Christiansens Biolandhof

Christiansens Biolandhof: Preisträger im Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau 2024

Christiansens Biolandhof ist 2024 Preisträger im Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau. In seiner Laudatio hebt Jurymitglied Jürgen Hess hervor, dass sich der Hof in den vergangenen fast 20 Jahren um die ökologische Züchtung von Gemüsesorten sehr verdient gemacht und in äußerst schwierigem Umfeld Erfolge erzielt hat.

Laudatio auf Christiansens Biolandhof anlässlich der Preisverleihung am 25. Januar 2024

Der Biolandhof Christiansen ist ein ökologisch wirtschaftender Marktfruchtbetrieb mit dem Schwerpunkt ökologische Züchtung von Gemüsesorten. Die Umstellung erfolgte bereits 1983, das heißt vor circa 40 Jahren. Geführt wird er von Heinz-Peter Christiansen und Barbara Maria Rudolf sowie Jan Richardt als Produktionsleiter. Darüber hinaus sind auf dem Betrieb 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zum Teil auch in Teilzeit oder als Saisonkräfte beschäftigt, ebenso zwei Auszubildende. Der Betrieb liegt in Silberstedt nahe Schleswig. Bewirtschaftet werden in Summe 121 Hektar auf 170 Schlägen, davon 42 Hektar im Eigentum. Angebaut werden Kleegras, Kohlgemüse, Kartoffeln, Möhren, Rote Bete, Pastinake und Getreide. Der Betrieb wirtschaftet viehlos, die Nährstoffversorgung der Kulturen wird unter anderem über Futter-Mist-Kooperationen mit anderen Biobetrieben in der Region sichergestellt.

Von Beginn an wird auf dem Christiansens Biolandhof Gemüse für den ökologischen Handel angebaut, anfangs noch mit zahlreichen Sorten damals noch zahlreich vorhandener Anbieter. Mit dem Rückgang der Züchtungshäuser ging auch das Sortenangebot über die Jahrzehnte drastisch zurück. Der Öko-Landbau verwendet notgedrungen bisher hauptsächlich Sorten aus konventioneller Züchtung – ökologisch vermehrt. Die konventionelle Züchtung wird aber zunehmend ins Labor verlegt, und es kommen immer mehr Techniken zur Anwendung, die weder mit der IFOAM-Züchtungsrichtlinie noch mit der EU-Ökoverordnung vereinbar sind.

Mit der Einführung cytoplasmatisch männlich sterilen CMS-Hybriden im Jahr 2005 erwachte eine Art Widerstand auf dem Betrieb, denn weder das Ergebnis (sterile Pflanzen auf dem Bio-Acker) noch die Methode (nicht deklarationspflichtige Gentechnik) waren für die Verantwortlichen vom Biolandhof Christiansen akzeptabel.


Film ab: Christiansens Biolandhof – Preisträger des Bundeswettbewerbs Ökologischer Landbau 2024


Damit war der Impuls zur intensiven Auseinandersetzung mit der Saatgutfrage im biologischen Gemüseanbau gesetzt:

  • Im Bioland-Verband wurde der Ausschluss von CMS-Hybriden aus der Verwendung initiiert. Ebenso engagierte sich Christiansens Biolandhof gegen die etwa zeitgleich stattfindenden Freisetzungen von GVOs. Weil aber ein "Nein-Sagen" alleine nicht genügt, wurde die Idee geboren, parallel zum erwerbsmäßigen Anbau von Bio-Gemüse, Sorten für den biologischen Gemüsebau zu züchten.
  • Im Jahr 2010 wurde unter Einbindung ökologischer Groß- und Einzelhändler der gemeinnützigen Saat:gut e.V. zur Entwicklung und Durchführung ökologischer Pflanzenzüchtung gegründet.
  • Im Projekt Saat:gut wird auf Christiansens Biolandhof an neuen Gemüsesorten für den Bio-Landbau gezüchtet. Im Fokus stehen dabei die von CMS besonders betroffenen Kohlkulturen Brokkoli und Blumenkohl, aber auch anderen Gemüse-Arten wie Rote und Gelbe Bete, Möhren, Pastinaken und Rettich.
  • Christiansens Biolandhof erstellt Elitesaatgut für die Vermehrung. Die Partner Sativa Biosaatgut und Bingenheimer Saatgut AG vermehren diese Sorten und bringen das Saatgut in Verkehr.
  • Berufskolleginnen und Berufskollegen werden deutschlandweit als Sortentestende eingebunden und garantieren den Einbezug der Standort-Variabilität bei der Zuchtarbeit, wichtig auch für die Anpassung an den Klimawandel.
  • Im Rahmen seiner Züchtungsarbeit beschäftigt sich Christiansens Biolandhof auch mit der Methode der Dehybridisierung. Dabei geht es – sehr vereinfacht gesagt – darum, den Züchtungsfortschritt von Hybridsorten für die Züchtung neuer samenfester Sorten nutzbar zu machen.
  • Die Zusammenarbeit mit den bereits tätigen biodynamisch Züchtenden von Kultursaat e.V., Sativa Rheinau AG, Bingenheimer Saatgut AG und anderen im deutschsprachigen Raum führte 2022 dazu, dass sich die ökologisch Züchtenden im "Dachverband ökologische Züchtung in Deutschland e.V." zusammenschlossen, um der Züchtungsfrage im öffentlichen Diskurs und in der Politik mehr Gewicht zu geben.

