Freiwilliges Ökologisches Jahr auf dem Bio-Hof

Freiwilliges Ökologisches Jahr auf dem Bio-Hof

Ein Freiwilliges Ökologisches Jahr auf einem Bio-Hof lohnt sich: Merit Randl und Robin Heine berichten im Interview von der abwechslungsreichen Arbeit auf dem Wacholderhof, einem Bioland-Betrieb und Schulbauernhof in Murrhardt.

Von der Schulbank auf den Acker

Nach der Schule wissen viele Jugendliche noch nicht, für welchen Beruf sie sich entscheiden sollen. Durch ein Freiwilliges Ökologisches Jahr auf einem Bio-Bauernhof bekommen die Absolventinnen und Absolventen tiefe Einblicke in die ökologische Landwirtschaft und erfahren, wie viel Arbeit in der Herstellung unserer Lebensmittel steckt. Und manche wissen nach dem Jahr besser, was sie (nicht) wollen! Wir sprachen mit Merit und Robin über ihre Erfahrungen im Freiwilligen Ökologischen Jahr, das sie auf dem Wacholderhof in Murrhardt verbracht haben.

Oekolandbau.de: Wieso habt ihr Euch nach der Schule für ein FÖJ auf einem Bio-Hof entschieden? Und wieso gerade für den Wacholderhof?

Merit: Ich wusste nach der Schule nicht genau, was ich machen wollte. Ich habe mich schon immer für Tiere interessiert, mag Pferdekoppeln und Kuhweiden. Mannheim ist eine Großstadt – ich wollte etwas anderes machen, etwas Neues, das mich herausfordert. Auf dem Wacholderhof wurde ich herzlich aufgenommen. Das vielfältige Aufgabengebiet des Hofes und das Konzept, dass jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin entsprechend der individuellen Fähigkeiten eingesetzt wird, haben mich schnell überzeugt.

Robin: Nach dem Abi wusste ich nicht, was ich studieren sollte. Ich wollte ein Jahr Pause machen, aber nicht herumsitzen und nichts tun. Ein Freiwilliges Soziales Jahr hat mich nicht so interessiert. Ein Freiwilliges Ökologisches Jahr klang für mich ganz witzig. Nach einer Internetrecherche zum FÖJ erschienen mir als erstes die verschiedenen Träger von Baden-Württemberg. Daraufhin habe ich mich bei drei Höfen beworden, unter anderem beim Wacholderhof. Hier hat mir vor allem die Umgebung gefallen. Der Hof liegt im Nirgendwo, mitten im Wald, was ich superschön fand. Nachdem ich einen Abend dort verbracht hatte, habe ich den Vertrag unterschrieben.

Oekolandbau.de: War es für Euch wichtig, auf einen Bio-Hof zu gehen?

Robin: Ja. Ich habe mich schon immer für die Umwelt interessiert, deshalb war ein FÖJ naheliegend. Auf einem konventionellen Hof hätte ich das nicht gemacht. Das geht gegen meine Prinzipien.

Merit: Für mich war das auch wichtig. Ich habe hier erlebt, dass Landwirtschaft nicht aus riesigen Äckern und unendlich großen Traktoren bestehen muss, die in einer Kolonne darüber brettern. Jetzt weiß ich, wie die ökologische Landwirtschaft im Einklang mit der Natur funktioniert. Aber auch, wo die Probleme und Grenzen liegen.

Mir hat am besten die Vielfalt der Aufgaben gefallen.
Merit

Oekolandbau.de: Was waren eure typischen Aufgaben oder ein typischer Alltag?

Robin: Wir haben uns die Aufgaben geteilt. Teilweise haben wir uns abgesprochen, wer was macht. Die Arbeiten waren sehr vielseitig und saisonabhängig. Wir haben uns immer morgens und abends um die Tiere gekümmert. Das bedeutet im Winter Füttern und Stall saubermachen, im Sommer nach den Kühen auf der Weide schauen und Wasser nachfüllen.

Neben den landwirtschaftlichen Aufgaben haben wir die Schülerinnen und Schüler sowie die Gäste der Ferienwohnungen betreut und für sie gekocht. Außerdem waren wir auch mit auf dem Wochenmarkt.

Merit: Typisch war, dass man am Ende des Tages etwas anderes gemacht hat, als am Morgen geplant war. Darauf konnte man sich verlassen.

Im Sommer gab es viel rund ums Gemüse zu tun und Unkraut zu jäten. Im Winter haben wir uns viel mit Rosenkohl beschäftigt. Außerdem war dann die Kälber- und Lammzeit und der ganze Stall war voller Jungtiere. Landwirt David hat versucht, die Geburten möglichst in den Winter zu legen, da man die Tiere im Stall besser beobachten kann als auf der Weide.

