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Bundesamt für Naturschutz

Lebensraum für Mensch und Tier – Animal-Aided Design im geförderten Wohnungsbau in München

Um bei der Schaffung neuen Wohnraums den Verlust von Grünraum auszugleichen und die biologische Vielfalt im Bestand zu fördern, wurden bei Planung und Bau einer neuen Wohnanlage der Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG die Ansprüche bestimmter Arten berücksichtigt. Das Ergebnis fördert die Artenvielfalt und ermöglicht ein friedliches Miteinander mit der heimischen Fauna.
Zielstellung für biologische Vielfalt
Schützen
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Erleben und Wertschätzung fördern
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Gesundheit, Lebensqualität und Umweltgerechtigkeit
Grüne Baukultur
Weitere Themen
Animal-Aided Design
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Planung
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Worum geht es?

Urbane Naturerfahrungen ermöglichen und heimischen Arten Lebensraum bieten

Die gestalterische Methode des Animal-Aided Design (AAD) zielt darauf ab, die Bedürfnisse von Tieren in die Entwurfsplanung von landschaftsarchitektonischen oder städtebaulichen Entwürfen zu integrieren und auf diese Weise neue urbane Naturerfahrungen zu ermöglichen. Für den Planungsprozess wurden Zielarten ausgewählt und die Maßnahmen an die Bedürfnisse dieser Arten angepasst. Das Projekt in der Brantstraße in München ist ein Modellprojekt, in dem AAD im Kontext einer baulichen Nachverdichtung umgesetzt wurde. Das Zentrum für Stadtnatur und Klimaanpassung (ZSK) begleitet das Vorhaben in der Wohnanlage der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GEWOFAG. Ziel ist hierbei, den bayerischen Kommunen durch praxisnahe Forschung Wissen an die Hand zu geben, um eine artenreiche und resiliente Stadtnatur zu entwickeln. Im Rahmen der baulichen Maßnahmen wurden neue Gebäude auf einer halböffentlichen Grünfläche und dem Gelände zweier Kindergärten errichtet. Nach der Auslobung des Wettbewerbs im Jahr 2014 waren die Wohngebäude bis zum Herbst 2019 fertig gestellt und wurden bezogen.

Verbesserte Habitatstrukturen und vielfältig bepflanzte Grünräume

Als Zielarten wurden Igel, Grünspecht, Haussperling und Zwergfledermaus ausgewählt. Die Gestaltung der Gebäude und Freiräume sind in der Planung folglich auf die Bedürfnisse dieser Arten abgestimmt. Mit in der Analyse erstellten Artenportraits konnten Standortfaktoren für die Zielarten identifiziert werden, die es den Tieren ermöglichen, ihren gesamten Lebenszyklus vor Ort zu realisieren. Sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau wurden Maßnahmen realisiert, die Rückzugs- und Nistmöglichkeiten zur Verfügung stellen und das Nahrungsangebot verbessern. Die Pflanzenauswahl und auch die Gestaltung sind auf die Bedürfnisse der Zielarten abgestimmt. Auf diese Weise entstehen Synergieeffekte: Der Verlust an Grünräumen wird kompensiert und nicht nur neue Habitate für die Zielarten geschaffen, sondern ebenso ein Freiraum, von dem andere Tier- und Pflanzenarten profitieren. So wird die biologische Vielfalt gestärkt und eine gesunde, grüne Wohnumgebung für den Menschen geschaffen.

Vogel an einem Nistkasten
Nistkästen in der Außenwand eines Wohngebäudes der GEWOFAG

Wie wurde es gemacht?

Integration von Animal-Aided Design in allen Phasen der Bauplanung

Das Projekt wurde seit 2015 von der Technischen Universität München (TUM) und der Universität Kassel in Kooperation mit dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) begleitet. In einem interdisziplinären Team wurde parallel zur Ausarbeitung des Entwurfskonzeptes die Methode des Animal-Aided Design angewendet. Das AAD wurde durch Landschaftsarchitekt*innen und Biolog*innen in mehreren Schritten erarbeitet und in den Planungs- und Bauprozess integriert. Zuerst wurden im Rahmen der Standortanalyse die Zielarten identifiziert, um dann im Anschluss die neuen Gebäude und Freiräume nach den Bedürfnissen der verschiedenen Lebenszyklusphasen der Arten zu entwickeln. Über bereits etablierte Produkte und Maßnahmen hinaus sind dabei neue Bauweisen in enger Kooperation mit dem LBV entstanden.

Interdisziplinäre Lösungsansätze und forschungsbasiertes Monitoring

Ein gut durchdachtes, nachhaltig funktionierendes AAD muss von Beginn des Planungsprozess an in die Analysen und Ideenfindung integriert sein. Der rege Austausch in den interdisziplinären Teams und mit dem Bauherrn sicherte die Machbarkeit und das Verständnis für Prozesse zwischen den verschiedenen Akteur*innen. Die vielfältige Expertise wurde genutzt, um die Objektüberwachung mit einer ökologischen Baubegleitung zu kombinieren. Der LBV realisierte die Ersatzhabitate und die Forschungspartner*innen kontrollierten in Zusammenarbeit mit den Landschaftsarchitekt*innen die Bepflanzung, die Spechtlaterne, die Igelschublade und die Staubbäder. Teil der Objektbetreuung ist ein Monitoring, das nach der Fertigstellung dieser Maßnahmen, welche als wesentliche Kernelemente des AAD gesehen werden können, langfristig die Ansiedlung von Arten, die Auswirkungen auf das Wohnumfeld und die Forschungsflächen auf den Dächern überprüft. Der gute Austausch im Projekt machte es möglich, Probleme zu entdecken und gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln. Darüber hinaus besitzt das Projekt eine große Strahlkraft und zeigt, dass innovative Ansätze wie das AAD auch im geförderten Wohnungsbau umsetzbar sind.

Kontakt

Prof. Dr. Wolfgang W. Weisser
Technische Universität München
Technische Universität Wien
Prof. Dr. Thomas Hauck
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