Sturzprozesse haben lokal oft einschneidende Auswirkungen

Grosse Fels- und Bergstürze kündigen sich meistens durch eine erhöhte Steinschlagaktivität im Voraus an.  

In steilen und felsigen Gebieten kann es zu Block- und Steinschlägen, zu Felsstürzen (über 100 m3) oder gar Bergstürzen (mit über einer Mio. m3 Gesteinsvolumen) kommen. Dabei beschränken sich diese Prozesse keineswegs nur auf das Gebirge: Überall dort, wo an der Oberfläche Fels- und Gesteinsformationen in Erscheinung treten, muss mit dieser Gefahr gerechnet werden. Grosse Fels- und Bergstürze kündigen sich meistens durch eine erhöhte Steinschlagaktivität im Voraus an.

Zwar fallen die jährlichen finanziellen Schäden aus Sturzprozessen in der Schweiz kaum ins Gewicht. Aufgrund der meist starken Einwirkungen können sie jedoch lokal sehr einschneidende Auswirkungen haben. Gewisse Gebiete dürfen aufgrund der Gefährdung nicht besiedelt, andere müssen temporär (wie 2023 in Brienz, GR) evakuiert oder – falls nicht anders möglich – dauerhaft umgesiedelt werden (wie 2014 in Horlaui, Weggis, LU). Nicht selten sind Infrastrukturanlagen wie Strassen und Bahnlinien von Steinschalg und Felsstürzen betroffen.

Aufgrund der spektakulären Bilder lösen Sturzprozesse oft ein grosses Medienecho und entsprechende Betroffenheit in der Bevölkerung aus

Auswirkungen Klimawandel

Das Risiko von Steinschlägen bis hin zu Felsstürzen wird aufgrund des Klimawandels voraussichtlich zunehmen

Risiko nimmt mit Klimawandel zu

Das Risiko von Steinschlägen bis hin zu Felsstürzen wird aufgrund des Klimawandels voraussichtlich zunehmen: Auftaufender Permafrost, häufigere Frost- und Tauzyklen in wärmer gewordenen Wintern sowie vermehrte Starkniederschläge können zu einer Destabilisierung der Felswände führen.

Überwachung und Frühwarnung

Überwachung und Frühwarnung

Überwachungen und Frühwarnungen dienen in erster Linie der Personensicherheit, indem die Bevölkerung rechtzeitig aus dem Gefahrengebiet evakuiert wird. Für die Infrastruktur sind alternative Verkehrswege im Falle einer Sperrung wichtig. Da den Sturzprozessen meistens nicht ausgewichen werden kann, führt dies zu einschneidenden indirekten Kosten (wie beispielsweise der zeitweisen Sperrungen der Gotthard-Autobahn A2).

Wirkungsvolle Massnahmen

Wirkungsvolle Massnahmen

Die Steinschlaggefahr kann durch Schutzwälder und technische Massnahmen gemindert werden. Bei Felsstürzen sind diese Massnahmen schon deutlich teurer, aufwändiger oder gar nicht umsetzbar. Bei Bergstürzen bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten, um den Prozess selber zu beeinflussen. Daher steht im Sinne eines Integralen Risikomanagements nicht die Reduktion der Gefahr allein im Fokus, sondern die Erfassung, Bewertung und Steuerung des Risikos – auch bei einer Nutzen-Kostenbetrachtung –, begleitet von einem aktiven Risikodialog. Beispiele von Massnahmen sind:

Raumplanerische Massnahmen

  • Die Siedlungsentwicklung in ungefährdeten Gebieten planen  
  • Bauverbote in stark gefährdeten Gebieten erlassen  
  • Differenzierte Gefahrenzonen ausscheiden und Nutzungen einschränken 
  • Auflagen für Neu- und Umbauten in gefährdeten Gebieten beschliessen 

Technische Massnahmen

  • In bekannten Stein- oder Blockschlaggebieten Bauten und Anlagen in robuster Bauweise erstellen oder verstärken 
  • Lokal begrenzte Sturzquellen sichern oder abbauen 
  • Dämme errichten, insbesondere wenn grosse Volumen erwartet werden 
  • Schutznetze spannen und unterhalten