Robin: Auf dem Hof wurden für uns ungewöhnliche Sachen angebaut, zum Beispiel Postelein. Das ist ein Salat, den viele als Unkraut bezeichnen. Das ist das Coole an einem Öko-Bauernhof, dass es eine größere Vielfalt gibt als auf vielen konventionellen Höfen. Ansonsten wurde viel ausprobiert. Wir haben Wassermelonen angepflanzt, einfach um zu schauen, ob sie gedeihen. Oder wir haben für die Tomaten ein Mistbeet gebaut und es anders gemacht als sonst. Es hat nicht funktioniert, aber wir konnten es ausprobieren. Das war cool! David hat uns diese Mentalität vorgelebt.

Das Äpfel sammeln hat mich anfangs aus der Bahn geworfen.
Robin

Oekolandbau.de: Was hat Euch besonders gefallen und was nicht?

Robin: Schwer zu sagen. Gut war, sich alles anzuschauen und überall etwas zu lernen. Es gibt aber auch einige Arbeiten, die ich nicht noch mal machen würde. Nach einem Jahr habe ich gemerkt, dass Landwirtschaft nichts für mich ist. Auf jeden Fall möchte ich nie wieder Äpfel sammeln. Das war direkt am Anfang und hat mich komplett aus der Bahn geworfen. Und beim Schlachten möchte ich auch nicht unbedingt noch einmal dabei sein.

Merit: Am besten hat mir die Vielfalt der Aufgaben gefallen. Es gibt nichts, was ich gerne zwei Wochen am Stück machen würde. Aber das kam nie vor. Es gibt so viel zu tun, dass wir uns die Arbeit aussuchen konnten. Nach zwei Tagen im Unkraut kann man wieder etwas anderes arbeiten.

Nervig waren die langwierigen Aufgaben. Zum Beispiel im Herbst nach der Ernte die Kartoffeln noch zu sortieren. Das war für mich voll der Killer, stundenlang Kartoffeln hin und her zu werfen. Zum Glück war das nach ein bis zwei Tagen erledigt. Und jeden Donnerstag im Winter vor dem Markttag Rosenkohl zu putzen war auch nicht mein Ding. Wir saßen am Abend vor einer Charge und haben den Rosenkohl von Erde befreit. Mein größtes Learning dabei war, dass Rosenkohl nicht verzehrfertig auf dem Acker steht!

Oekolandbau.de: Wie ist jetzt euer Bezug zum Wacholderhof? Würdet ihr ein FÖJ empfehlen?

Robin: Beim Hoffest war ich zum ersten Mal wieder da. Ich bin fast eine Woche geblieben und habe ausgeholfen. Das war schön! Ich habe vor, regelmäßig wiederzukommen. Ich kann ein FÖJ allen empfehlen.

Neben der Arbeit im Betrieb gibt es auch die Möglichkeit, sich politisch zu engagieren. Beispielsweise treffen sich die FÖJ-Bundessprecherinnen und -sprecher mit Abgeordneten des Bundestags, um politische Themen rund ums FÖJ zu diskutieren.

Merit: Ich fahre auch mal für ein Wochenende für ein oder zwei Tage runter, ich habe es ja nicht so weit. Man trifft immer bekannte Gesichter. Ob es David, die Tiere oder die jetzigen FÖJlerinnen sind. Ich würde das, was Robin gesagt hat, so unterschreiben. Fürs FÖJ braucht es Einsatzstellen, bei denen man ein wichtiger Teil des Teams ist und viel machen darf.

Über das Freiwillige Ökologische Jahr

Beim Freiwilligen Ökologischen Jahr können junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren sich für die Umwelt engagieren, Einblicke über Berufe im ökologischen Bereich sammeln und mehr über ökologische Zusammenhänge lernen. Oder einfach die Zeit zwischen Schulabschluss und Berufs- oder Studienbeginn sinnvoll überbrücken. Häufig bieten die FÖJ-Einsatzstellen Unterkunft und Verpflegung.

Zusätzlich gibt es ein "Taschengeld" von 225 bis 505 Euro im Monat. Ein FÖJ kann sechs bis 18 Monate dauern, in der Regel sind es zwölf. Mögliche Einsatzstellen sind: Landschafts-, Forst- und Tierpflege, ökologische Landwirtschaft, Natur- und Umweltschutzverbände, Unternehmen im Bereich der regenerativen Energien oder wissenschaftliche Forschungseinrichtungen.

Bundesarbeiterkreis Freiwilliges Ökologisches Jahr


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Letzte Aktualisierung 15.08.2024

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