. Aus dem Grundwasser gewonnenes Trinkwasser ist laut UBA aber in der Regel unbelastet und kann nach der Aufbereitung durch die Wasserversorger problemlos getrunken werden.

boj/AFP