Biologische Massnahmen

  • Schutzwälder im Entstehungs-, Transit- und Abbruchgebiet errichten und pflegen 

Organisatorische Massnahmen

  • Bekannte Gefahrenquellen überwachen
  • Alarmdispositive organisieren 
  • Verkehrsachsen und Wanderwege (temporär) sperren
  • Evakuationspläne erstellen, gegebenenfalls evakuieren

Spitze Stei: grossangelegte Überwachung und bauliche Massnahmen

Oberhalb von Kandersteg (BE) liegt die instabile Bergflanke «Spitze Stei», die sich seit einigen Jahren mit mehreren Metern pro Jahr stark bewegt. In der Folge kommt es nicht nur zu häufigem Steinschlag, sondern es drohen grosse Felsabbrüche mit 100'000 bis einigen Millionen Kubikmetern – als sekundäre Gefahr drohen Murgänge. Seit 2018 werden die Bewegungen mit verschiedensten Instrumenten überwacht und gemessen. Zum Schutz des Siedlungsgebiets unterhalb wurde 2020 als Notmassnahme ein Dämmesystem und ein Geschiebeablagerungsplatz gebaut. Die Gemeinde stellt Fachinformationen bereit und gibt mindestens wöchentlich ein Bulletin heraus.

Chronik

Dramatische Fels- und Bergstürze in der Vergangenheit

1806 Goldau

Der Bergsturz von Goldau (SZ) ist neben dem Basler Erdbeben (1356) die bisher grösste Naturkatastrophe in der Schweiz. Der Bergsturz vom Rossberg zerstörte am 2. September innerhalb von gut drei Minuten ganze Dörfer. 457 Menschen und 323 Tiere kamen dabei ums Leben.

1881 Elm

Obwohl sich der Bergsturz von Elm (GL) mit den verheerenden Folgen am 11. September angekündigt hatte, starben über 110 Menschen – viele, weil sie als Zuschauer der Naturkatastrophe beiwohnen wollten. Rund 10 Mio. m3 Gestein donnerten als Folge der Schieferausbeutung und des anhaltenden Regenwetters ins Tal. 83 Gebäude, 4 Brücken und 90 ha Kulturland wurden zerstört.

1991 Randa

Am 18. April und am 9. Mai kam es bei Randa (VS) zu zwei Abbrüchen mit einem Gesamtvolumen von 30 Mio. m3. Bahnlinie und Strassenverbindung nach Zermatt wurden unterbrochen, der Fluss Vispa zugeschüttet und aufgestaut. Menschen kamen keine zu Schaden. 

2012 Bellinzona

Das Gebiet oberhalb von Preonzo bei Bellinzona (TI) war seit Jahren in Bewegung, als der Kanton im April eine erhöhte Aktivität feststellte. Das betroffene Gebiet im Auslaufbereich wurde evakuiert und die Kantonsstrasse gesperrt. In den frühen Morgenstunden des 15. Mai stürzte ein Teil – ca. 220'000 m3 Gestein – ins Tal. Dank der Evakuation wurden keine Menschen verletzt.  

2017 Piz Cengalo

Am 23. August stürzten am Piz Cengalo im Bergell (GR) drei bis vier Millionen Kubikmeter Felsen zu Tal. Anschliessend flossen mehrere Murgänge bis ins Dorf Bondo. Acht Menschen kamen auf einem Wanderweg ums Leben. Es war einer der grössten Bergstürze der letzten 100 Jahre. Dank einem Geschieberückhalteraum blieb der der grösste Teil des Dorfes unbeschädigt. 

Kaskade Naturgefahren

Kaskade von Naturgefahren

Bisweilen kommt es bei Naturgefahren zu einer Verkettung von Ereignissen. Fels- oder Bergstürze können für weitere Naturgefahren eine Rolle spielen:

Rutschungen

Fels- und Bergstürze gehen oft mit Rutschungen einher.

Hochwasser

Steinschläge bis hin zu Bergstürzen können zu Verklausungen von Fliessgewässern oder zu Schwallwellen führen und Murgänge auslösen. 

Weitere Informationen zu Fels- und Bergsturz finden Sie unter 

Letzte Änderung: 06.09.2024