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89. Sitzung (16. Juli 2024 per Videokonferenz) – Ergebnisprotokoll

Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG

Ort:
per Videokonferenz

Teilnehmende:
Der Vorsitzende
Sachverständige des Ausschusses für Verschreibungspflicht
Vertreterinnen/Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
Vertreterinnen/Vertreter des BfArM

Hinweis:
Der Ausschuss unabhängiger Sachverständiger nach § 53 Absatz 2 AMG berät das BMG im Hinblick auf Fragen zur Verschreibungspflicht von Arzneimitteln und gibt hierzu fachliche Empfehlungen ab. Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) erfolgen durch Rechtsverordnungen des BMG; diese Verordnungen bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tagesordnung:

TOP 1 Eröffnung der Sitzung

Der Vorsitzende begrüßt die Anwesenden und stellt fest, dass bei einem Ausschussmitglied ein Interessenkonflikt im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt 5 – Zubereitung aus Azelastin und Fluticasonpropionat – besteht. Das Mitglied wird daraufhin von der Beratung und Beschlussfassung zu diesem TOP ausgeschlossen. Ferner wird die Beschlussfähigkeit des Gremiums festgestellt.

TOP 2 Annahme der Tagesordnung

Die Tagesordnung wird ohne Änderungen angenommen.

TOP 3 Letzte Änderungen in der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV)

Das BfArM stellt die letzten Änderungen der AMVV vor.

TOP 4 Cytisin 1,5 mg

Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht zur oralen Anwendung

Zunächst trägt der Antragsteller vor. Anschließend beantwortet er die von den Ausschussmitgliedern an ihn gerichteten Fragen:

Ein Ausschussmitglied fragt bezüglich des Umfangs verordneter und OTC abgegebener cytisinhaltiger Arzneimittel nach. Der Antragsteller gibt diesbezüglich Auskunft und führt aus, dass der Wirkstoff seit Jahrzehnten in Polen zur Verfügung stehe und die Abgabezahlen dort relativ hoch seien. Zwei weitere Fragen beziehen sich auf eine vom Antragsteller erwähnte Publikation und das Verhalten bzw. die Aufmerksamkeit in Hinblick auf die Meldung von Nebenwirkungen in Polen. Nach Ansicht des Antragstellers ist die Meldefreudigkeit in Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen in Polen relativ hoch.

Da keine weiteren Fragen bestehen, verlässt der Antragsteller den virtuellen Sitzungsraum.

Das BfArM eröffnet die weitere Diskussion zu dem TOP mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied erkundigt sich, ob es andere OTC-Arzneimittel gäbe, die bezüglich Schwangerschaftsverhütung ähnlich stringente Vorschriften wie Cytisin haben. Dem BfArM sind gleichlautende Vorgaben bei anderen OTC-Arzneimitteln nicht bekannt.

Ein anderes Ausschussmitglied äußert, dass die Substanz viele Nebenwirkungen haben könne. Von Bedeutung seien insbesondere – in Analogie zu Vareniclin – auch psychiatrische Nebenwirkungen inklusive möglicher Suizide. Die Substanz sei daher nicht für einen OTC-Status geeignet.

Ein weiteres Ausschussmitglied führt aus, dass bei den OTC verfügbaren Nicotinersatzpräparaten etliche Vorgaben wie Kontraindikationen und Warnhinweise gleichlautend wie beim Cytisin seien, so bestünde z.B. auch eine Kontraindikation in der Schwangerschaft. Cytisin wäre eine gute weitere Option zur Raucherentwöhnung im OTC-Bereich. Ein Ausschussmitglied merkt dazu an, dass Cytisin eine Suchtentzugstherapie sei, die Nicotinersatztherapie (NET) dagegen eine suchterhaltende Therapie. Daraus ergäben sich Unterschiede bezüglich der psychiatrischen Nebenwirkungen. Das BfArM weist auf die weitgehenden Vorgaben zur Kontrazeption bei Frauen im gebärfähigen Alter und die Anwendungseinschränkungen bei allen Formen von Nieren- und Lebererkrankungen hin. Ein anderes Ausschussmitglied äußert, dass es 2016 eine große Studie1 zu neuro-psychiatrischen Nebenwirkungen der Substanzgruppe gegeben hätte, in der kein entsprechendes Risiko belegt werden konnte. Von einem nachgewiesenen unerwünschten Effekt könne man daher diesbezüglich nicht sprechen. 

Die Vorgaben zur Kontrazeption bei Frauen im gebärfähigen Alter werden nochmals von einem Ausschussmitglied als problematisch angesprochen. Generell wäre es allerdings gut, eine weitere Option zur Raucherentwöhnung zur Verfügung zu haben. Ein anderes Ausschussmitglied äußert dazu, dass es auch bei der OTC verfügbaren „Pille danach“ umfangreiche Vorgaben zur Kontrazeption gäbe. Aus Sicht des BfArM kann eine Situation, in der eine Notfallkontrazeption eingesetzt wird, nicht mit der Anwendung eines Arzneimittels zur Raucherentwöhnung verglichen werden.

Da es keine weiteren Fragen oder Anmerkungen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung.

1 Anthenelli RM et al.: Neuropsychiatric safety and efficacy of varenicline, bupropion, and nicotine patch in smokers with and without psychiatric disorders (EAGLES): a double-blind, randomised, placebo-controlled clinical trial. Lancet 2016; 387: 2507–20

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt mehrheitlich, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Cytisin 1,5 mg zur oralen Anwendung abzulehnen.

Für den o.g. Antrag4
Gegen den o.g. Antrag6

TOP 5 Zubereitung aus Azelastin und Fluticasonpropionat

Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht zur nasalen Anwendung

Seitens der Ausschussmitglieder gibt es keine Frage an den Antragsteller. Dieser verlässt den virtuellen Sitzungsraum.

Das BfArM eröffnet die weitere Diskussion zu dem TOP mit einer Präsentation.

Ein Ausschussmitglied regt eine etwas gekürzte Positionsformulierung an, was von anderen Ausschussmitgliedern unterstützt wird.

Ein anderes Ausschussmitglied fragt, ob mit dem jetzigen Antrag die offenen Aspekte aus den in der Vergangenheit im SVA diskutierten Anträgen zu der Kombination ausgeräumt seien. Das BfArM bestätigt dies.

Ein weiteres Ausschussmitglied bittet um Klarstellung, ob die vorgesehene Erstdiagnose durch den Arzt bedingen würde, dass der Patient bei Ersterwerb der Kombination ein Rezept benötigen würde. Das BfArM erläutert, dass dies nicht der Fall sei.

Da es keine weiteren Fragen oder Anmerkungen gibt, bittet der Vorsitzende um Abstimmung.

Abstimmung:

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für die Zubereitung aus Azelastin und Fluticasonpropionat zur nasalen Anwendung anzunehmen.

Für den o.g. Antrag9
Gegen den o.g. Antrag0

Termin der 90. Sitzung
21. Januar 2025 - 10 Uhr

Anlagen (Hinweis: Einige Präsentationen enthalten vertrauliche Angaben. Diese werden vor Veröffentlichung auf der BfArM-Webseite geschwärzt.):

Präsentation zu TOP 3 BfArM
Präsentation zu TOP 4 BfArM
Präsentation zu TOP 5 BfArM
Empfehlung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) (zu TOP 5)