Eine ausreichende Versorgung mit Heilmitteln ist entscheidend für die Gesundheit der Bevölkerung, insbesondere auch im Hinblick auf eine Pandemie. Um Engpässe zu verhindern bzw. diese ohne grössere Folgen für die Gesellschaft bewältigen zu können, bereitet der Fachbereich Heilmittel entsprechende Massnahmen vor.
Massnahmen Humanarzneimittel
In der Schweiz sind gewisse lebenswichtige Güter der Pflichtlagerhaltung unterstellt, d.h. betroffene Unternehmen sind verpflichtet, im Sinne eines Beitrages zur Versorgungssicherheit die entsprechenden Güter an Lager zu halten und zu bewirtschaften.
Der Bund überwacht diese Pflichtlager und erleichtert deren Finanzierung. Dies betrifft die Versorgungsprozesse Lebensmittel (z.B. verschiedene Nahrungsmittel oder Dünger), Energie (z.B. Benzin) und Heilmittel (z.B. Antibiotika, starke Schmerzmittel oder Insulinpräparate). Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in der Rubrik Vorratshaltung.
Die Freigabe der Pflichtlager kann innert 1-2 Wochen erfolgen und dient der Stützung des Angebots im Fall einer Versorgungsstörung.
Ethanol ist eine Substanz, die vor allem für die chemisch-pharmazeutische Industrie wichtig ist . So ist Ethanol bei der Herstellung von Arzneimitteln unabdingbar. Engpässe bei der Ethanol-Versorgung während der COVID-19-Krise machten auch der breiten Bevölkerung bewusst, wie wichtig ständig verfügbares Ethanol ist. Der Bundesrat hat inzwischen die Weichen gestellt, damit die Schweiz künftig stets genug Ethanol hat.
Die Vorratshaltung von Ethanol in der Schweiz wird aufgrund der aussergewöhnlichen Struktur des Ethanolmarktes ausnahmsweise über einen Vertrag mit der Alcosuisse AG sichergestellt. Der sogenannte Sicherstellungsvertrag für die Jahre 2023 bis 2027 sieht eine Lagerhaltung von 6000 Tonnen Ethanol vor. Die 2021 in der Vernehmlassung präsentierte Pflichtlager-Lösung stiess auf zu grossen Widerstand und wurde deshalb nicht umgesetzt.
Die kontingentierte Abgabe von Tamiflu® an die Kantone ist für den Fall vorgesehen, dass eine alleinige Pflichtlagerfreigabe nicht mehr ausreicht, um den effektiven Bedarf zu decken.
Es ist vorgesehen, dass die Pflichtlagerware in diesem Fall in Tranchen vom Bund übernommen wird und von den Kantonen geordert werden kann, wobei den Kantonen die Verantwortung für die kantonsinterne Verteilung zukommt. Der Zeitbedarf für die Lieferung vom Pflichtlagerhalter bis zum Kanton wird mit rund einem Monat veranschlagt.
Die «Taskforce Engpass Medikamente» hat eine Reihe von Sofortmassnahmen definiert, einige bereits umgesetzt sowie mittel- und langfristige Massnahmen in schon laufende Projekte überführt. Als wichtige Sofortmassnahme wurde umgesetzt, dass bei Medikamenten mit Versorgungsengpässen die Abgabe von Teilmengen empfohlen wird.
Die grössten Heilmittel-Grossisten der Schweiz haben eine Branchenvereinbarung getroffen. Mit dieser verpflichten sich die Grossisten, sich bei einem Logistikengpass gegenseitig zu unterstützen. Der WL-Fachbereich Heilmittel unterstützt diese Vereinbarung.
Massnahmen Tierarzneimittel
Die Schweiz verfügt über Pflichtlager mit antibiotisch wirksamen Tierarzneimitteln, welche den Normalbedarf für zwei Monate decken.
Pflichtlager werden verwendet um zu gewährleisten, dass in einer Mangellage Antibiotika in genügenden Mengen weiterhin sachgemäss eingesetzt werden können und damit das Risiko einer Resistenzbildung gegen Antibiotika reduziert wird. Resistente Bakterien werden durch übermässigen und unsachgemässen Einsatz von Antibiotika gefördert, dabei können diese auch auf den Menschen übertragen werden. Um das Risiko für die Entstehung resistenter, auf den Menschen übertragbarer Bakterien zu minimieren, wurde die Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz (StAR) entwickelt. Innerhalb dieser Strategie wurde eine Auswahl an Antibiotika der ersten Wahl definiert, welche den Tierärzten zur Behandlung von Nutztieren zur Verfügung stehen. Bei einem Versorgungsengpass mit solchen Antibiotika der ersten Wahl befinden sich in den Pflichtlagern Reserven, welche den Engpass kurzfristig überbrücken und somit den sachgemässen Antibiotikaeinsatz weiterhin sichern können.
Da auch bei den Tierarzneimitteln vermehrt Versorgungsengpässe eintreten, gewährleisten diese Pflichtlager, zumindest kurzfristig, zusätzliche Versorgungssicherheit. Es befinden sich ausschliesslich ausgewählte antibiotische Wirkstoffe in den Tierarzneimittel-Pflichtlagern (Verordnung über die Pflichtlagerhaltung von Arzneimitteln 531.215.31).
Die Pflichtlagerhaltung kann zudem einen – wenn auch aufgrund der aktuellen Zusammensetzung (nur Antibiotika) bescheidenen - Beitrag an eine ausreichende Versorgung der Schweiz mit Tierarzneimitteln zur Erfüllung des Schweizer Tierschutzgesetzes (TSchG) leisten.
Besteht ein Versorgungsengpass mit einem Tierarzneimittel, von welchem gemäss der Verordnung 531.215.31 ein Pflichtlager besteht, kann der Bezug dieser Ware von der entsprechenden Pflichtlagerhalterin mit dem Formular «Antrag auf Bezug aus Pflichtlagern (Tierarzneimittel)» beantragt werden. Der korrekt ausgefüllte Pflichtlagerantrag kann dann über die E-Mailadresse kontakt-vet@bwl.admin.ch an das BWL eingereicht werden. Voraussetzung für die Genehmigung des Pflichtlagerantrags ist, dass der Markt die Versorgung mit dem entsprechenden Produkt selbständig nicht mehr zu gewährleisten vermag. Dazu wird der Antrag von der wirtschaftlichen Landesversorgung in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen beurteilt.
Als Hilfestellung steht den Zulassungsinhaberinnen das Merkblatt zum Einreichen eines Pflichtlagerantrags für Tierarzneimittel mit einer schrittweisen Anleitung zur Pflichtlagerfreigabe zur Verfügung. Wenn die Zulassungsinhaberin einen Marktrückzug plant, kann Sie mit demselben Formular die Auflösung des Pflichtlagers beantragen. Weitere Fragen im Zusammenhang mit den Tierarzneimitteln können über die E-Mailadresse kontakt-vet@bwl.admin.ch gestellt werden.
Letzte Änderung 21.08.2024