Weltacker besuchen und Welternährung erleben

Weltacker besuchen und Welternährung erleben

Der Weltacker macht uns das komplexe Thema Welternährung schmackhaft: Hier wächst auf kleiner Fläche fast alles, was wir verzehren, verfüttern, verarbeiten und verheizen. Beim Rundgang lernen Jung und Alt Exoten wie Erdnuss, Baumwolle und Tabak kennen und verstehen: Mit unserem Konsum beeinflussen wir, ob die Weltbevölkerung satt werden kann!

Willkommen auf dem Weltacker: Hier stehen vierzig der am häufigsten angebauten Ackerkulturen dieser Welt auf 2000 Quadratmetern. Die Zahl ergibt Sinn: die weltweite Ackerfläche von 1,45 Milliarden Hektar geteilt durch 7,5 Milliarden Menschen ergibt rund 2000 Quadratmeter. So viel fruchtbares Ackerland steht uns allen pro Kopf zu. Darauf muss alles wachsen, was uns ernährt und versorgt: Weizen, Kartoffeln, Kohl und Co. sowie Genusspflanzen wie Zuckerrüben, Kaffee und Tabak. Hinzu kommen Mais und Soja als Tierfutter, Baumwolle für T-Shirts sowie Raps für Biodiesel.

"Wir haben die Ackerkulturen im gleichen Verhältnis angepflanzt, wie sie auf den Feldern weltweit angebaut werden. Allein 986 Quadratmeter – also fast die Hälfte der Beete – befüllt Getreide. Auf Platz 2 folgen die Ölfrüchte mit 340 Quadratmetern", erklärt Anette Wilkening vom Überlinger Weltacker. Das Bildungsprojekt am Bodensee findet sich auf einem Feld des Demeter-Hofguts Rengoldshausen.

Weltacker national und international

Der Überlinger Weltacker ist einer von mehreren in Deutschland. Die Idee zur Umsetzung dafür hatte Benedikt Härlin, ehemals Vertreter der Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) im Aufsichtsrat des Weltagrarberichts. Zusammen mit der Zukunftsstiftung Landwirtschaft hat er den ersten globalen Acker in Berlin aufgebaut. Einen weiteren hat die  Höfegemeinschaft Pommern im Dorf Rothenklempenow angelegt. Der jüngste Ableger findet sich in Freiburg.

Aber auch in China, Kenia, Frankreich, der Schweiz und Schottland gibt es Partner-Äcker. Die gemeinsame Botschaft lautet: Es ist noch genug Boden für alle da. Eigentlich! Denn die Menschen in Europa nutzen deutlich mehr Ackerland als ihnen zusteht. Die zusätzlichen Flächen für Soja, Kaffee und Co. befinden sich im globalen Süden.

Tierfutter frisst Fläche

Mehr als zwei Drittel der weltweiten Ackerflächen frisst das Tierfutter. Entsprechend ist das Sojabeet auf dem Weltacker mit 150 Quadratmetern dreimal so groß wie das Gemüsebeet mit 50 Quadratmetern. Allein um zwei Schweine auf 115 Kilogramm Schlachtgewicht zu mästen, braucht es 2000 Quadratmeter Fläche. Aber die fehlen dann einem Menschen. "Wir wollen nicht Vegetarismus predigen, sondern Verständnis für das Maß wecken", erläutert die Bildungsreferentin Wilkening das pädagogische Konzept. Die Wirkung beruht nicht auf dem moralischen Zeigefinger, sondern die Flächenanteile sprechen für sich. Das zeigen auch die Flächenbuffets auf einen Blick: mit den Zutaten für ein Gericht bepflanzte Beete. So braucht eine Mahlzeit Spaghetti Bolognese etwa dreimal so viel Fläche wie Spaghetti mit Tomatensauce.

Teller statt Tank

Auch vermeintlich nachhaltige Energiepflanzen erscheinen hier im neuen Licht. Damit ein einziges Auto pro Jahr 14.000 Kilometerfahren kann, bräuchte es 6.000 bis 7.000 Quadratmeter Land für Energiepflanzen. Dann müssten aber drei bis vier Menschen auf ihr Essen verzichten, sprich verhungern. Andere Stationen verdeutlichen, wie viel Lebensmittel durch bessere Lagerung und Logistik zu retten wären.

Die schlechte Nachricht ist: Die Ackerflächen schwinden. Allein in Deutschland werden täglich 56 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsflächen (siehe Bundesumweltamt) neu ausgewiesen. Und bei einer wachsenden Weltbevölkerung haben wir bald vielleicht nur noch 1500 Quadratmeter pro Person. Die gute Nachricht: Wenn wir pfleglich genug mit Natur und Böden umgehen, weniger verschwenden, könnte es trotzdem reichen. Wir alle können mit unserem Konsum dazu beitragen.


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Letzte Aktualisierung 19.08.2024

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