Die Rolle des Arbeitsschutzes bei der Bewältigung von Pandemien
Im Schwerpunktprogramm forscht die BAuA zu arbeitsbedingten Infektionsrisiken und evidenzbasierten Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz.
Die COVID-19-Pandemie forderte den Arbeitsschutz heraus: Lockdown, Homeoffice, Schnelltests oder das Arbeiten mit Masken erforderten das Handeln jeden Betriebes sowie aller Mitarbeitenden.
Die Ausgabe 04/2023 der baua: Aktuell gibt einen Überblick zu den Forschungsaktivitäten der BAuA im Schwerpunkt "Schnittstelle Infektions- und Arbeitsschutz". Konkret geht es in dieser Ausgabe u.a. um den Menschen als Quelle für Bioaerosole und entsprechende Schutzmaßnahmen wie z.B. infektionsschutzgerechtes Lüften. Aber auch die Rolle arbeitsorganisatorischer Maßnahmen während der Pandemie, insbesondere in der stationären Pflege, wird thematisiert. baua: Aktuell - Ausgabe 4/2023
Das lokale Auftreten leicht übertragbarer Infektionserreger, mit denen die Menschheit zuvor noch nicht in Kontakt gekommen ist, kann eine Pandemie mit erheblichen Auswirkungen auf die gesamte Weltbevölkerung zur Folge haben. Aufgrund des komplexen Zusammenspiels vieler Faktoren könnten pandemische Ereignisse in Zukunft häufiger auftreten als bisher. Ursachen sind z. B. das Bevölkerungswachstum, die Globalisierung, der Klimawandel, anthropogene Eingriffe in die Lebensräume von Tieren sowie die Anpassung von Infektionserregern.
Angemessene Infektionsschutzmaßnahmen am Arbeitsplatz sind eine zentrale Aufgabe bei der Bewältigung von Pandemien. Dies gilt insbesondere, wenn die Infektionserreger als Bestandteil von Bioaerosolen übertragen werden. Das Ziel muss es daher sein, durch betriebliche Pandemiepläne mit geeigneten Arbeitsschutzmaßnahmen dazu beizutragen, das Infektionsgeschehen einzudämmen, die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen und gleichzeitig wirtschaftliche Aktivitäten zu ermöglichen.
Von besonderer Relevanz sind hier betriebliche Situationen, in denen z. B. Abstandsregeln nicht umsetzbar sind oder Home Office nicht möglich ist. Empfehlungen für solche Fälle schließen dann die Lücke zu den rechtlich bindenden Arbeitsschutzmaßnahmen, die im Rahmen der Biostoffverordnung für berufliche Tätigkeiten mit einem allgemein erhöhten Infektionsrisiko bereits festgeschrieben sind. Die rechtliche Grundlage dafür bilden hier die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe, die vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe erarbeitet werden. Im Gesundheitswesen ist dies z. B. die TRBA 250, in Laboren die TRBA 100.
Die Themenblöcke des Schwerpunktprogramms
Im Schwerpunkt bündeln wir die Forschungsthemen zum Infektions- und Arbeitsschutz sowie die Entwicklung und Gestaltung des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Aufbauend auf der bisherigen Begleitforschung zur COVID-19-Pandemie wird die weitere Forschung in drei fachbereichsübergreifenden Themenblöcken aufgegriffen und vertieft:
Epidemiologie
Im Mittelpunkt des Themenblocks „Epidemiologie arbeitsbedingter Infektionserkrankungen“ steht die Identifizierung von Berufsfeldern mit erhöhtem Infektionsrisiken sowie die Auswirkungen von Langzeitfolgen. Die Erkenntnisse sollen in tätigkeitsspezifische Empfehlungen für den Arbeitsschutz einfließen, insbesondere auch für Branchen und Tätigkeiten, für die solche Empfehlungen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionserregern bislang fehlen.
Evidenzbasierte Schutzmaßnahmen
Im Hinblick auf zukünftige pandemische Infektionserreger ist ein genaueres Verständnis über deren aerogene Übertragung und geeignete Schutzmaßnahmen von zentraler Bedeutung. Im Fokus des Themenblocks "Evidenzbasierte Schutzmaßnahmen" steht daher der Mensch als Quelle von Bioaerosolen und ein wirksamer Infektionsschutz am Arbeitsplatz. Ziel ist es, möglichst sichere und angepasste Strategien und Maßnahmen für den Umgang mit etwaigen zukünftigen Ereignissen zur Verfügung zu haben.
Evidenzbasierte Schutzmaßnahmen
Desinfektionsmittel
Die Erfahrungen in der Pandemie haben gezeigt, dass die Sicherstellung wirksamer Desinfektionsmittel einen bedeutsamen Faktor bei der Pandemiebekämpfung darstellt. Diese Erfahrungen stehen im Mittelpunkt des Themenblocks "Desinfektionsmittel" mit dem Ziel, die daraus gewonnenen Erkenntnisse für die Vorbereitung auf mögliche weitere Pandemien nutzbar zu machen und weiteren Forschungsbedarf abzuleiten.
Organisation
Während der SARS-CoV-2-Pandemie hat sich gezeigt, dass Betriebe im Pandemiefall mit besonderen organisatorischen Herausforderungen konfrontiert sind. Im Themenblock "Organsiation des Arbeits- und Infektionsschutzes" stehen daher Art und Erfolg der getroffenen organisatorischen Maßnahmen zum Schutz von Beschäftigten sowie Konsequenzen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz durch dauerhafte betriebliche Veränderungen im Fokus.
Darüber hinaus soll geprüft werden, inwiefern das Wissen über das Infektionsgeschehen (z. B. pandemische Phasen) in der Bevölkerung in das betriebliche Infektionsschutzkonzept eingebunden werden kann. Auf dieser Grundlage sollen evidenzbasierte Handlungsempfehlungen für Tätigkeiten, die von der Biostoffverordnung nicht oder bisher nur unzureichend erfasst werden, für zukünftige Herausforderungen erarbeitet und ressortübergreifend behandelt werden.
Video: Forschung konkret
Die beiden BAuA-Wissenschaftlerinnen Dr. Carolyn Kästner und Dr. Carolin Schott beantworten drei Fragen zu ihren Forschungstätigkeiten.
3 Fragen zum Thema "Schnittstelle Infektionsschutz - Arbeitsschutz"