Abschließend kann festgestellt werden, dass Christiansens Biolandhof sich in den vergangenen fast 20 Jahren um die ökologische Züchtung von Gemüsesorten sehr verdient gemacht und in äußerst schwierigem Umfeld Erfolge erzielt hat. Auf Christiansens Biolandhof wird ein wichtiger Beitrag dazu geleistet, neue samenfeste, ökologisch gezüchtete Sorten bereitzustellen und damit den zunehmenden Konzentrationen am Markt entgegenzuwirken. Das konnte nur unter Einbezug von den Abnehmern, Verbraucherinnen und Verbraucher sowie den Berufskolleginnen und Berufskollegen gelingen. Diese große Pionierleistung verdient besondere Anerkennung.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zeichnete die Preisträger im Bundeswettbewerb Ökologischer Landbau am 25. Januar 2024 auf der Grünen Woche in Berlin aus. Die Laudatio hielt Jurymitglied Jürgen Hess.


Betriebsporträt: Gemüse-Züchtung für alle – Christiansens Biolandhof

Gemüsezüchtung ist ein schwieriges Feld. Sie wird dominiert von konventionellen Zuchtunternehmen, die überwiegend nicht samenfeste, also nicht nachbaufähige, Sorten anbieten. Zudem kommen vor allem bei Kohlarten wie Blumenkohl und Brokkoli, gentechnische Verfahren zum Einsatz, die im Öko-Landbau nicht zugelassen sind. Um auch Bio-Betrieben züchterischen Fortschritt ohne Gentechnik zu ermöglichen, ist der Bio-Gemüsebaubetrieb Christiansen bereits 2009 dazu übergegangen, neben dem Erwerbsanbau auch eine eigene, praxisnahe ökologische Gemüsezüchtung aufzubauen.

Das Betriebsleiterteam Heinz-Peter Christiansen, Barbara Maria Rudolf und Jan Richardt bewirtschaftet den 120 Hektar-Betrieb mit etwa 20 Mitarbeitenden. Wichtigste Kulturen sind neben Kartoffeln vor allem Möhren, Rote und Gelbe Bete, Brokkoli, Blumenkohl, Rettich und Pastinaken. Diese Kulturen werden auf dem Hof auch züchterisch weiterentwickelt. Dafür nutzt der Betrieb eine Regelung des aktuellen Saatgutverkehrsgesetzes, nach der Amateursorten mit wenig Aufwand als neue Sorten für den professionellen Anbau zugelassen werden können.

Der eigene Erwerbsanbau ermöglicht es dabei, neue Züchtungen direkt unter ökologischen Praxisbedingungen zu testen. Zudem arbeitet der Betrieb deutschlandweit mit weiteren Bio-Betrieben zusammen, um die möglichen neuen Sorten unter verschiedenen Standortbedingungen zu prüfen. Der Betrieb Christiansen erstellt für erfolgreich geprüfte Sorten das Ausgangsmaterial (Elitesaatgut) für die Vermehrung.

Die Vermehrung selbst übernehmen die Partner Sativa Bio-Saatgut GmbH und die Bingenheimer Saatgut AG. Sie bringen das Saatgut auch anschließend in Verkehr. Beide Partnerunternehmen unterstützen die aufwändige Züchtungsarbeit des Betriebs auch finanziell. Der 2010 vom Betrieb gegründete Saat:gut e.V. ist gemeinnützig und bietet Unternehmen und Privatpersonen die Möglichkeit, sich in die ökologische Züchtungsarbeit einzubringen.

Seit vielen Jahren setzt sich die Betriebsleitung auch auf politischer Ebene für die Stärkung der ökologischen Gemüsezüchtung ein. Über Verbände wie Bioland, den Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und den Dachverband der europäischen Biobranche (IFOAM Organics Europe) macht sie sich stark für den Erhalt gentechnikfreier Sorten und bringt sich aktiv ein in die Gestaltung deutscher und europäischer Rahmenbedingungen für Pflanzenzüchtung. Gemeinsam mit bestehenden Partnern und anderen ökologischen Züchtern wurde darüber hinaus der Dachverband Ökologische Pflanzenzüchtung in Deutschland e.V. gegründet. Damit soll bei zentralen Fragen zur ökologischen Pflanzenzüchtung der Einfluss auf den öffentlichen Diskurs und die Politik gestärkt werden.

Das große Engagement des Betriebs für die ökologische Züchtungsarbeit wurde auch von der Jury besonders hervorgehoben. Christiansens Biolandhof leistet nach Einschätzung der Jurymitglieder einen wichtigen Beitrag, um der wachsenden Abhängigkeit von marktdominierenden Großunternehmen entgegenzuwirken. In einem schwierigen Umfeld habe man dabei viele Erfolge erzielt. Das sei eine große Pionierleistung, die eine besondere Anerkennung verdiene.

Kontakt zu Christiansens Biolandhof

Christiansens Biolandhof
Kamper Weg 6
24887 Esperstoftfeld

Christiansens Biolandhof


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Letzte Aktualisierung 25.01.2024

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